OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

Oberösterreichische Heimatblätter Jahrgang 34 1980 Heft 1/2

Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Obeiösterreidi; Leiter: W. Hofrat Dr. Aldemar Sdiiffkorn. 34. Jahrgang (1980) Heft 1/2 INHALT Margarita Pertlwieser: Johann Georg Ramsauer (1795-1874)-Der Ausgräber des Hallstätter Gräberfeldes 3 Manfred Brandl: Der Verein Heimatschutz (Heimatpflege) in Steyr von 1911 bis 1939 15 Alfred Stifter: Humor und Satire im Steyrer Kripperl 25 Hermann Derschmidt: Über den heimischen Tanz und seine Pflege in Oberösterreich 32 WernfriedL. Wer neck: Zur Frage der Metallversorgung der mittelalterlichen Münststätten Oberösterreichs 43 Josef Mittermayer: Aus der Geschichte des Oblatinnen- (ehem. Lebzelter-) Hauses in Oberneukirchen 47 Harry S1 a p n i c k a: Das Israelitengesetz von 1890 und seine Auswirkungen für Oberösterreich 53 Hans Falkenberg: Das Saukopfstehlen - Darstellung und Bedeutung eines Stehlbrauchtums 60 Fritz T h o m a: Der Beichtzettel 80 Johannes Chr. Kastner: Altstädter Bauerngmoa Linz" - Wegbereiter des Mühlviertier Volkstums in der Landeshaupt stadt 85 Das Oö. Jagdmuseum Schloß Hohenbrunn (Alfons von Wunschheim) 88 Nachrufe 89 Schrifttum 92

Anschriften der Mitarbeiter Mag. DDr. Manfred Brandl, Kirchengasse 32, 4221 Steyregg. Prof. Hermann Derschmidt, Konsulent, Kreuzpointstraße 16, 4600 Wels. Hans Falkenberg, Wacholderweg 8, D-8540 Schwabach. Dr. Johannes Chr. Kastner, Presseamt des Magistrats Linz, Annagasse 2, 4020 Linz. HS-Dir. i. R. Josef Mittermayer, Konsulent, Schaffetschlag 49, 4181 Oberneukirchen. Margarita Pertlwieser, Oö. Landesarchiv, Anzengruberstraße 19, 4020 Linz. Prof. Dr. Harry Slapnicka, Leiter d. Abt. Zeitgeschichte u. Dokumentation am OD. Landesarchiv, Anzengruberstraße 19, 4020 Linz. OStR Prof. Alfred Stifter, Hirschgasse 28, 4020 Linz. Kustos Fritz Thoma, Konsulent, Kurhausstraße 8, 4540 Bad HaU. Dipl.-Ing. Dr. mont. Wernfried L. Werneck, Langothstraße 7, 4020 Linz. Komm.-Rat Dr. Alfons von Wunschheim, Kustos des Oö. Jagdmuseums, Genuiterweg 9, 4060 Leonding. Buchbesprechungen: Prof. Dr. Albrecht Etz, Schloß Traunsee, 4810 Gmunden. Prof. Fritz Feichtinger, akad. Maler und Graphiker, Finkstraße 2, 4020 Linz. Prof. Dr. Rudolf Fochler, Konsulent, Benzstraße 14, 4020 Linz. OStR Prof. Dr. Josef Grüblinger, Konsulent, Salesianumweg 5, 4020 Linz. Dr. Helmut Krajicek, Förderungsstelle des Bundes für Erwachsenenbildung für Oberösterreich, Hafferlstraße 7, 4020 Linz. OStR Prof. Dr. Josef Krims, Freistadt (t). Prof. Dr. Harry Slapnicka, s. o. Senatsrat Dr. Georg Wacha, Direktor des Linzer Stadtmuseums, Bethlehemstraße 7, 4020 Linz. Mag. Dr. Gerhard Winkler, Wiss. Konsulent, Kopernikusstraße 9, 4020 Linz. Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexemplare etc.) und Bestellungen sind zu richten an den Herausgeber : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oö., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskulturzentrum Ursulinenhof), Tel. (0 73 2) 71 5 17 u. 71 5 18. Redaktion : Wiss. ORat Dr. Dietmar Assmann, Anschrift siehe Herausgeber. Verlag : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Druck : Oberösterreichischer Landesverlag, 4020 Linz, Landstraße 41. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten. ISBN 3-85393-017-4

Johann Georg Ramsauer (1795—1874) Der Ausgräber des Hallstätter Gräberfeldes Von Margarita Pertlwieser Mit 3 Abbildungen SO war der ehrfurchtsvoll mitgefertigte Berg meister damit nicht zu frieden blos das Metall zu finden, sondern forschte durch Abräumung von einigen Qua dratklaftern Erdreich, und sorgßltige Gewinnung des Erdreichs und Schotter mit allem Fleiße nach, wie und aufweiche Weise diese Antiken vorkommen, wobei sich durch das erscheinen von Menschenknochen und Ver folgung derselben bald zeigte, daß in der Tiefe von 2 bis 3 Schuh ganze Skelette sich befinden, aus der ordent lich und gleichen Lage derselben deutlich zu erkennen ist, daß hier ein Leichen Begräbniß bestanden haben muß, ..." Diesen Bericht^ gibt der k. k. Bergmeister der Sa line Hallstatt, Johann Georg Ramsauer, 1847, ein halbes Jahr nach der Entdeckung des Gräberfel des beim Rudolfsturm in Hallstatt, an das k. k. Salinen-Oberamts-Präsidium. Für den Bergmei ster kann die Auffindung der Gräber nicht allzu überraschend gewesen sein, hatte doch vor 22 Jahren (1824^31) sein damaliger Vorgesetzter, der Unterbergmeister Carl Pollhammer, bereits ähnliche Funde gemacht^. Ramsauer war damals Unterschaff er in der Saline Hallstatt und es ist durchaus denkbar, daß er Pollhammer bei dessen Bergungen zur Hand ging. Das Wissen um das Vorhandensein des ,,Alten Mannes", des,,Man nes im Salz" war in jedem Bergmann lebendig, auch wenn man die Funde chronologisch nicht richtig einzuordnen vermochte. Und Ramsauers große Erfahrung als technisch geschulter Berg mann, die tatkräftige Unterstützung durch das junge Museum Francisco Carolinum in Linz und Ramsauers Ehrgeiz verbunden mit nicht geringer Eitelkeit machten den wissenschaftlichen Dilet tanten zu einem guten Ausgräber. Der Name ,,Ramsauer" läßt sich in den Hallstät ter Matriken bis 1608 nachweisen^, viel weiter rei chen die Kirchenbücher nicht zurück. Im Tauf buch der Pfarre Hallstatt, Ortschaft Lahn, ist am 7. März 1795 eingetragen: Haus Nr. 29, Johann Georg, katholisch, männlich, ehelich, Vater Ja kob Ramsauer, Amtszimmermeister, Mutter Franziska nata Stainerin. Bei der Heirat der El tern, 22. November 1789, ist auch deren Alter an gegeben: Ramsauer Jakob, Witwer, Zimmer mann, 54 Jahre, Steiner Franziska 27 Jahre. Ein verhältnismäßig alter Vater (60), der bereits aus einer ersten Ehe vier Kinder hatte: Michael (geb. 1769), Johann (1770), Anna Maria (1773) und Ma ria Therese (1775). Geschwister hatte Johann Ge org nicht, sein Vater starb bereits ein Jahr nach seiner Geburt (21. Juni 1796)'*, die Halbgeschwi ster kamen als Spielgefährten nicht mehr in Fra ge. Er hatte ein wunderschönes Fleckchen Erde als Heimat, in dem aber die Sonne seltener als an anderen Orten schien und das so weltabgeschie den war, daß Heiraten innerhalb einer Familie nicht selten waren. Unter all den lyrischen Be schreibungen über Hallstatt gibt es auch solche: „Dieses Städtchen, ein recht armseliges Felsen nest mit einigen wenigen guten Hotels und mit sehr vielen kropfigen Einwohnern und abscheu lichen, wegelagernden Kretinen . . A." Ram sauer wird wohl die katholische Marktschule in Hallstatt besucht haben, der - zumindest 1807 - Johann Nep. Wolf® als Lehrer vorstand, vor ihm Math. Steininger^, und in der,,wegen der großen Anzahl der schulbesuchenden Kinder, die sich jährlich auf 130 belaufen, so oft es anderer Ver richtungen halber thunlich war, 2 Abtheilungen zugleich unterrichtet wurden®." Im ältesten nachweisbaren katholischen Schulhause in Hallstatt, Haus Nr. 40, sollen die Schulkinder während des Unterrichts in Ermangelung von Schulbänken zumeist am Fußboden gesessen sein®. Vom Schullehrer heißt es 1810, daß „der Unterzeichnete bisher keinen anderen Ausweg hatte, sich und den Seinigen das Leben zu fristen, als Schulden zu machen, die er aber gar nicht zu bezahlen weiß^®." Mit 13 Jahren wurde Ramsauer unter die Manipu lationszöglinge oder Bergjungen aufgenommen. ' Abschriften davon im Oö. Landesarchiv (= ODLA), Traunkreisamts-Archiv Sch. 18 u. OÖLA Musealver eins-ArchivSch. 43. ^ Kretin, Karl; Hallstatt. In: Oö. Heimatblätter Jg. 4 (1950), H. 1. ^ Heider, Josef: Register zu den Kirchenbüchern der Pfarre Hallstatt. Wien 1961, Manuskr. im OÖLA. ■* Alle Geburts-, Trauungs- u. Sterbedaten wie 3 - OÖLA Duplikate d. Pfarrmatriken Hallstatt. ' Dodel, Arnold: Konrad Deubler der monistische Philosoph im Bauemkittel. Volksausgabe Stuttgart 1909. ' OÖLA Schulfassionen Bd. 7. ' Engt, Isidor: Geschichte von Hallstatt und Umgebung. Hallstatt 1901. Manuskr. im OÖLA. ® OÖLA Schulfassionen Bd. 7. ' Engl, Isidor: Hallstatt. OÖLA Schulfassionen Bd. 7.

