Besdiäftigtmg mit dem jeweiligen Gegenstand anregend, in den Behauptungen mandimal die Diskussion heraus fordernd, immer aber dazu einladend, auf das sich stets ändernde „Leben" der Objekte der Volkskultur zu achten und sie von verschiedenen Standpunkten zu be trachten. Das gut ausgestattete Buch kann in alle Bibliotheken eingestellt werden, denn jeder wird etwas darin finden, was ihn anspricht. Katharina Dobler Otto Uhlig: Die Schwabenkinder aus Tirol und Vorarl berg (= Tiroler Wirtschaftsstudien, 34. Folge). Inns bruck 1978 (Universitätsverlag Wagner), 307 Seiten mit Literatur-, Namens- und Ortsverzeichnis, 4 Kartenskiz zen, 53 Schwarzweißbildern. S 340.—. Die „Schwabenkinder" aus Tirol und Vorarlberg stellen ein Phänomen dar, welches sich nur aus den wirtschaft lichen und sozialen Verhältnissen des westlichen Teiles Österreichs und des angrenzenden Graubünden erklären läßt. Die jahrhundertelang geübte Realteilung führte zu einer Besitzzersplitterung und ließ landwirtschaftliche Kleinstbetriebe entstehen, die nicht mehr lebensfähig waren. Mit den heutigen Verhältnissen vergleichbare Neben- und Zuerwerbe bestanden nicht in ausreichen dem Maße, so daß Kinder aus den vielköpfigen Familien des Tiroler Oberlandes und des benachbarten aleman nischen Raumes alljährlich nach Schwaben auswanderten und sich in den landwirtschaftlich reichen Gebieten nörd lich und nordöstlich des Bodensees verdingten. Daß Kinder auf regelrechten Märkten angepriesen cmd „verkauft" und für teils schwere Arbeit angeworben wurden, klingt für ein Jahrhundert, in welchem welt weit ein „Jahr des Kindes" begangen wird, als unglaub lich. Doch waren der lange Fußmarsch, die Schutzlosigkedt auf dem Markt und bei der Arbeit, die lange Ent fernung von der Familie, der Ausfall des Schulbesuches trotz Schulpflicht und nicht zuletzt harte Arbeit für geringen Lohn Realität bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Der Autor beschreibt sehr ausführlich die Kinderwande rung, den Kindermarkt und die Kinderarbeit und greift neben einem eingehenden Quellenstudium vor allem auf die Erlebnisberichte der heute noch lebenden „Schwa benkinder" zurück. Die Ergebnisse seiner Befragungen verknüpft Otto Uhlig mit Ausschnitten aus reichem Archivmaterial, Berichten in Zeitungen und Zeitschriften aus Deutschland, Österreich und den Vereinigten Staa ten, wo sich Menschengruppen zum Schütze der betrof fenen Kinder stark machten. Besonders wichtig erscheint aber der Bezug, der zur deutschen und österreichischen Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte hergestellt wird, denn dadurch gewinnt das Phänomen der „Schwa benkinder" mit seiner alten bis in unsere Zeit reichen den Tradition, die beinahe schon in Vergessenheit ge raten ist, eine neue Aktualität. Eine Aktualität durch den Bezug auf das Fremdarbeiterwesen unserer Tage. Helmut Krajicek Gertrud Cerhartl: Der Dom zu Wiener Neustadt 1279 bis 1979. Graz 1979 (Hermann Böhlaus Nachf.), 54 Sei ten mit 14 Textabb., 464 Bildtafeln (davon 16 in Farbe). Ln., S 248.—. Vor 700 Jahren wurde die Pfarrkirche von Wiener Neu stadt, jener erst Ende des 12. Jhts. neu gegründeten Stadt im Süden von Wien, der Muttergottes und dem hl. Rupert geweiht. Letzteres sicher deshalb, weil dieses Gebiet damals an der Grenze des Erzbistums Salzburg zur Diözese Passau lag (besitzanzeigendes Patrozinium!). 1469 hatte Kaiser Friedrich III. (gest. 1493 in Linz) in Rom erreicht, daß das Gebiet um Wiener Neustadt ein eigenes Bistum und die Pfarrkirche zum Dom wurde. 1783 wurde der Sitz des stark erweiterten Bistums nach St. Pölten verlegt. Nach dem großen Brand von 1834 und schweren Schäden durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg erfolgte 1974—78 eine umfassende Renovie rung der Domkirche. Darüber und über manch andere interessante Begeben heiten berichtet ausgezeichnet die vorliegende Arbeit, die durch die vielen hervorragenden Abbildungen auch die Schönheit des wiederhergestellten Domes bestens zur Geltung bringt. Für die Qualität der Bilder sorgte vor allem Elfriede Mejdtar vom Bundesdenkmalamt. Den ohne nebensählichen Ballast geschriebenen Text be sorgte die Direktorin des Wiener Neustädter Stadt archivs. — Man würde sich, alles in allem gesehen, mehr derartige Publikationen wünschen. Ein Teil des Wiener Neustädter Doms ist auch einer der beiden Schauplätze der nö. Landesausstellung „Die Zeit der frühen Habsburger — Dome und Klöster 1279 bis 1379", die eine für die Entwicklung Österreichs wesentliche Geschichtsepoche vorführt. D. Assmann Diercke Weltatlas. Kurzausgabe. Braunschweig 1979 (Westermann-Verlag), 173 Kartenseiten und 23 Seiten Register, DIN A4-Format. DM 28,80. Es ist sicher nicht uninteressant zu sehen, wie unser relativ kleines Land in einem Weltatlas aufscheint. Der neue „Diercke" bietet sich hiefür bestens an, hat er doch schon eine altbewährte Tradition (seit 1883) auf zuweisen, und für eine einwandfreie drucktechnische Reproduktion bürgt der angesehene Verlag. Die etwas zu intensive Farbskala der einzelnen Höhenstufen er schwert allerdings die Lesbarkeit der topographischen Namen. Die vorliegende Ausgabe^ als „Kurzausgabe deklariert, ist keineswegs vom Inhalt her als „kurz zu bezeichnen, dafür umso mehr als „bündig". Sie ist zwar vor allem für den Schulgebrauch (in der BRD) konzipiert, dank der fachgerechten und auf den neuesten Stand gebrach ten Informationen aber auch ganz allgemein ein prak tischer, nützlicher und preiswerter Behelf für den Haus gebrauch. Waren Atlanten früherer Zeit mehr oder minder eine Sammlung rein topographischer Kartenblätter, so wird in zunehmendem Maße den thematischen Karten beson dere Aufmerksamkeit geschenkt. Ausländische Agrarstrukturen — um eines von vielen Beispielen zu nennen — werden kartographisch sehr gut gegenübergestellt.
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