sowohl die Bauern als auch die Geistlichen des schaunbergischen Herrschaftsbereiches zu spüren, darunter auch der Dekan des Stiftes Mattsee, Christian Gold, ein Passauer Bürgersohn, der eine Zeitlang Pfarrer von Lochen gewesen war^®. Er hatte nicht nur die Steuern und andere Ab gaben zu leisten, die die Schaunberger, die sich seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts aus eige nem Grafen nannten^^, forderten, sondern oben drein noch unter der zielbewußten Finanzpolitik des Grafen Ulrich in der 2. Hälfte des 14. Jahr hunderts zu leiden. Man hat diesen Grafen nicht zu Unrecht als einen der bedeutendsten Unter nehmer seiner Zeit bezeichnet^®. Seine Geld geschäfte mit den Herzogen von Österreich und Bayern und anderen braAten ihm auch entspre chenden politischen Einfluß, sein zielstrebiger und möglicherweise nicht immer völlig legaler Erwerb von Burgrechten trug ihm aber wahr scheinlich auch den Haß des schon genaimten Dekans Gold ein, der vermutlich auf diese Weise einer jährlichen Rentenzahlung von einem hal ben Pfund Pfennige verlustig ging^®. Offensicht lich rächte er sich daraufhin auf seine Weise, in dem er in einem auf seine Veranlassung angeleg ten Geschichtswerk, den sogenannten Mattseer Annalen, an dem Schaunberger kein gutes Haar ließ. Wir müssen uns daher fragen, ob die dort vor gebrachten Anschüldigungen und Vorwürfe völ lig erfunden sind, oder ob sie doch nicht so ganz aus der Luft gegriffen wurden. Daß hier ein mißliebiger, geifernder Chronist einen literari schen Schmutzkübel über den Grafen Ulrich ver gießt, erkennt man z. B. deutlich an der Behaup tung, die Frau des Grafen habe als Strafe Got tes für die Vergehen ihres Mannes ein „Mon strum" mit vier Beinen und einem Hrmdekopf geboren®®. Weniger klar sehen wir dagegen im Falle der anderen Aussagen und Anschuldigun gen des Dekans. So etwa, wenn es heißt, der Graf habe, als in seinem Pferdestall eine Seuche ausbrach, gesagt, er werde nie wie Jesus auf einem Esel reiten, sondern eher Bauern als Pferde benützen®L Daß der Schaunberger einen solchen Ausspruch tat, ist zwar wenig wahrscheinlich, es ist aber nicht auszuschließen, daß sein Verhältnis zu den bäuerlichen Untertanen nicht das aller beste war. Dazu würde auch die anscheinend übertriebene Schilderung des Grafen als Tyrarui und als Leuteschinder passen®®. Wie es sich in Wirklichkeit damit verhält, kön nen wir heute dank der verfassungsgeschichtli chen Forschungen von Othmar Hageneder eini germaßen abschätzen®®. Sie zeigen, daß die Schaunberger von ihren Untertanen keineswegs übermäßige Abgaben einhoben, daß aber zu die sen Abgaben noch imgemessene, fallweise „Steu ern" kamen, deren Ausmaß sich zwar nicht ab schätzen läßt, die aber doch mitunter den Unmut der Bevölkerung hervorgerufen haben dürften. Dazu kam — vergessen wir nicht, daß unser Autor dem Stift Mattsee angehörte —, daß die Schaunberger gegenüber den Geistlichen das so genannte Spolienrecht ausübten, das ist der An spruch auf den Nachlaß des Pfarrers etc.®^. Dies entspricht dem Streben der Grafen nach einer Art Kirchenhoheit über die Pfarren und Klöster ihres Gebietes. Bedenkt man, daß die Schaun berger über einen geschlossenen Gerichtsbezirk, über ein ziemlich geschlossenes und abgerunde tes Herrschaftsgebiet und über einen ebensol chen Kirchensprengel herrschten, so erscheint auch ein weiterer angeblicher Ausspruch des Gra fen Ulrich in einem anderen Licht: der Graf soll sich geäußert haben, er sei in seinem Territorium Papst, König, Bischof, Archidiakon und Dechant®®. Diese Worte, die im Mittelalter auch an- " Hans Spatzenegger, Zur 1200jährigen Geschichte des Stiftes Mattsee, in: Mattsee 777 — 1977. Festschrift zur 1200-Jahr-Feier des Stiftes Mattsee (1977) 23. Siegfried Haidev, Die Herren und Grafen von Schaunberg und ihr Territorium (Katalog d. Ausstellung „Die Schaunberger in Oberösterreich" in Eferding, 1978) 16. " Ernst Karl Winter, Rudolph IV. von Österreich 1 (Wie ner Soziologische Studien 2,1934) 235 f. " Othmar Hageneder, Über das Burgrecht in der Graf schaft Schaunberg (MOÖLA 8, 1964) 412 f. und ders., Beiträge 47. Annales Matseenses ad annum 1366 (ed. Wilhelm Wattenbach, Monumenta Germaniae Historica, SS 9, 1851) S. 833. A. a. O.: „ipse considerans ait: O Deus, si omnes equi moriuntur, nunquam asinam sicut tu equitarem, sed rusticos sicut equos urgentes equitabo". A. a. O.: „Fuit idem comes Ulricus de Schawenberch, qui tunc temporis reputabatur pro maximo tyranno...". Hageneder, Grafschaft 216 ff. " A. a. O. 229 ff. " Annales Matseenses a. a. O. 833.
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