Es waren meist Söhne von Aufsichtsorganen, sie mußten mindestens 12 Jahre und mit Schulzeug nissen versehen sein. Sie leisteten anfangs nur auf den Salzbergen Dienst und stellten den Nachwuchs für die Bergmeisterschaft. .Entloh nung erhielten sie erst nach Ablauf einer Probe zeit. Mit 15 Jahren begann ihre anrechenbare Dienstzeit^i. Diese Ausbildung der Manipula tionszöglinge, die vom Bergmeister oder vom Oberschaffer auch theoretischen Unterricht er hielten, dürfte eine recht gute gewesen sein. Pillwein^^ verweist auf Schibls Wegweiser durch das k. k. Salzkammergut, Linz 1814, wo es heißt: ,,Bey der Rückkehr von dem reichhaltigen Hallstätter Salzberge mache dich Freund! mit den Zöglingen des Bergmeisters oder Schaffers be kannt und du wirst in den eirrfachen Knaben der Knappen gute, ja treffliche Zeichner finden ..." Auch Ramsauer war ein guter Zeichner. Das Oö. Landesarchiv verwahrt in seiner Plänesammlung eine aquarellierte Karte^^, darstellend die Land schaft vom Hallstätter See bis zum Traunsee, die mit Job. Georg Ramsauer 1818 signiert ist. Es ist eine hübsche, mit viel Akribie erstellte Arbeit, die lange im Besitz der Familie blieb. Auch als Berg meister fertigte Ramsauer Zeichnungen und Kar ten an^'*. Vom Militärdienst war Ramsauer befreit - obwohl er sicherlich einen vortrefflichen Feld webel abgegeben hätte. Es war ein altes Vorrecht der kaiserlichen Arbeiter, von der Rekrutierung verschont zu bleiben; es war zwar init der Ein gliederung des Kammergutes in das übrige Oberösterreich (Ende des 18. Jh.) aufgehoben worden, aber besondere Schonung war den Salz arbeitern immer noch vorbehalten Ramsauers bergmännische Karriere war sozusagen steil und unaufhaltsam. 1808 als Bergzögling aufgenom men, wurde er 1819 Büchelschreiber, 1820 Ge schworener, 1821 Unterbergschaffer und 1825 Oberschaffer. 1831 löste er PoUhammer, der nach Hallein ging, als Bergmeister in Hallstatt ab. 1842 erstattet das k. k. Salz-Oberamt zu Gmunden der k. k. Hofkammer für Münz- und Bergwesen ei nen verlangten Bericht über Ramsauers berufli chen Werdegang: ,,Das k. k. Salzoberamt hat daher unter genauer Darstellung des Verfahrens, in einem eigenen Berichte die bisher vielseitig bewiesene Tüchtigkeit Ramsauers umständlich aufzuweisen, damit diese Hofstelle sichere Anhaltspuncte für das rechte maß der ihm zu ge währenden Belohnung gewinne^®." Aus diesem Bericht erfahren wir auch, daß Ram sauer schon mit 16 Jahren die Verschienung (= Vermessung) mehrerer Grubengebäude übertra gen wurde. Er zeigte ein ,,fortdauerndes Bestre ben für die Erweiterung seiner Kenntnisse in der Mathematik, Markscheiderei und allen Zweigen des Salzbergbaues." Als Oberschaffer machte er eine ,,Bereisung der Salzberge in Dürrnberg und Berchtesgaden, wo er viele nützliche Erfahrun gen machte und diese in einer Relation^' zusam menstellte". Ramsauer verfertigte mit vieler Mühe und aller Genauigkeit ein sehr instruktives Modell von dem HaUstätter Salzberge^®. Bei ei nem nächtlichen Kontrollgang brach sich Ram sauer ein Bein (1829) und erhielt deshalb eine Un terstützung von 100 fl. Für den Entwurf eines Hauptbetriebsplanes für den Hallstätter Salzberg gab man ihm eine Belohnung von 300 fl. Aus führlich wird auf seine Tüchtigkeit, seine Spar samkeit (erhebliche Senkung der Betriebskosten) und seinen Ideenreichtum (eine neue Verschlagimgsart, die dann auch in Aussee tmd Ischl zur Anwendung gelangte) eingegangen. Da die durch Ökonomie erzielte Einsparung von Kosten der Hofkasse besonders am Herzen lag, billigte man Ramsauer schließlich als,,rechtes Maß" eine " Schraml, Carl: Das oberösterreichische Salinenwesen von 1818bis zum Ende des Salzamtes im Jahre 1850. Wien 1936. Pillwein, Benedikt: Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogthums Salzburg. 2. Th.: Der Traunkreis. Linz 1828, S. 203. GÖLA Karten- u. Plänesammlung II 63 h. Oö. Landesmuseum, Manuskript 195 (s. Anm. 21) mit 17 Blatt Federzeichnungen. - Commenda, Hans: Materia- " lien zur landeskundlichen Bibliographie Oberösterreichs, Linz 1891, S. 559; Ramsauer, J. G.: Grubenkarten sammt Beschreibung der k. k. Salzberge von Hallein, Hall, Ischl, Hallstatt, Aussee. Mscr. d. k. k. geol. Reichsanst. 15 OÖLA Salzoberamtsarchiv Gmimden (= SOA), Index zum Jahresfaszikel 1821 „Militärbefreiungszeugniß". - Schraml, Salinenwesen, S. 489. « OÖLA SOA Fasz. 1267, 1842, Nr. 56. " Diese Relation befand sich laut gedrucktem Katalog, Ischl 1903, in der Bibliothek der Salinenverwaltung und OÖLA Neuerwerbxmgen Sch. 9/1, Nr. 129 ,,Verhandlungsact" über diese Relation. 1' 1865 wird im Musealvereinsarchiv (OÖLA) Akten Sch. 47 der Ankauf eines Modells des Salzberges bei Hallstatt samt Karten und Beschreibung von H. Bergmeister Georg Ram sauer verzeichnet.

