OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 3/4

Die Steyrtalbahn — 90 Jahre Romantik Von Helmut Grassner Mit 6 Abbildungen und 3 Textbildern Es ist kaum zu glauben: Neunzig Jahre ist sie erst alt, unsere Steyrtalbahn — und sie ist sdion die letzte Schmalspurbahnlinie Europas, die nur mehr mit Dampflokomotiven betrieben wird. Dabei war sie die erste Bahn mit 760 mm Spur weite auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich überhaupt. Blättern wir im Buch der Geschichte zurück: 1888 wurde die Konzession zum „Bau imd Betrieb einer schmalspurigen Lo kalbahn von Steyr (Garsten) durch das Steyrtal nach Untergrünburg mit allfälliger Fortsetzung bis Klaus"^ erteilt. Schon ein Jahr später war die Strecke fertig (also der Grund für das heurige Jubiläum). Es währte neuerlich ein Jahr, bis Agonitz zur Endstation wurde (und es bis 1909 blieb). 1891 schließlich konnte die Strecke Pergern—Sierning—Bad Hall dem Verkehr über geben werden. Für die damalige Zeit ein geradezu atemberau bendes Tempo, wenn auch nicht gerade sensa tionell, denken wir an den Bau der Semmeringbahn. Was beweg wohl den Gemeinderat von Steyr, am 28. September 1877 den folgenden Beschluß zu fassen? „Zur Erbauung einer das Steyrtal durchziehen den Schmalspur-Bahn, deren Zustandekommen sowohl im Interesse des Fremdenverkehrs als auch im Interesse der im Steyrthäle heimischen, bedeutenden Industrie höchst wünschenswert er scheint — den Betrag von 200.000 fl. aus Ge meindemitteln zu widmen und zu diesem Zwecke auch in Steyr und in den an der Bahntrasse ge legenen Ortschaften eine Subscription einzuleiten"2. 1868 war das Teilstück der sogenannten Kronprinz-Rudolf-Bahn St. Valentin—Steyr eröffnet worden. Damit war eine wichtige Verkehrsver bindung der alten Eisenstadt zum Anschluß an die Kaiserin-Elisabeth-Westbahn vollendet. Schon ein Jahr später (1869) konnten die Züge der heutigen Ennstalbahn Steyr in südlicher Rich tung verlassen. 1888 wurde schließlich auch ein zweites Tal durch den Eisenbahnverkehr erschlossen, nämlich das Kremstal. Die Kremstalbahn reichte von Linz bis Klaus-Steyrling. Damit entstand für das Steyrtal die Gefahr, wirt schaftlich abgeschnürt zu werden, waren doch Enns- und Kremstal wirtschaftlich ähnlich struk turiert wie das landschaftlich so schöne und ro mantische Tal des Steyrflusses. Die Wirtschaftstreibenden des Tales, die Eisen gewerker, die „heute [1887] mit knapper Noth ihr Leben fristen, und zwar insbesondere des halb, weil die Frachtspesen für die Zufuhr des Rohmaterials und die Ausfuhr der fertigen Waare den kleinen Erzeugungsgewinn völlig ver schlingen"^, die Waldbesitzer, die Säge werksunternehmer und die Landwirte mußten mit Recht befürchten, der Konkurrenz jener Un ternehmer zu erliegen, die bereits die Vorteile der Güterbeförderung mit der Eisenbahn genießen konnten. Sicherlich hatte man aber auch den Fremdenverkehr, der durch die Eisenbahn sozu sagen „ins Rollen" kam, im Auge. Auch wa ren die Stadtväter von Steyr höchst daran inter essiert, das Hinterland zu erschließen. Darum waren es auch der Steyrer Landtagsabgeordnete Dr. Josef Hochhauser imd der Bauingenieur Jo sef Ritter von Wenusch, der bereits Mitkonzes sionär der Kremstalbahn war, die einen Aktions ausschuß gründeten, der für die Aufbringung der nötigen Mittel sorgen sollte. Zunächst entschloß man sich, die Steyrtalbahn als Schmalspurbahn mit 760 mm Spurweite zu errichten. Gegen den Bau einer Normalspurbahn sprachen wohl die Terrainschwierigkeiten und die höheren Kosten, da „eine .. . schmalspurige Localbahn wol ohne Optimismus eine anständige Verzinsung des Anlage-Capitals"^ erwarten ließ. In diesem Zusammenhang ist Ritter von Wenusch zu erwähnen, der die Normalspur (1,435 m) als „das Resultat des plumpen Zu falls"® bezeichnet hatte. Er galt als entschiedener Vorkämpfer für die kleinere Spurweite. Trotz der Milchmädchenrechnung „je größer die ' Franz Asdiauer, Oberösterreidis Eisenbahnen. Wels 1964, S. 84. ^ Josef Reichl, Führer auf der Steyrtalbahn und im Ennsthale, Steyr o. J., S. 7. ■'Wilhelm Tausche, Die Lokomotiven der Steyrtalbahn. Stuttgart 1974, S. 11. ■" Tausche, a. a. O., S. 10. ' Josef Ritter von Wenusch, Die Schmalspurbahnen und ihre volkswirtsdiaftlidie Bedeutung. Vortrag. Zeit schrift des öst. Ingenieur- und Architektenvereines 1904, S. 4.

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