OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 3/4

auf neunzig Jahre erteilt. Man schrieb einen so fortigen Baubeginn, einen ununterbrochenen Be trieb durch den Konzessionär und eine Fertig stellung innerhalb von zwei Jahren vor. Sodann konnte am 2. Juli 1888 die neue Aktien gesellschaft als „Steyrtalbahn-Gesellschaft" ge gründet werden („constituierende Versamm lung"). Die Eintragung, und damit die volle Rechtswirk samkeit, ist mit 19. Juli desselben Jahres datiert. Der Verwaltungsrat setzte sich wie folgt zu sammen; Präsident; Josef Graf Lemberg Vizepräsident: Dr. Josef Hochhauser, Landtagsabgeord neter und Vizepräsident der Waffengesellschaft Weitere Mitglieder (Verwaltungsräte): Johann Berger, Bürgermeister von Steyr und Verwaltungsrat der Waffen fabrik, Leopold Putz, Vizebürgermeister von Steyr und Maschinennägelfabrikant, Dr. Karl Harant, Obmann des Interessentenausschusses, Fritz Hähnel, Direktor Karl Holub". Die meisten Aktien besaß (natürlich) die Waffen fabrik (24,1 Prozent), gefolgt von der Stadt Steyr (15,6 Prozent), dem Land Oberösterreich (resp. Erzherzogtum ob der Enns) und der Steyrer Sparkasse (3,8 Prozent). Nun stand dem Baubeginn nichts mehr im Wege. Der erste Spatenstich wurde am 22. August 1888 auf offenem Felde zwischen Steyr und Garsten (Neulust) getan. Den Bau führte die Firma Dunz-Mayr^® aus, die Oberaufsicht hatte selbstredend Ritter von Wenusch. Am 19. August, also nach einem knappen Jahr, konnte der erste Zug die 19,5 km lange Strecke von Garsten nach Grünburg befahren. 75 Minu ten dauerte die Reise, an der zahlreiche Ehren gäste teilnahmen. Die „mit dem österreichischen Wappen, mit Fahnen und Kränzen schön ge schmückte Lokomotive ,Sierning' zog den aus sechs Waggons bestehenden Sonderzug vom Bahnhof Steyrdorf nach Garsten. Dort erwartete man die mit der ,Staatsbahn' aus Steyr kommen den Ehrengäste, an deren Spitze den Statthalter seiner Majestät Graf Merveldt, Bischof Franz Maria Doppelbauer und Landeshauptmann Abt Leonhard Achleuthner. Nach erfolgter Begrüßung und Vorstellung erfolgte.. . mn 12 Uhr 20 Mi nuten die Eröffnungsfahrt auf der Steyrtalbahn, deren schöne Anlage bei Garsten und in dem prächtigen Thale daselbst allgemeine Bewunde rung erregte^®." Musikkapellen, jubelnde Menschen, Honoratio ren, Geistlichkeit säumten die Strecke. Eine be sondere Demonstration gab es in Letten: „Fest lich geschmückt waren alle Fabriksgebäude, wäh rend zu beiden Seiten des Geleises längs der aus gedehnten Anlagen die nahezu 1500 Arbeiter im Arbeitsgewande die Mützen schwangen und mit ihren Hochrufen die Lüfte erzittern machten. In demselben Augenblicke, als der Eröffnungszug beim ersten Werke einfuhr, erhob sich eine dichte Rauchwolke, aus mehr als 100 vierfach geladenen Gewehrläufen krachte eine Salve, xmd ein Dampfrohr, welches über die Gebäude hinaus ragte, gab, gleich dem Nebelhorne, einen lang gezogenen, andauernd schmetternden Ton von sich^^." Die Festlichkeiten fanden in Grünburg bzw. Steinbach statt. „Unter Vorantritt der Bür gergarde von Steinbach ging es hierauf im fest lichen Zuge in Nußbaumers schön gelegenen Gasthof, wo im Gartenlocale während der Stunde von 2 bis 3 Uhr ein opulentes Festmahl serviert wurde, das der Nußbaumer'schen Küche sehr zum Lob gereichte^®." In zahlreichen Festreden wurde das Ereignis ge rühmt. Der fahrplanmäßige Betrieb wurde am nächsten Tage aufgenommen. Die Textbilder 1 und 2 zeigen den ersten und den derzeit gültigen Fahrplan für die Steyrtal bahn. Vgl. Asdiauer, S. 84: „Die obenerwähnte Konzession war die erste, die in Österreich auf Grund des neuen, am 23, Juni 1887 in Wirksamkeit getretenen Lokal bahngesetzes vom 17. Juni 1887 erteilt wurde; sie ist audi insoferne bedeutungsvoll, als sie für die erste mit Dampf betriebene, dem allgemeinen Verkehr dienende Schmalspurbahn Österreichs gewährt wurde, als Sinnbild des im Einklänge mit dem Regienmgsprogramm von 1885 stehenden Bruches mit dem star ren Festhalten an der Normalspur." (Wie schon er wähnt, konnte sich die Schmalspur erst nach dem „Einsatz" in Bosnien durchsetzen.) " Direktor Karl Holub war der einstige Werkmeister Josef Werndls, entscheidend an der Entwicklung des Armeegewehres (Modell 1867) beteiligt, und dessen engster Mitarbeiter. Reidil, a. a. O., S. 8. Steyrer Zeitung vom 22. 8. 1889. Siehe Anm. 13. " Siehe Anm. 13.

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