jährliche Zulage von 200 fl zu. Sein Gehalt als Bergmeister betrug damals, 1842, 700 fl jähr liches. Ramsauer war es auch möglich, seine vorgesetzte Behörde von der Notwendigkeit einer systemati schen Grubenausmauerung zu überzeugen. Bei der Gewinnung des dazu nötigen Steinmaterials stieß man auf Versteinerungen. Diese wurden, es waren Ammoniten von besonderer Größe, ge borgen und später mineralogischen Sammlun gen übergeben. Mit einer anderen Neuerung hatte Ramsauer weniger Erfolg. Statt der Häuer arbeit führte er Spritzwässerung im Abbau, dann auch im Vortrieb ein. Nach Anfangserfolgen hörte Ramsauer aber mit dem Spritzverfahren im Vorbau wieder auf, offenbar wurden dadurch die Strecken durchfeuchtet und aufgebläht, was frühzeitige Verrüstungen notwendig machte^". Ramsauer begleitete auch den Salzobermann, Hofr. Franz Ferdinand v. Schiller, auf seinen Dienstreisen zu den Salzbergen von Hall, Hallein und Berchtesgaden, 1834/35^^. Der Ausseer Salz berg stand 1830-1833 unter der Aufsicht Ramsau ers, und zumindest 1833 mußte er 14tägig Inspek tionsreisen dorthin unternehmen. Auch als 1852 im Ausseer Salzberg ein gefährlicher Gruben brand ausbricht, wird Ramsauer zu Hilfe gerufen und erhielt später dafür eine Belobigung^^. Die Uirüegung des steilen Hauptweges am Hallberg wird von Ramsauer 1848 vorgeschlagen und un ter seiner Leitung in vier Jahren durchgeführt^3. Auch die Tassiloquelle in Bad Hall verdankt ihre derzeitige Fassung Ramsauer. In den Jahren 1848,1853 und 1857/58 war Ramsauer deshalb in Bad HaU und führte die notwendigen Bohrungen und Fassungsarbeiten mit mitgebrachten Berg leuten durch^". Im Heimathaus Bad Hall befindet sich auch ein mit Joh. Georg Ramsauer, k. k. Bergmeister, signierter Plan über den Jodquellen-Schacht. Für seine bergmännischen Leistungen wird Ram sauer schließlich 1855 durch eine Auszeichnung geehrt. Im Schreiben des Finanzministeriums vom 10. Oktober 1855 heißt es: ,,Se k.k. Apostoli sche Majestät haben mit Allerhöchster Entschlie ßung vom 4. d. M. dem Hallstätter Bergmeister, Johann Georg Ramsauer, in Anerkennung seines langjährigen und ersprießlichen Wirkens, das goldene Verdienstkreuz mit der Krone allergnädigst zu verleihen geruht." In einer eigenen ,, NachWeisung" werden Ramsauers Werkver besserungen und Erfindungen aufgezählt. Unter Punkt 7 wird auch auf die Auffindung und sorg fältige Forschung der Gräber nahe dem Rudolfs thurm verwiesen. Die k. k. Oö. Salinen- u. Forstdirektion Gmunden beauftragte die Sali nenverwaltung Hallstatt ,,behufs der am 28. d. M. abzuhaltenden feierlichen Überga be .. . die nötigen Vorbereitungen mit Einla dung aller Herren Beamten, Geistlichkeit und Gemeinde-Vorstehung und mit Beizug der Amtsmeisterschaft zu treffen"^^- Schon als Oberschaffer hatte Ramsauer eine Amtswohnung auf dem Salzberg, Salzberg Nr. 9. Mit seiner Ernennung zum Bergmeister übersiedelte Ramsauer in die Wohnung im Ru dolfsturm, Salzberg Nr. 1. Als 1833 der Rudolfs turm baulich überholt und auch verändert wurde - der Turm mit dem hübschen Wehrgang mußte einer einfacheren Gestaltung weichen -, wohnte Ramsauer fünf Monate lang in Hallstatt zur Mie te^®. In den Matriken bei der Sterbeeintragung seines Sohnes Rudolf ist als Wohnort zu dieser Zeit Hallstatt 59 angegeben, wo auch seine Mut ter wohnte, die dort 1836 gestorben ist und deren Verlassenschaftsabhandlung die Armut der Zeit deutlich macht^''. Mehrmals führte der Bergmei ster oder seine Dienststelle Klage über diese hoch über Hallstatt gelegene Amtswohnung, die nur über 3050 Stufen zu erreichen ist: „Es ist auch rücksichtswürdig, daß dieser ausgezeichnete Bergbeamte nicht füglich einen lohnenderen Po- " OÖLA SOA Fasz. 1267, 1842, Nr. 56. ™ Schraml, Salinenwesen, S. 83 u. 118. Schraml, Salinenwesen, S. 132.-In der Bibliothek des Oö. Landesmuseums ist eine Handschrift (Manuskr. 195) ver zeichnet: Ramsauer, J. G.: Bericht an das Salinen-Oberamt Gmunden über seine Studienreise nach den SalinenBergwerken in Berchtesgaden und Hall in Tirol. Origi nal-Manuskript mit 17 Bl. farbig getuschter Federzeich nungen. OÖLA SOA Index zum Jahresfaszikel 1833 und 1852 sowie Schraml, Salinenwesen, S. 205 u. 217. " OÖLA SOA Jahresfaszikel 1863, Nr. 5897. " OÖLA SOA Indices zu den Jatvresfaszikeln 1847, 1848, 1853, 1857, 1858 sowie Schraml, Salinenwesen, S. 69; s. a. Gedenktafel bei der Tassiloquelle in Bad Hall. " OÖLA SOA Jahresfaszikel 1855, Nr. 5104 u. 5266. Schraml, Salinenwesen, S. 129. " OÖLA Landesgerichtsarchiv, Protokolle H 167.

sten erhalten kann, und nüt einer zahlreichen Familie im hohen Gebirge gleichsam in einer Wü ste leben und seine vielen Kinder auswärts erzie hen und bilden lassen muß" oder ,,bei seinem ganz abgeschiedenen und allen Calamitäten ei ner Wildniß ausgesetzten Bestimmungsorte". Vielleicht aus diesem Grund sucht Ramsauer zweimal um eine andere Bergmeisterstelle an, 1831 um den freigewordenen HaUeiner und 1833 um den Ischler Posten^®. Ramsauers äußere Erscheinung zeigt - nach ei nem Bild in der Saline Hallstatt - einen offenbar stattlichen Mann mit kurzem Haarschnitt, Ober lippenbart, voller Unterlippe und kräftiger Nase. Wenn man ihn sich dann noch angetan mit einer ähnlichen Uniform, wie sie im Hallstätter Hei matmuseum zu sehen ist, vorstellt: schwarzer Rock und Hose, goldene Borten und Knöpfe, grüne Samtaufschläge, Tschako mit Federbusch, klirrender Säbel und weiße Glacehandschuhe - muß das Bild tatsächlich beeindruckend gewesen sein. In seinem Nachruft' wird er geschildert als rühriger, lebhafter alter Herr, trotz seiner 79 Jahre mit braunem Scheitel und rosiger Wan ge, leutselig, heiter in Gesellschaft, ein Kern mann, dem Kaiser treu ergeben. * Auch Ramsauers Privatleben ist von Vitalität ge kennzeichnet. Er ist dreimal verheiratet und hat 22 leibliche Kinder. Seine erste Gattin ist Anna Maria, geb. Riezinger. Sie ist bei der Heirat (20. Oktober 1823) 29 Jahre alt und hat bereits eine außereheliche Tochter, Sofie Binder, die Ramsauer nach der Heirat adoptiert®", und eine zweite Tochter Antonia Riezinger (geb. 20. Mai 1823), die 1850 zum Unterschied von den rechten Töchtern als Stieftochter bezeichnet wird. Acht Kinder gingen aus dieser Ehe hervor: Julius (geb. 6. 9.1824, wohl ident mit dem bei Engl genannten P. Maurus, studierte in Lambach, Priesterweihe 23. 7. 1849, ab 1851 Missionar in Amerika, gest. 2. 10. 1880^'). Hermann (geb. 20. 11. 1825, gest. 26. 8. 1842, 16 Jahre alt, Student, an Wassersucht). Hedwig (geb. 12.10.1827, sie heiratet später [1855/56] den Linzer Kaufmann Carl Lang^^, gest. 1. 2. 1882^^). Ida Maria (geb. 13. 8. 1829). Rudolf Georg (geb. 6. 4. 1831, gest. 1. 7. 1833 an Scharlach). Adelheid (geb. 6. 10. 1832, gest. Linz 25. 6. 1876, unvermählt^"). Rudolf Georg (geb. 6. 3.1834, gest. Hallstatt 5. 5.1834 an Frai sen^®). IsabeUa (geb. 9.4.1835, gest. Hallstatt 10. 5.1835 an Fraisen). Zwei Wochen nach Geburt der Tochter Isabella und zwei Wochen vor deren Tod stirbt Anna Ma ria Ramsauer am 22. April 1835 infolge Puerperalfieber und erfolgtem Brand (Kindbettfieber mit Blutvergiftung). Im Hallstätter Beinhaus bei der katholischen Pfarrkirche liegt ein Schädel,,Maria Ramsauerin, k. k. Bergmeistersgattin allhier". Im Oö. Landesarchiv gibt es ein ,,Inventarium®® über die Verlassenschaft der Wohledelgebohrenen Frau Maria Ramsauer, Ehegattin des Wohlgebohrenen Herrn Johann Georg Ramsauer, k. k. Bergmeister zu HaUstatt, Salzberg Nr. 1, welche den 22ten April 1835 zeitlichen Todes ver blichen ist". Dieses Inventarium gewährt uns Einblick in Ramsauers Haushalt: An barem Gelde sind vor handen 48 fl Conventions Münze, an öffentli chen Fonds-Obligationen 755 fl, eine Forderung von 20 fl. An Pretiosen: 1 goldener Fingerring, 1 goldener Fingerring mit Stein, 2 Ohrgehänge, 1 Halskralle von Bronze. Unter den Fahrnissen fallen auf: 33 (!) Bilder, 1 Perspektiv, 1 Elektrisir-Maschin, 1 Bergmodell (mit 10 fl bewertet, vielleicht dasselbe Modell, das Ramsauer 1865 dem Museum Francisco-Carolinum verkauft? s. Anm. 18), 1 Kugelbüchse. An Büchern werden angeführt: Millots Weltgeschichte 19 Bände, Klaßische Werke 14 Bde, Land- u. Seereisen 10 Hef te. Auch Viehbestand ist vorhanden: 6 Kühe, 1 Stierl, 2 Kalben, 1 Kaibel, 6 Schaafe, 1 Gaiß, 4 Hennen. Unter den Passiven ein Schuldschein 28 OÖLA SOA Fasz. 1267,1842, Nr. 56, 999 u. 2218. - OÖLA SOA Index zum Jahresfaszikel 1831 u. 1833. 28 Linzer Zeitung vom 4. Jänner 1874. 28 Engl, Isidor: Stammbaum des englischen Geschlechts und ihrer Verwandtschaft. 1916, Manuskr. im Besitze der Enke lin, Walpurga Engl, Hallein. Nach einer auszugsweisen Abschrift v. Dr. Stefan Nebehay, Wien, von diesem freundhcherweise zur Verfügung gestellt. In den Duplika ten der Pfarrmatriken Hallstatt kormte diese Sofie Binder nicht nachgewiesen werden. 22 Engl, Stammbaum . . . und Verzeichnis (Schematismus) über den Geistlichen Personalstand der Linzer Diözese auf das Jahr 1846-1881. 22 OÖLA Landesgerichtsarchiv, Akten Sch. 18, ZI. 1050/ 1882 (Ehevertrag). 22 COLA Partezettel-Sammlung Lindner 3956. 2'' OÖLA Partezettel-Sammlung Lindner 5842. 22 Bei Engl, Stammbaum, fehlt Rudolf Georg. 28 OÖLA Neuerwerbtmgen, Akten Bd. 90, Nr. 1.

