Geschichten und Geschichte um die Grafen von Schaunberg Von Siegfried Haider Daß das Interesse an der Gesdiidite in weiten Kreisen der Bevölkerung wieder im Wadisen ist, bewies unter anderem audi der erfreuliche Besucherstrom zu der Sonderausstellung des Eferdinger Stadtmuseums „Die Schaunberger in Oberösterreich" im Schloß Starhemberg (5. Mai — 29. Oktober 1978). Daß darüber hinaus die Bewohner des ehemaligen „Schaunberger Landls" ver ständlicherweise eine besondere Beziehung zu „ihrer" schaunbergischen Geschichte haben, läßt sich an meh reren Gegebenheiten beobachten*. Nicht zuletzt auch im Bereich der Sage. Unter diesen Umständen dürfte es nicht uninteressant sein, einmal die Geschichte der Herren und späteren Grafen von Schaunberg vornehm lich an Hand jener Geschichtchen und Anekdoten zu skizzieren, in deren Mittelpunkt einzelne Angehörige des Geschlechtes stehen und von denen es eine ganze Reihe gibt. Bei dieser Gelegenheit soll auch gleich geprüft werden, was an diesen Geschichten wahr ist und was nicht. In diesem Sinne möge der Titel des vorliegen den Aufsatzes verstanden werden. Indem die „Ge schichten" der (wahren und tatsächlichen) „Geschichte" gegenübergestellt werden, soll gleichzeitig ein kleiner Beitrag zur historischen Kritik manchen gängigen Schaunberger-Bildes geleistet werden. Dieser Ziel setzung entspricht aber auch ein etwas weiterer Rahmen unseres Themas: nicht bloß von Anekdoten und „Histör chen" soll hier die Rede sein, auch auf manche Fehl meinung im Bereiche der älteren Geschichtsschreibung wird kurz einzugehen sein. Das beginnt bereits mit der Frage nadi der Her kunft des Geschlechtes und seinen verwandt schaftlichen Verbindungen, die bis heute nodi nicht völlig geklärt zu sein scheinen. Daß die Her ren von Schaunberg mit den bayerischen Julbachern (am Inn) identisch sind und die Herren von Julbach sich seit der 2. Hälfte des 12. Jahr hunderts „von Sdiaunberg" nannten, war schon der älteren landesgeschichtlichen Forschung be kannt'. Nicht immer aber werden die Schaunber ger säuberlich von den niederbayerischen Grafen von Schaumburg unterschieden, deren Geschlecht im 13. Jahrhundert erlosch und die über die Ehe Eberhards von Dornberg (t 1225) mit Sophie von Julbach mit den Schaunbergern in verwandt schaftliche Beziehungen traten^. Keine völlige Klarheit konnte bisher darüber er zielt werden, unter welchen Umständen die Julbacher ihren Herrschaftsbereich vom Inn in das Eferdinger Becken verlegten, die Burg Schaun berg errichteten und zu ihrem neuen Sitz erko ren. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte dafür der Peuerbacher Dechant Joseph Weiß bacher eine heute eher abenteuerlidh anmutende Erklärimg parat®: In den kriegerisdien Ausein andersetzungen des sogenannten Investiturstrei tes im 11. Jahrhundert habe Kaiser Heinridi IV. nach einem Feldzug gegen den österreichischen Markgrafen einen Raffoldo oder Rapoto von Jul bach, „einen jungen und feurigen Mann, welcher dem Kaiser die vortrefflichsten Proben seines Heldenmuthes ... bewiesen hatte", zum Reichs freiherrn erhoben und ihm „fast alle Herrschaf ten" der Hochstifte Passau und Würzburg erteilt, „welche vom Kesselbache an bis an den Inn hinab und im Attergau lagen". „So sah man" — laut Weißbacher — „eine neue Reichsherrschaft mitten in unserem Vaterlande entstehen, welche man Schaunburgerländchen nannte." Diese Ansicht, Raffolt von „Scoemperc" sei der Stammvater der Herren von Schaunberg, hat Weißbacher nicht als erster vertreten. Sie geht in ähnlicher Ausformung zurück bis auf den hvunandstischen Gelehrten Wolfgang Lazius im 16. Jahrhundert'. Widerlegt hat sie jedenfalls bereits Jodok Stülz, der um die oberösterreichi sche Landesgeschichte hochverdiente St. Florianer Chorherr, im Jahre 1862, indem er unter ande rem wahrscheinlich machte, daß dieser Raffolt kein Adeliger war, sondern einem bayerischen Dienstmarmengeschlecht angehört haben * Bei dem vorliegenden Aufsatz handelt es sich um die überarbeitete, erweiterte und mit Anmerkungen ver sehene Fassung eines Vortrages, den der Verfasser am 14. Juni 1978 in Eferding gehalten hat. ' Jodok Stülz, Zur Geschichte der Herren und Grafen von Schaunberg (Denkschriften d. phil.-hist. Cl. d. kaiserl. Akademie d. Wissenschaften in Wien 12, 1862) 3 ff.; Julius Strnadt, Peuerbach. Ein rechts-historischer Versuch (27. Bericht über das Museum Franoisco-Carolinum, 1868) 198 ff. Die neueste Darstel lung der frühen Verwandtschaftsverhältnisse bietet Franz Tyroller, Julbach — Schaunberg, in: Wilhelm Wegener, Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte (1962—1969) 345 ff., mit Tafel 30. ® Siehe Tyroller a. a. O. 283 ff. mit Tafel 21A. Vgl. dazu etwa Salzburger Urkundenbuch 1 (ed. Willibald Hauthaler, 1910) Nr. 163, S. 335 f. tmd Register S. 1142. ' Joseph Weißbacher, Kurze Geschichte des Erzherzog thum Oesterreichs ob der Enns (1820) 60 f. * Wolfgang Lazius, Redpublicae Romanae in exteris provinciis bello acquisitis constitutae commentariorum libri duodecim . . . (Frankfurt/Main 1598) lib. 12, cap. IV, S. 1072; siehe dazu die Topographie des Erz herzogthums Oesterreich oder Darstellung der Ent stehung der Städte ..., Das Decanat Peyerbach, 3. Abt. Bd. 4 (1839) 265 f. u. 267.
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