OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 3/4

wie ein Sdiwein Briefträger, er kann keine Messe lesen und kennt den Donat (ein SdiuIIehrbudi der lateinisdien Grammatik) nidit®^." Obwohl drei Jahre später zwei venezianische Edelleute in einem Reisebericht dieses Urteil in etwa bestätig ten — dort heißt es „der Erz;bischof ist ungebil det"®® —, fällt es schwer, es für bare Münze zu nehmen. Wissen wir doch, daß Erzbischof Fried rich an der Wiener Universität studiert hatte und als Salzburger Domherr verschiedene diplomati sche Aufträge ausführte®'. Doch kehren wir zurück zur österreichischen Ge schichte unter Kaiser Friedrich III. Diese für die politische Geschichte Österreichs höchst bedeut same Epoche — denken wir nur an die sich ent wickelnde Macht der Landstände — fand auch historiographisch entsprechenden Niederschlag, und darin nehmen wiederum die Schaunberger einen festen Platz ein. Diesesmal sind es sogar positive Aussagen der Geschichtsquellen, die uns Angehörige des Hauses Schaunberg als aufrechte, barmherzige Menschen schildern. So berichtet etwa der württembergische Meistersinger und Dichter Michael Behaim in seinem „Buch von den Wienern" über Ereignisse anläßlich der Belage rung des Kaisers in der Wiener Burg im Jahre 1462«®. Als damals den Belagerten — darunter die kaiserliche Familie mit dem dreijährigen Kna ben Maximilian, dem späteren Kaiser — die Nah rungsmittel ausgingen, soll Graf Siegmund von Schaunberg, obwohl auf der Seite der Belagerer stehend, mit Zustimmung des Erzherzogs Al brecht VI., der die Truppen gegen seinen kaiser lichen Bruder befehligte, dem Kind Eier, Brei, Mehl und Milch in die Burg geschickt haben. Die Hilfssendung erreichte den Adressaten aber nicht, da Bauern, die vor dem Tor Wache hiel ten, die Speisen auf den Boden warfen und zer traten. Der Chronist überschrieb das betreffende Kapitel seines Werkes mit den Worten: „Wie man den iimgen hern dy speis zertrat" und kom mentierte das Geschehen mit dem Vers: „pfach! pfei! ain grasse schande/waz daz in allem lande«^." Siegmunds Bruder Wolfgang, ein Mann, der sich dem Kriegshandwerk verschrieben hatte imd der ebenfalls an der Belagerung des Kaisers beteiligt war, soll nach derseilben Geschichtsquelle einen frommen Priester vor der Todesstrafe gerettet haben. Dieser hatte es gewagt, in seiner Predigt von der Kanzel aus gegen den Aufstand gegen Kaiser Friedrich Stellung zu beziehen. Erzherzog Albrecht, der Bruder des Kaisers, wollte ihn des halb angeblich ertränken lassen, doch der Graf von Schaunberg nahm sich seiner an und brachte ihn sicher aus der Stadt«'. Unseren bunten Bilderbogen soll eine Geschichte aus der letzten Zeit des Geschlechtes der Schaun berger beschließen. Noch dazu eine Geschichte, die nicht die Politik oder den Krieg zum Inhalt hat, sondern in deren Mittelpunkt eine Dame steht — nämlich jene Gräfin Anna von Schaun berg, die 1530 Erasmus von Starhemberg hei ratete und damit den Rechtsanspruch der Starhemberger auf das schaunbergische Erbe begrün dete. Im Alter von fünfzehn Jahren zog das Fräu lein die Aufmerksamkeit des spanischen Dich ters Cristobal de Castillejo auf sich, der als Sekretär König Ferdinands I. am Wiener Hof lebte«®. Castillejo widmete nicht nur der Stadt Wien einen lyrischen Lobspruch, sondern auch der jungen Gräfin von Schaunberg mehrere Ge dichte und 1528 eine Übersetzung von Ovids Liebesgeschichte von Pyramus und Thisbe ins Spanische. Ob man daraus — in den Gedichten " „Ipse est episcopus sicut sus baiolus cartarum: nescit legere missam nec Donatum puerorum"; siehe Hans Wagner - Herbert Klein, Salzburgs Domherren von 1300 bis 1514 (Mitteilungen d. Gesellschaft f. Salz burger Landeskunde 92, 1952) 62, Anm. 3; Hans Widmann, Geschichte Salzburgs 2 (Allgemeine Staa tengeschichte 3/9/2, 1909) 341, Anm. 1, und Haider a. a. O. 13. Franz Martin, Von Sammlern und Sammlungen im alten Salzburg (Mitt. d. Ges. f. Salzburger Landes kunde 75,1935) 37. Wagner - Klein a. a. O. 62; Widmann a. a. O. 339 ff. Ober den Autor und sein Werk siehe Lhotsky, Quel lenkunde 365 ff. Michael Beheims Buch von den Wienern 1462—1465 (hg. V. Th. G. V. Karajan, 1843) S. 130; dazu Stüh, Geschichte 71 u. Regest Nr. 1022. Dieselbe Geschichte findet sich auch bei Gerard van Roo, Annales rerum belli domique ab Austriacis Habspurgicae gentis principibus . . . lib. 7 (Innsbruck 1592) 259 f, "^Beheim a. a. O. 268 f.; dazu Stüh, Geschichte 75 f. u. Regest Nr. 1025. •' Zum Folgenden siehe Wolf, Cristdbal de Castillejo's Lobspruch der Stadt Wien (Sitzungsberichte d. k. Aka demie d. Wissenschaften zu Wien, phil.-hist. Cl. 2, 1849) 292 ff.

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