über 100 fl. Aus dem ausständigen Dienstboten lohn geht hervor, daß eine Haus- und eine Vieh magd vorhanden war (vielleicht aber auch nur während der Bettlägrigkeit der Hausfrau). Daß der Bergmeister mit sieben Kindern, er selbst im besten Mannesalter, allein blieb, währte nicht allzu lange. Am 20. Juni 1837 erfolgt die zweite Heirat mit Notburga, geb. Baumgartner, einer halbbürtigen Schwester seiner ersten Gattin. Die Braut ist 25 Jahre, der Bräutigam 42. Aus Grün den der Schwägerschaft im ersten Grade mußte zur Heirat die päpstliche Dispens eingeholt wer den. Ramsauers diesbezügliches Ansuchen an das Bischöfliche Consistorium ist erhalten geblieben^''. Es ist ein bemerkenswertes Dokument, von Ramsauer eigenhändig geschrieben - eine schwer lesbare Handschrift mit auffallenden Un terlängen, er verwendet auch noch Haar- und Schattenstriche - und wohl auch von ihm verfaßt. Wenn ja, so erweist sich der Bergmeister darin als gewandter Schreiber, die Eloquenz des Aus drucks ist bewundernswert. Ramsauer hat sich nach dem Tode seiner Gattin deren Halbschwe ster Notburga von seinen Schwiegereltern zur Versorgung des Haushalts ausgebeten. ,,Da nun diese wirklich mütterlich die Kinder liebt und von ihnen geliebt wird, mit Fleiß und Eifer die Ord nung und Reinlichkeit des Hauses besorgt, die Kinder wohl erzieht, zum Guten lenket und zu gleich voll Anhänglichkeit und Treue gegen den gehorsamst Gefertigten erfüllet ist" - verblaßt da nicht fast Hermanns Dorotheen? - ,,so hofft er mit derselben eben so glücklich wie mit seliger Gattin leben zu können, ohne eine stiefmütterli che Behandlung seiner lieben Kinder befürchten zu dürfen." Die päpstliche Dispens wurde erteUt und - wenn man nach Anzahl der Kinder eine Ehe beurteUen darf- das Familienleben glücklich. Frau Notburga schenkte ihrem Gatten 14 Kinder: Marie Therese (geb. 13. 10. 1837, verh. mit Franz Schrempf). Franziska Notburga (geb. 2. 9. 1838, gest. Hallstatt 27. 10. 1838 an Fraisen, fehlt bei Engl). Franziska Therese (geb. 4. 10. 1839, lt. Engl im Irrenhaus ge storben). Josefa Gabriela (geb. 20. 3. 1841). Rudolf Georg (geb. 9. 5. 1842, lebte 1928 als Postkontrollor i. R. in Klagenfurf). Anton Hermann (geb. 10. 6. 1843, gest. Hallstatt 8. 10. 1849 an nervösem Scharlach und Fraisen). Sophie (geb. 10. 5. 1844, verh. mit Josef Schrempf, lt. Engl Bergrat in Hallein). Ferdinande (geb. 29. 5. 1845, lt. Engl Postbeamtenswitwe). Emilian (geb. 11. 9. 1846, Apothekergehilfe in Linz, später nach Frankenmarkt verzogen^'). Johann Georg (geb. 9. 4. 1849, Staatsbahninspektor i. R., Wien"*"). Theresia Rosa (geb. 13. 4. 1850, gest. Hallstatt 3. 9. 1854 an Scharlach). Leopoldina Notburga (geb. 17. 9.1851, lt. Engl verh. mit k. k. Förster Gruber). Karl Hermarm (geb. 3. 11. 1852, lt. Engl pens. k. k. Hofrat). Des Herrn Bergmeisters Job. Georg Ramsauer todtgeborenes Mädchen (geb. 14. 11. 1858, gest. 14. 11. 1858). Die Geburt des totgeborenen Mädchens kostete auch der Mutter das Leben. Sie starb an Erschöp fung infolge innerem Blutfluß, 46 Jahre alt. Zwei Tage später, am 16. November, wurde sie begra ben. Auch ihr Schädel liegt heute im Hallstätter Beinhaus „F. Nothburga Ramsauer kk Bergmei sters Gattin gest. im Jahre 1858". Ramsauer ging noch eine dritte Ehe ein, und zwar am 13. September 1859. Die Braut war Franziska Josefa Serafina Ludwig, eheliche Tochter des Jo sef Anton Ludwig, Verwesers der Eisenblech Walzfabrik zu Obergrünburg. Die Trauung fand in der Pfarrkirche zu Maria Lauffen statt. Die Braut war 30 Jahre alt, Ramsauer bereits 64. Die Ehe blieb kinderlos. Ramsauers finanzielle Verhältnisse waren ver mutlich um vieles besser als die des Großteils der HaUstätter Bevölkerung, sein Gehalt als Bergmei ster von 700 fl war, wenn auch jahrelang unver ändert, nicht schlecht (der Amtsverweser in Hallstatt bezog 900 fl, der Oberschaffer 450 fl, bezogen auf das Jahr 1834)'*i. Er verstand es auch, sich zusätzlich um Belohnungen zu bemühen und auch zu bekommen und verbesserte seine Entlohnung durch Nebeneinkommen. So geht aus seiner Korrespondenz und auch bei Engl her vor, daß er offenbar während der Jahre der Aus grabungen, da er Verbindung mit einflußreichen und wohlhabenden Persönlichkeiten hatte, Ge schäfte mit aus Versteinerungen führendem " Diözesanarchiv Linz, Ordinariatsarchiv Linz, Consistorialakten 2, Sch. 87, Fasz. 11/2, 1836/37. Brief V. Georg Ramsauer jun. vom 11. September 1928, Naturhist. Museum Wien, Archiv Prähist. Abt. (Für alle hier zitierten Wiener Briefe habe ich Dr. Stefan Nebehay zu danken.) Polizeidirektion Linz, Meldeamt, Meldebuch Linz 1870-79. ^ Wie Anm. 38. Schraml, Salinenwesen, S 49.

