OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 3/4

Bevölkerungsentwicklung und Siedlungsstruktur Eine Typisierung der Bevölkerungsentwicklung von 1869 bis 1971 im politischen Bezirk Kirchdorf an derKrems^ Von Peter Weichhart Mit 14 Abbildungen im Text und im Anhang 1. Einleitung — 2. Untersuchungsmethodik — 3. Das Untersuchungsgebiet — 4. Die siedlungsdifferenzierte Bevölkerungsentwicklung nach Volkszählungsperioden — 5. Die Determinanten der Bevölkerungsentwicklung seit 1951 — 6. Eine Typisierung der siedlungsspezifischen Bevölkerungsentwicklung — 7. Zusammenfassung — 8. Literaturverzeichnis. 1. Einleitung Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsent wicklung zählen zu den wichtigsten kulturräum lichen Merkmalen eines Gebietes und bilden eine entscheidende Basis für raumplanerische Über legungen. Für die Erklärung gegenwärtiger Be völkerungsstrukturen und als Grundlage für die Abschätzung von Entwicklungstendenzen ist die Kenntnis der Entwicklungsdynamik der Bevölke rung von grundlegender Bedeutung. Darstellung und Interpretation von Bevölke rungsstrukturen sind in hohem Maße abhängig von der Wahl der räumlichen Bezugsbasis. Die kleinste und sozusagen „natürliche" räumliche Bezugsbasis der Bevölkerung sind menschliche Wohnstätten. Menschliche Wohnstätten und Ge fügekomplexe menschlicher Wohnstätten werden in der Umgangssprache wie in den Humanwis senschaften als Siedlungen bezeichnet. Bevölke rungszählungen, die in der österreichischen amt lichen Statistik seit der Volkszählung von 1934 die Wohnbevölkerung erfassen, also die in der betreffenden territorialen Einheit ständig wohn haften und am Stichtag der Zählung anwesenden Personen zuzüglich der vorübergehend abwesen den Personen, beziehen sich damit strenggenom men immer auf die Raumeinheit „Siedlung". In den Veröffentlichungen der amtlichen Statistik werden Volkszählungsergebnisse aber in beinahe allen Fällen für politische Verwaltungseinheiten, also für Gemeinden, Bezirke oder Länder, aus gewiesen. Die kleinste, in der amtlichen Statistik faßbare Raumeinheit ist damit meist die politi sche Gemeinde. Jede großräumige Untersuchung der Bevölke rungsstruktur ist aus leicht einzusehenden ar beitstechnischen Gründen auf die Daten der amt lichen Statistik angewiesen und muß deren Er hebungskriterien und Definitionen übernehmen. Die Möglichkeiten eigener Erhebungen oder eige ner Auswertungen von Haushaltsbögen sind sehr begrenzt. Dadurch sind nicht nur die Zeitpunkte fixiert, für die exakte Bevölkerungsdaten vorlie gen, sondern auch die räumlichen Bezugseinhei ten der Datenaggregation. Innerhalb der Grenzen einer Gemeinde liegen oft verschiedene, räumlich voneinander getrennte Siedlungen unterschiedlicher Größe und unter schiedlicher Struktur. Andererseits kann eine ein zelne Siedlung an mehreren Gemeinden Anteil haben. Häufig ist dies bei größeren Mittelpunkt siedlungen der Fall, die sich im Laufe ihrer Ent wicklung und räumlichen Ausdehnung über das eigene Gemeindegebiet hinaus auf das Gebiet von Nachbargemeinden ausgeweitet haben. Durch eine gemeindeweise Darstellung von Be völkerungsdaten müssen daher kleinräumigere Unterschiede und Sonderentwicklungen der Be völkerungsstruktur verwischt werden, die sich aus der Unterschiedlichkeit der Siedlungsstruktur innerhalb einer Gemeinde ergeben. Jede gemeindeweise Darstellung der Bevölkerungsstruktur oder der Bevölkerungsentwicklung wird also siedlungsspezifische Unterschiede von Bevölke rungsdaten nivellieren und ausgleichen. Mit der Veröffentlichung von Ortsrepertorien, Gemeindelexika und Ortsverzeichnissen durch das Statistische Zentralamt bzw. seine Vorgän ger bietet die amtliche Statistik Österreichs die einzige Möglichkeit, das Auflösungsniveau von Gemeinden zu unterschreiten und regional feiner differenzierte Analysen der Bevölkerungsstruk tur zu erstellen. Die Verwendung von Daten aus den Ortsverzeichnissen ermöglicht es, wenig stens annäherungsweise die Bevölkerungszahlen von Siedlungen zu rekonstruieren. Da Ortsver zeichnisse seit der ersten nach modernen Ge sichtspunkten durchgeführten Erhebung vom 31. Dezember 1869 für die meisten der folgen den Volkszählimgstermine vorliegen, kann aus ' Die vorliegenden Überlegungen sind ein Nebenergeb nis von Untersuchungen, die im Rahmen eines vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich unterstützten Forschungsprojektes mit dem Titel „Regionalgeographische Untersuchungen in Oberösterreich unter dem Aspekt der ökogeographie" (Nr. 1667 und 2371) durchgeführt wurden. Das Projekt steht unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Riedl, Geographisches Institut der Universität Salzburg. Dem Forschungsfonds wird für seine großzügige För derung herzlichst gedankt.

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