Marmor und Muschelkalk gefertigten Gegen ständen machte, die als Rarität geschätzt waren. Es ist die Rede von Toilettetischen, Kandelabern und Vasen. Sie scheinen bis nach Wien und Pe tersburg verschickt worden zu sein, waren mög licherweise auch auf der Weltausstellung in Paris In einem Brief wird auch eine 1002 Exem plare starke Ammoniten- und PetrefaktenSammlung erwähnt, die nach Petersburg ge schickt werden soll. Und doch weist Ramsauer immer wieder darauf hin, daß der Unterhalt sei ner vielen Kinder, die er zum Teil auswärts stu dieren oder ausbilden lassen muß, ihn einen gro ßen Teil seiner Besoldung koste. ,,Ich befinde mich gegenwärtig mit 12 unversorgten Kindern in einer sehr beträngten Lage. Drey Söhne hievon habe ich in Studien ohne aller Unterstützung welche mir den halben Theil der Besoldung in Anspruch nehmen, und ich das Schmerzliche voraussehe daß ich wegen nicht möglicher Be streitung der Auslagen einen oder zwey wie derum zurückzunehmen bemüssiget sein wer de«." 1850 lebten nach der Aufzeichnung des Matiikelbuches der Ortsgemeinde Hallstatt« in seinem Haushalt auf dem Rudolfsturm seine zweite Gat tin Nothburga, die Söhne Rudolf, Hermann, Emil, Joh. Georg, die Stieftochter Antonia Riezinger und die rechten Töchter Hedwig, Ida Ma ria, Maria Theresia, Franziska Theresia, Josefa, Sofie, Ferdinanda und Theresia, also mit Ram sauer 15 Personen. Sohn Julius war 1849 in Lam bach zum Priester geweiht worden, die Tochter Adelheid muß auswärts gewesen sein, die IGnder Hermann, Rudolf Georg, ein zweiter Rudolf Ge org, Isabella und Franziska Nothburga waren ge storben. Die Tochter Franziska Theresia ist gei steskrank, 1850 lebt sie noch innerhalb der Fami lie, 1875 befindet sie sich in der Oö. Landes-Irrenanstalt in Linz und wird als „Vollkretin, mit offenem Mund und herausrinnendem Speichel" bezeichnef*®. Wie aus einem Brief des späteren Staatsbahninspektors Georg Ramsauer'*® hervor geht, kamen die Söhne zum Teil schon mit neun Jahren aus dem Haus und verbrachten nur die Fe rien am Rudolfsturm. 1851 reicht Ramsauer ein Majestätsgesuch wegen Aufnahme seines Soh nes Rudolf in eine Militärschule ein"'. 1852 er krankt seine sich in Wien aufhaltende Tochter Hedwig schwer. Ramsauer sucht um 14 Tage Ur laub an, um zu ihr nach Wien zu reisen, die Reise unterbleibt aber, weU er selbst erkrankt"®. 1855 unternimmt er eine achttägige Reise nach Linz in Familienangelegenheiten"®. Gesuche um Unter stützung tauchen in den Salinenakten immer wieder auf. Was uns heute vielleicht als Bettelei erscheinen mag, war aber damals durchaus üb lich und wenn man so viele Kinder besaß, gera dezu lebensnotwendig. Die wirtschaftliche Lage dieser Zeit, erst waren es die Franzosenkriege, dann die Jahre um 1848, war allgemein schlecht. Es gab ArbeiterkrawaUe und Hungerzeiten. Die ganze Bevölkerung litt unter der herrschenden Teuerung. Der Leiter des Salzoberamtes schrieb in einem Bericht an die Hofkammer, daß die Not bei so manchem einen Punkt erreicht habe, der gesehen werden müsse und nicht beschrieben werden könne. Zu einer wirklichen Aufstandsbewegung kam es jedoch im Kammergut nicht, weil die Leitung des Salzoberamtes sehr maßvoll agierte und die k. k. Regierung manche Zuge ständnisse machte®®. Es waren auch die Jahre, da eine stärkere Aus wanderungswelle nach Amerika in Oberöster reich sichtbar wurde. Ein Sohn Ramsauers, jener Pater Maurus, war ja auch nach Amerika gegan gen, nannte sich dort Ramsey und wurde Pfarrer der katholischen Kirche in Brooklyn®*. Unter den Auswanderern befand sich auch ein Salzarbeiter aus Hallstatt, Josef Kain. Er schrieb Briefe in die Heimat, die dort von Hand zu Hand gingen, und obwohl Ramsauer selbst der Gedanke an Aus wanderung eher fern liegen mochte, hat er sie si cher, schon seines Sohnes wegen, gelesen®'. Brief Dr. F. Raffenperger an Ramsauer vom 29. November 1853, Naturhist. Mus. Wien, Archiv Prähist. Abt. Brief Ramsauers an Ameth vom 9. Dezember 1858, Natur hist. Mus. Wien, Archiv Prähist. Abt. OÖLA Marktarchiv Hallstatt, Hs. 9. OÖLA Salzamt Hallstatt, Jahresfasz. 1875, Nr. 1055. Brief Georg Ramsauer jun. vom 11. September 1928, Na turhist. Mus. Wien, Archiv Prähist. Abt. OÖLA SOA Index zum Jahresfaszikel 1851. OÖLA Salzamt Hallstatt, Jahresfaszikel 1852, Nr. 654. <9 OÖLA Salzamt Hallstatt, Index zum Jahresfaszikel 1855. ™ Schraml, Salinenwesen, S. 560 ff. 9^ Wie Anm. 42. " Sturmberger, Hans; Die Amerikaauswanderung aus Ober österreich zur Zeit des Neoabsolutismus. In: Mitt. d. Oö. Landesarchivs 7, 1961.

Derselbe Josef Kain hatte übrigens 1849 dem Bergmeister Ramsauer gegenüber politisch un tragbare Äußerungen gemacht. Ramsauer nahm ein Protokoll auf und meldete den Vorfall weiter. Kain wurde strafweise für drei Wochen außer Dienst gestellt. Das Ministerium für Landeskul tur und Bergwesen entschied, da dessen Äuße rung ,,keine aufregende Absicht und Wirkung" gehabt habe, daß ein weiteres Vorgehen gegen Kain nicht nötig sei und dieser wieder zur Arbeit zuzulassen sei®^. Ein überzeugter Anhänger der Freiheitsidee, der für die Staatsverfassung Nord amerikas schwärmte, wohnte übrigens von 1836 bis 1849 als Inhaber der Mühle in Hallstatt: Kon rad Deubler, der als Freigeist und Philosoph im Bauemkittel bekannt wurde. Wenn man Ramsauers bisheriges Leben betrach tet, so ist es wohl das eines ungewöhnlich tüchti gen Beamten, aber weiters für die Nachwelt von keinem besonderen Interesse. Erst die nachfol genden Jahre, da Ramsauer zum Ausgräber eines der bedeutendsten Gräberfelder nördlich der Al pen wird, weisen Ramsauer einen Platz in der Wissenschaft zu. Ein Zufall wollte es, daß die obderennsische Lan desregierung im Jahre 1846 zwei Kundmachun gen die Behandlung altertümlicher Funde betref fend erließ®", die auch Ramsauer bekannt gewe sen sein müssen, weil er sie in einem Schreiben an das Salzoberamts-Präsidium vom 2. Juli 1847 zitiert®®. Wenige Monate später, im November 1846, wurde der Bergmeister davon verständigt, daß bei der Öffnung einer Schottergrube in der Nähe des Rudolfsturmes verschiedene ,,Anti ken" zum Vorschein gekommen seien. Ramsauer ließ weiter nachgraben, stieß auf Menschenkno chen und in der Tiefe von 2-3 Schuh (1 Schuh oder Fuß = 31,6 cm) auf ganze Skelette. Als er 4 Quadratklafter (1 Quadratklafter = 3,596 m^) hatte abgraben lassen und auf dieser Fläche sie ben Skelette, alle in ordentlicher und gleicher Lage und bei jedem ein zusammengedrückter ir dener Topf und auf der Brust und Flals bronzene Antiken, aufgefunden hatte, war es ihm klar, daß hier ,,ein Leichenbegräbnis" bestanden haben mußte. Schneefall verhinderte weitere Arbeiten. Doch im Mai des nächsten Jahres ließ Ramsauer gemeinsam mit der Schottergewinnung die Gra bung wieder aufnehmen. Bis Ende Juni hatte er weitere 24 Gräber aufgedeckt. In seinem Schrei ben an das k. k. Salinenoberamts-Präsidium vom 2. Juli 1847 gibt er einen Bericht über den bisheri gen Grabungserfolg und dokumentiert diesen mit acht Tafeln Zeichnungen. Über das k. k. Landespräsidium erhielt schließlich auch der Verwaltungsausschuß des Museums FranciscoCarolinum in Linz Kunde von den Funden und beauftragte Georg Weishäupl®®, seit Gründung des Museums (1833) dessen Kustos, ab 1842 ständischer Archivbeamter, aber später wieder 2. Kustos und ein talentierter Zeichner, nach Hallstatt zu reisen, dort nach dem Rechten zu se hen und dann ausführlich Bericht zu erstatten®'. Diese Reise Weishäupls war von großer Bedeu tung, denn durch sie wurden sozusagen die Richtlinien für die weiteren Grabungen gesteckt. In seinem am 30. September 1847 erstatteten Be richt und einem Nachtrag vom 16. Oktober®® er hält Ramsauer volles Lob, die Grabungen hätten in keinen besseren Händen gelegen sein können. Als Verbesserung und Ergänzung schlägt Weishäupl als erster die Anlage eines Grabungsproto kolls oder Journals vor. Ramsauer erhielt vom Verwaltungsausschuß ein belobigendes Schrei ben, in welchem aber auch die dringliche Bitte ausgesprochen wurde, über die Grabungen ein Journal zu führen, in welches der Tag, Ort und Gegenstand jedes Fundes einzutragen sei. Jedes Fundstück müsse durch eine fortlaufende Num mer bezeichnet werden. Er wurde um genaue Be schreibung der Grabstätte, der Lage der Skelette und Beigaben ersucht. Und man bat um große Aufmerksamkeit, daß kein Fundstück, so un scheinbar es sein möge, verloren gehe und nieOÖLA SOA Jahresfaszikel 1849, Nr. 1709 u. 2093. OÖLA Musealvereinsarchiv, Akten Sch. 43, Kundma chung Nr. 18.568 vom 26. Juni 1846 u. Nr. 26.082 vom 14. September 1846. Sä OÖLA Traunkreisamtsarchiv Präsidialia Sch. 18 (Ab schrift). s' WuTzbttch, Constantin: Biographisches Lexicon des Kaiser thums öesterreich, 54. Th., 1886. s' OÖLA Musealvereinsarchiv, Akten Sch. 43, 1847, Mus IV/1 10 (204/1847) vom 28. August 1847. s' OÖLA Musealvereinsarchiv, Akten Sch. 43, 1847, Mus IV/1 10 (229).

mand, weder Arbeiter noch Privatmann, ohne Rücksicht auf die Stellung der Person, sich davon etwas aneigne^®. Das Museum hatte nämlich Kenntnis davon erlangt, daß Touristen und auch sehr hochgestellte Persönlichkeiten sich bereits mit Erfolg um solche Funde bemüht hatten. Schon in seinem Bericht an das SaÜnenoberamts-Präsidium hatte Ramsauer darum ersucht, die Funde - wenn nicht für immer, so doch für die Dauer der Grabungen - auf dem Rudolfstürme unter seiner Obhut zu belassen. Das Museum F.-C. war ebenso interessiert, die Fxmde in Ver wahrung zu bekommen, schon um sie vor even tueller Zerstreuung zu schützen. Das k. k. Hof kammerpräsidium als Eigentümerin der Funde (sie waren auf ärarischem Boden gefunden wor den) entschied jedoch zugunsten des Rudolfsturmes®". Ramsauer war ein sehr tüchtiger Mann, ehrgeizig und geschickt. Seine Ausbildung als Bergmann befähigte ihn besser als jeden anderen Laien zum Ausgräber. Fr hielt sich an die Anordnung, die er bezüglich der Führung eines Journals bekommen hatte, ließ die Grabsituationen und Beigaben zeichnen. Vieles von dem, was er getan hat, darf noch heute unsere Bewunderung erregen. Daß die Grabungsmethoden heute andere sind, daß wir mehr Möglichkeiten haben, Spuren zu si chern, Funde zu konservieren, kann Ramsauer nicht angelastet werden. In diesem Sinne wäre jede Ausgrabung zu früh, denn „Ausgraben be deutet zugleich Zerstören"®^. Der Erhaltungszu stand der Skelette war schlecht, komplette Schä del waren selten, von den über 500 Skeletten sind deshalb betrüblich wenige erhalten geblieben. Ähnlich verhielt es sich mit der Keramik, sie war reichlich vorhanden, aber fast immer zerdrückt und wurde daher wenig beachtet. Ebenso erging es den Funden aus Eisen. „Damals war man ge blendet vom überwältigenden Reichtum der Bronzen mancher Prunkgräber und sah in ihnen eher einen Kunst- als einen Kulturgegenstand. Was konnte dagegen ein Haufen von Tonscher ben besagen, in dem man im Sinne des damals herrschenden, an klassischen Kulturgütern ge schulten Geschmacks, weder ein Kunstwerk er blicken konnte noch einen Kulturzeugen zu erahnen verstand^^?" Jahr für Jahr, immer durch mehrere Wochen hin durch, aber abhängig vom Wetter, führte Ram sauer seine Grabungen durch®^. Das Gelände war schwierig, ein stark abfallender Hang und zudem durch Bäume und große Felsbrocken be hindert. Insgesamt deckte Ramsauer vom No vember 1846 bis zum September 1863 980 Gräber auf. Als Ramsauer 1863 in Pension ging, hielt er das Gräberfeld für erschöpft. Das stimmte aller dings nicht ganz, wohl hatte er die Hauptmasse der Gräber gehoben, doch erstreckten sich die Grabungen unter anderer Leitung und mit gro ßen Unterbrechungen noch bis 1939. Die Bele gung wurde immer dünner, die Funde waren nicht mehr so prächtig. Wie sahen Ramsauers Gräber aus: Es gab keine Anordnung der Gräber nach Reihen, es waren Flachgräber, die eventuell durch einen kleinen Erdhügel auf der Oberfläche gekennzeichnet ge wesen sein mochten. Die Grabtiefe wechselte von 1-5 Fuß, der Boden bestand aus 1,5-3,5 Fuß Humus, dann Kalkschotter. Es fanden sich zwei Formen der Bestattung: Körpergräber und Brandgräber. Ramsauer hat auch eine Misch form, also teilweise Verbrennung, in mehreren Fällen festgestellt, doch gibt es bis heute starke Zweifel an der Richtigkeit dieser Beobachtung. Die Skelette lagen in W-O-Richtung, Abwei chungen kamen vor, zumeist in Rückenlage, Arme parallel zum Körper oder über Brust oder Bauch gekreuzt, auch ein Arm gestreckt und der andere abgewinkelt. Auch Seitenlage (Schlafstel- " OÖLA Musealvereinsarchiv, Akten Sch. 43, 1847, Mus. IV/1 10 (ad 229) vom 25. Oktober 1847. - Kromer, Karl: Das Gräberfeld von Hallstatt. Firenze 1959, S. 9. «> OÖLA Salzamt Hallstatt, Sch. 319, Nr. 109/Pr de 1847. Pauli, Ludwig; Die Gräber vom Salzberg zu Hallstatt. Mainz 1975, S. 18. " Krenn, BCarl: Hallstatt. In: Oö. Heimatblätter, Jg. 4 (1950), H. 1, S. 4. Für die Darstellung der Grabungen wurde folgende Litera tur benützt: Kromer, Karl: Das Gräberfeld von Hallstatt. Firenze 1959. - Krenn, Karl: Hallstatt. In: Oö. Heimatblätter, Jg. 4 (1950), H. 1. - Sacken, Eduard v.: Das Grabfeld von Hallstatt in Oberösterreich und dessen Alterthümer. Wien 1868. - Gaisberger, Joseph: Die Gräber bei Hallstatt im oberöster reichischen Salzkammergute. Linz 1848. -Angeli, W.: Die Erforschung des Gräberfeldes von Hallstatt und der ,,Hallstattkultur". In: Kriegerund Salzherren, Mainz 1970. -Barth, F. E.: Salzbergwerk und Gräberfeld von Hallstatt. In: Krieger und Salzherren, Mainz 1970.

lung) und Adorantenstellung wurde angetroffen. Die Grabsohle war häufig geebneter Schotter oder große Steine, seltener gestampfter Lehm. Eventuell ruhte der Schädel auf einer größeren Steinplatte. (Ungesicherte) Spuren eines Holz sarges fand man nur einmal, öfter aber die Bestat tung auf einer Art ovalen, schlecht gebrannten Tonwanne, ohne Deckel, mit leicht aufgeboge nem Rand. Die Regel war das Einzelbegräbnis, es gab aber auch Mehrfachbestattungen. Die Brandgräber erkannte Ramsauer nicht gleich, erst allmählich wurde ihm ihre Bedeutung klar. Knochen verbrennen ziemlich komplett, nur Zähne, Kniescheiben, Unterkieferbruchstücke, stärkere Schädelfragmente und TeUe der Röh renknochen bleiben für eine Bestimmung erhal ten. Die Beisetzung erfolgte in wenigen Fällen in einer Urne, sonst als Brandschüttung, wobei aber nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich der Leichenbrand ursprünglich in einem Behälter aus organischer Substanz (Holz, Stoff, Leder) be fand, der die Jahrhunderte nicht überdauerte. Die Grabsohle war ähnlich wie bei den Skelettgräbem zugerichtet: gestampfter Schotter oder Steine, häufig auch Tonwannen. Die Brandgrä ber waren fast immer von einer Steinschicht überlagert und sie erwiesen sich als besonders reich mit Beigaben versehen. Die Art der Beigaben war mannigfaltig, der Reichtum an Bronzen ist besonders kennzeich nend, sehr viel Keramik, viel Eisen, viel Bern stein, wenig Edelmetall, Glas fehlt fast. Die den Toten ins Grab mitgegebenen Gegenstände sind in erster Linie Schmuckgegenstände und Tracht zubehör (Ringe und Reifen, Gürtel, Fibeln, Na deln, Ketten), Dinge des täglichen Gebrauches (Gefäße aller Art, Eimer, Werkzeuge, Messer), weniger Waffen (kennzeichnend für die ältere Stufe ein Fliebschwert, für die jüngere der „An tennendolch", der mehr Ziercharakter hat). Es gab sehr reich ausgestattete Gräber, sogenannte Prunkgräber, beigabenlose Gräber sind selten, ein allgemeiner Wohlstand scheint vorhanden gewesen zu sein. Die Anzahl und Pracht der Bei gaben reflektiert die soziale Stellung der Toten im Leben. Auch Importware wurde in den Gräbern angetroffen. Daß die hier Bestatteten mit dem Salzabbau in Verbindung zu bringen sind, ist wohl unzweifelhaft. Der Reichtum, der sich in manchen Gräbern zeigt, hat seine Ursache wohl in dem Handel mit Salz. Die anthropologische Bestimmung ergab ein starkes Überwiegen der Männer. Frauen, Kinder und alte Menschen sind in der Minderheit. Doch ist diese Aussage dadurch stark beeinträchtigt, daß nur wenig bestimmbare Skelette erhalten sind. Die Gräber werden in das 8. bis 5. Jahrhun dert datiert. Lange Zeit ordnete man sie den Kel ten zu, dann nahm man die Illyrer für sie in An spruch. Eine eindeutige Entscheidung über die Frage der ethnischen Herkunft ist auch heute noch nicht rnöglich. Schon bald nach den Aus grabungen begann sich die Bezeichnung ,,Hall stattzeit" für jene urgeschichtliche Periode, der dieses Gräberfeld angehört, in der Wissenschaft durchzusetzen. Die Ausgrabungen des Bergmei sters zu Hallstatt waren im wahrsten Sinne des Wortes ,,epochemachend". Die Grabungen waren aber nicht nur ein wissen schaftliches Ereignis, sie waren auch ein gesell schaftliches. Vom nahen Ischl, der kaiserlichen Sommerresidenz, kamen die verwöhnten Gäste auf den Salzberg. Wissenschaft, Tod und Schatz suche, dargeboten auf einem Ausflug in die schöne Bergwelt, waren starke Lockmittel und boten interessanten Gesprächsstoff in den Sa lons. Mitglieder des österreichischen Kaiserhau ses, bayrische Prinzen, die Königin der Nieder lande, der Großherzog von Mecklenburg und Gemahlin waren unter den Besuchern. Und der Eindruck der Grabungen war auf manche Besu cher sehr stark. Das großherzogliche Haus Meck lenburg führte 50 Jahre später eine eigene Gra bung in Hällstatt durch. Friedrich Simony, Na turforscher, aber auch ein guter Maler, fertigte Zeichnungen von den Fimden an und veröffent lichte nach Gaisberger eine Arbeit®"* über die Hallstätter Grabung. Wilhelm Raabe schrieb seine Erzählung ,,Keltische Knochen" und schil dert darin auch eine Art Schaugrab, das offenbar den Besuchern als Attraktion gezeigt wurde: ,,Man hat eine eigenthümliche Vorrichtung ge troffen, um die aufgedeckten Gräber mit ihren ^ Gaisberger, Joseph: Die Gräber bei Hallstatt im oberöster reichischen Salzkammergute. Linz 1848. - Simony, Fried rich: Die Alterthümer vom Hallstädter Salzberg und des sen Umgebung. Wien 1851 (Beilage zu den Sitzungsberich ten d. Philosoph.-hist. Qasse d. Kaiserl. Akad. d. Wiss.).

Gerippen zu konservieren und sie dem neu- oder wißbegierigen Publikum gegen eine Gratifikation vorweisen zu können. Ueber das vorsichtig auf gegrabene und in seiner Lage unverrückt erhal tene Skelett ist ein hölzener Kasten in die Erde gesenkt, ein sargähnlicher Kasten mit einer Klappe und einem großen Vorlegeschloß." Schon Weishäupl erwähnt diese hölzernen Kä sten in seinem Bericht. 1855/56 erlebte der Bergmeister Johann Georg Ramsauer sozusagen seine Sternstunde; Seine Majestät Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth in Begleitung von Carl und Helena von Bayern besuchten am 19. September 1855 die Grabungen. In ihrer Gegenwart wurden die Grä ber 340 und 341 und ein Jahr darauf (19. Oktober 1856) die Gräber 504-507 geöffnet. Grab 341 sah Ramsauer als teilweise Verbrennung an, die Grä ber 340 und 504-507 waren besonders reich aus gestattet. Dies war kein Zufall, die Gräber wur den sicher, nachdem sie sich als fundreich her ausgestellt hatten, für den angekündigten Kai serbesuch „aufgespart". Der Wunsch, dem Kai serpaar etwas Besonderes zeigen zu können, ist aber durchaus verständlich. Es ist wohl anzu nehmen, daß die Verleihung des goldenen Ver dienstkreuzes mit der Krone an Ramsauer im Jahre 1855 in direktem Zusammenhang mit dem Kaiserbesuch stand. Auch die Verleihung der Großherzoglich-Mecklenburgischen Großen Sil bernen Medaille für Wissenschaft und Kunst (um 1856/57) war wohl eine Folge des Besuches des groß herzoglichen Paares auf dem Salzberg. Aus dem Bericht Ramsauers an das k. k. Salzoberamts-Präsidium vom 2. Juli 1847 und einem Schreiben der Salinenverwaltung an die Salinenund Forstdirektion vom 30. September 1850®® geht hervor, daß die Kosten der Grabungen bei den Arbeiten zur Schottergewinnung sozusagen mitliefen, also eigentlich von der Saline getragen wurden. Nach einem gemeinsamen Besuch des Direktors der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wilhelm Haidinger, mit dem Direktor des k. k. Münz- und Antikenkabinetts, Dr. Josef Ameth, am Salzberg übernahm Mitte September 1850 die Geologische Reichsanstalt die Grabungskosten, und das Oberstkämmereramt kaufte Ramsauer die bisher gemachten Funde, die als seine archäo logische Sammlung bezeichnet werden, um den Betrag von 1000 fl C.-M. ab. Auch eine paläon tologische Sammlung und sieben BergmodeUe wurden damals ebenfalls um 1000 fl vom Mini sterium für Landeskunde und Bergwesen für die Geologische Reichsanstalt erworben®®. Die Funde wurden in neun Sendungen in das k. k. Münz- und Antikenkabinett in Wien gebracht. Ramsauer streckte nun die Grabungskosten selbst vor und bekam sie in größeren Abständen vom Oberstkämmereramt ersetzt®'. 1861 erhielt Ramsauer auf Betreiben von Dr. Ameth noch mals eine Remuneration von 500 fl®®. Ramsauer hat sich auch eine kleinere Privatsammlung ange legt, die Mathäus Much später aus seinem Nach laß ankaufte und die in das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien gelangte®^. Von seinem Grabungstagebuch, dessen Original heute leider als verschollen gelten muß, ließ Ramsauer Abschriften oder auch Teilabschriften herstellen, die durch Illustrationen in Aquarell technik ergänzt wurden, und verschickte sie an Museen und hohe Persönlichkeiten. Ein ange messenes Geldgeschenk oder eine Ehrung war meist die erwünschte Folge. Man gewinnt manchmal durchaus den Eindmck, daß der Bergmeister ein Mann war, der es verstand, aus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch Nutzen zu ziehen, z. B. als er 1865 ein für Napoleon III. bestimmtes Exemplar eines Fundkataloges nach Paris sandte. Der Kaiser war davon sehr angetan, übergab es dem Museum von Saint Germain, und Ramsauer erhielt eine Ehrengabe. Doch die erhoffte Auszeichnung, Ritter der Ehrenlegion zu werden, blieb offenbar aus. Solche Kopien seines Grabungsprotokolls befinden sich heute z. B. in Wien, Graz, Linz und Paris. 1932 fand sich eine von Ramsauer selbst geschriebene Abschrift in einem Antiquariat und erst 1972 tauchte eine " OÖLA SOA Jahresfaszikel 1851, Nr. 913. OÖLA SOA Jahresfaszikel 1851, Nr. 913, s. a. Jahrbuch d. k. k. Geol. Reichsanstalt 1851, 2. Jg., S. 148-149. " Brief Am^th an Ramsauer vom 10. Jänner 1859, Naturhist. Mus. Wien, Archiv Prähist. Abt. Schreiben Bergmann an Fürst Auersperg vom 19. Jäimer 1864, Kunsthist. Mus. Wien, Archiv Antikensammlung. Barth, Fritz Eckhart: Zur Identifizierung einiger Gegen stände aus dem Gräberfeld Hallstatt in der Sammlung Jo hann Georg Ramsauer. In: Mitteilungen d. Anthropologi schen Gesellschaft in Wien, Bd. 103 (1973).

Teilabschrift in München auf". Wie viele Ab schriften Ramsauer herstellen ließ, ist rücht be kannt. Leider sind die Unstimmigkeiten zwi schen den verschiedenen bisher bekannten Pro tokollen beträchtlich. Ramsauer hatte den Wunsch, seine Grabungsergebnisse auch ge druckt vorlegen zu können, doch das Finanzmi nisterium sandte das ihm zur Begutachtung vor gelegte Manuskript im Oktober 1859 mit dem kurzen Bemerken zurück, daß dem Gesuche um unentgeltliche Drucklegimg in der Hof- und Staatsdruckerei keine Folge gegeben werde''^. Ramsauer hatte bei seinen Ausgrabungen wech selnde Mitarbeiter, darunter auch Isidor Engl, 1832 in Hallstatt geboren, der aus dem Waisen hause als Bergzöghng auf den Salzberg kam. Ramsauer nutzte seine Fähigkeiten als Zeichner und Schreiber. Engel hat auch nach Ramsauers Tod bei späteren Grabungen in Hallstatt nicht nur mitgearbeitet, sondern - nach zur Zeit noch unpublizierten Forschungen Stefan Nebehays, Wien - einige davon de facto geleitet. Er wurde 1. Kustos des HaUstätter Museums und verfaßte u. a. eine Geschichte des Marktes Hallstatf 2. Erste Pensionierungsabsichten äußert Ramsauer im März 1860. Er will im Herbst um die Jubilation bitten^^. Doch endgültig geschieht dies erst im August 1863. Zunehmende Augenschwäche und Schwindel lassen ihn den beschwerlichen Dienst als Bergmeister nicht länger voll versehen. In sei nem Jubilierungsgesuch werden wieder seine Verdienste angeführt und als letzter Punkt auch seine Vorfahren erwähnt, die laut beigelegten Stiftsbrief-Abschriften schon im 14. Jahrhundert im Dienst der Saline standen. Auch ein Wappen der Familie Ramsauer, dessen Original sich in der k. k. Hofbibliothek befinde, wird dabei erwähnt. Ramsauer trat mit 5. November 1863 in den blei benden Ruhestand. Seine Jahrespension beträgt 792 fl 75 kr plus seiner Personalzulage von 210 fl, um deren Weitergewährung zur Pension sich der Bergmeister an den Kaiser persönlich in einem Gnadengesuch bemüht hat. Ramsauer hat 53 an gerechnete, aber 55 tatsächlich geleistete Dienst jahre hinter sich gebracht^". Die Dienstwohnung im Rudolfsturm muß Ramsauer für seinen Nach folger räumen, ein Haus in Hallstatt hat er nicht besessen. Vielleicht ist ihm Hallstatt jetzt auch zu klein geworden, zu abgeschieden von einer grö ßeren Welt, die er kennengelernt hat. In Linz ist seine Tochter Hedwig verheiratet, es gibt dort das Museum Francisco Carolinum, seine jüngeren Kinder können dort eine bessere Ausbildung er fahren. So verläßt Ramsauer mit Frau und den noch bei ihm wohnenden Kindern Hallstatt. Mitte November 1863 ist er in Linz angekom men'®. Als Wohnungen in Linz sind zwei Adres sen bekannt: Herrengasse 815 (heute Herren straße 18) und Johannesgasse 942 (bzw. 13) als Sterbehaus'". Sein Freund und Gönner, Dr. Ameth, ist schon gestorben, aber dessen Nachfolger, Josef Berg mann, bemüht sich, für Ramsauer das Ritter kreuz des k. k. Franz-Josef-Ordens zu bekom men". Er führt seine wissenschaftlichen Ver dienste an, betont den ungeheuren Wert der Sammlung, die bereits europäischen Ruf hat, die Mühe und Umsicht der Arbeit, die Ramsauer ne ben seinen Dienstgeschäften freiwillig auf sich genommen hat und für die er nur 1500 fl als Re muneration erhalten hat. Ja, er vertritt sogar die Meinung, daß Ramsauer nach dem bestehenden Fimdgesetz als Finder berechtigt gewesen wäre, die Hälfte des wahren Wertes der Fxmde für sich zu beanspruchen. Ein krasser Gegensatz zu Simony, welcher der Meinung war, ,,daß die ganze Collection vor Gott imd Rechts wegen eigentlich dem Staate gehört und Sie höchstens einen An spruch auf Entschädigung, und zwar nur auf ein Belobigungsdekret haben . . .'®."Am4. Februar Pauli, Die Gräber vom Salzberg. OÖLA Statthaltereiarchiv Präsldialia Sch. 86, 5907/1858. Schrämt, Salinenwesen, S. 132, und OÖLA Bibliothek Bro schüre 3486. " Brief Ramsauers vom 31. März 1860, Naturhist. Mus. Wien, Archiv Prähist. Abt. OÖLA SOA Jahresfaszikel 1863, Nr. 4912 u. 5897. " Brief Ramsauers vom 20. November 1866, Kunsthist. Mus. Wien, Archiv Antikensammlung. " Brief Ramsauers an Bergmarm vom 13. Jänner 1864, Na turhist. Mus. Wien, Archiv Prähist. Abt.; Brief Bergmann an Ramsauer vom 20. November 1866, Kunsthist. Mus. Wien, Archiv Antikensammlung; Parte Ramsauer OÖLA Partezettel-S. Lindner, Nr. 5843; Neues Häuser-Verzeichniß d. k. k. Landeshauptstadt Linz, Linz 1862. " Brief Bergmann an Fürst Auersperg vom 19. Jänner 1864, Kunsthist. Mus. Wien, Archiv Antikensammlung. ™ Kromer, Gräberfeld, S. 11, Brief Simony vom 17. Mai 1850.

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