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Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in OberSsterreidi; Leiter: W. Hofrat Dr. Aldemar Sdiiffkom. 33. Jahrgang (1979) Heft 3/4 INHALT Gerald Egger : Herbergsuchen — Brauchtumsaufnahme im Unteren Mühlviertel 137 Helmut Z ö p f 1 : Das Wilheringer Weihnachtsspiel .... 145 Martin Z a u n e r — Wilhelm Gotting : Schmiedleithen — Geschichte und Beschreibung eines Haufenhofes im Stodertal 149 Peter Weichhart: Bevölkerungsentwicklung und Sied lungsstruktur — Eine Typisierung der Bevölkerungsent wicklung von 1869 bis 1971 im politischen Bezirk Kirch dorf an der Krems 167 Helmut Grassner : Die Steyrtalbahn — 90 Jahre Romantik . 192 Siegfried Haider: Geschichten und Geschichte um die Grafen von Schaunberg 205 Karl W i m m e r : Die Einrichtung der österreichischen Zollver waltung im Innviertel 1779 216 Univ.-Prof. Dr. Adolf Leidlmair — 60 Jahre (Wilfried Keller) . 225 Vom „Wunderloch" in Mölln (Franz Kirchner) 226 Replik zum Beitrag „Zur Deutung der Roten Kreuze" (Ernst Pietz) 227 Wappengeschmückte Lebzeltenmodel aus Oberösterreich in Sopron/Ödenburg (Ernö Tompos) 229 Ein alter Hausspruch (Alois Topitz) 229 Aus der Vereinschronik der „Innviertier z' Linz" 230 Schrifttum 232
Anschriften der Mitarbeiter Prof. Dr. Gerald Egger, Deublerstraße 19, 4020 Linz. Techn. Rat Dipl.-Ing. Ernst Pietz, Fritz-Lach-Weg 7, 4020 Linz. Ing. Wilhelm Gotting, Wiss. Konsulent, Berggasse 10, 4020 Linz. Helmut Grassner, Am Rosenhaag 19/5, 4600 Wels. Univ.-Doz. Dr. Siegfried Haider, Oö. Landesardiiv, Anzengruberstraße 19, 4020 Linz. Univ.-Ass. Dr. Wilfried Keller, Institut für Landeskunde der Universität Innsbruck, Inn rain 52, 6020 Innsbruck. SR. Franz Kirchner, Konsulent, Prof.-Dr.-Rabuse-Siedlung 161, 4591 Mölln. Dr. Ernö Tompos, Täncsics Mihäly 23, H-9400 Sopron. Dr. Alois Topitz, Leystraße 19/18/27,1200 Wien. Univ.-Ass. Dr. Peter Weichhart, Geographisches Institut der Universität München, Luisen straße 37, D-8 München. W. Hofrat Dr. Karl Wimmer, Landgutstraße 25, 4020 Linz. OStR. Prof. Dr. Martin Zauner, Aubergstraße 26, 4040 Linz. Dr. Helmut Zöpfl, Südtiroler Straße 2, 4600 Wels. Buchbesprechungen; Prof. Dr. Katharina Dobler, Stellv. Leiter d. Förderungsstelle d. Bundes f. Erwachsenenbildung f. Oö., Landstraße 31, 4020 Linz. Dr. Helmut Krajicek, Förderungsstelle d. Bundes f. Eb. f. Oö., Hafferlstraße 7, 4020 Linz. Prof. Dr. Harry Slapnicka, Leiter d. Abt. Zeitgeschichte u. Dokumentation am Oö. Landes archiv, Anzengruberstraße 19, 4020 Linz. Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexemplare etc.) und Bestellungen sind zu richten an den Herausgeber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oö., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskulturzentrum Ursulinenhof), Tel. (0 73 2) 71 5 17 u. 715 18. Redaktion : Wiss. ORat Dr. Dietmar Assmann, Anschrift siehe Herausgeber. Verlag: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Druck : Oberösterreichischer Landesverlag, 4020 Linz, Landstraße 41 Klischees: Fa. Krammer, 4020 Linz, Klammstraße 3. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten. ISBN 3-85393-016-6
Herbergsuchen Brauchtumsaufnahme im Unteren Mühlviertel Von Gerald E g g e r Mit 5 Abbildungen, 1 Textbild und 1 Kartenskizze Die Gedanken, Vorstellungen und Bräuche in der Adventzeit beziehen sich sowohl auf das heilsge schichtliche Ereignis des Kirchenjahres als auch auf unser zeitliches Dasein und unsere menschlidien Schicksale. Der ursprüngliche Sinn des Brauches der Herbergsuche*^ liegt im Ausdrudc religiösen Empfin dens in der vorweihnachtlichen Zeit und im Mit erleben des Evangeliumsberichtes. Dieses menschliche Mitfühlen gilt vor allem Maria, der gesegneten Gottesmutter in der Zeit der Erwar tung. Für das göttliche Kind suchen Josef rmd Maria Herberge. Erbarmungslose, hartherzige Menschen verweigern ihnen Obdach und ver schließen die Tür. Dadurch wird bis in unsere Zeit herauf tiefes Mitleid erweckt, und jeder Gläubige wünscht sehnlichst, das heilige Paar bei sich aufzunehmen und zusätzlich freiwillige Sühneopfer im Alltags- und Berufsleben in Form von Entbehrungen zu bringen und Taten der Nächstenliebe — insbesondere an Notleidenden — zu setzen. Somit soll diesen heiligen Personen im Geiste zuteil werden, was ihnen im Leben nicht gegeben wurde, und so trägt eine Gruppe von neun Per sonen ein Bild der Gottesmutter, der Heiligen Familie, in den neun Tagen vor Weihnachten von Haus zu Haus, von Familie zu Familie, wo es über eine Nacht und einen Tag beherbergt wird. Damit pflegt dieser Brauch im weiteren Sinne ein auch wirklichkeitsnahes, praktisches Christentum, Gerade Kriegs- imd Nachkriegs zeiten zeigen immer wieder Not und Elend Hei matloser und ObdacRsuchender und lassen so die Härte und Bitterkeit von Bethlehem neu auf leben. Dies führte auch menschlich zum Entste hen und Wiederbeleben des Brauchtums in der Zeit des Zweiten Weltkrieges und der Nach kriegsjahre bis in unsere unmittelbare Gegen wart herauf (siehe hiezu Verbreitungskarte!). Da es kaum jemals eine Zeit geben wird, die über das allgemein menschliche Leid hinauswach sen könnte, wird auch diese Volksandacht des Herbergsuchens als christlicher Brauch in seiner Symbolik immer gegenwartsnah bleiben. Auch wird die Einkehr Mariens als Glück und Segen für Haus und Hof empfunden, wenngleich sich dies im Untersuchimgsgebiet brauchtümlich nicht ausdrückt und es nicht üblich ist, daß der Beherberger die Überbringer des Bildnisses zu Ehren Mariens bewirtet^. Der Kultgegenstand ist in den meisten Fällen ein Farbdruck-Bild, das die Hl. Familie darstellt, manchmal zeigt das Bild auch die Muttergottes allein'^. Südlich der Riedmarkstraße konnte ich auch Marienstatuen (z. B. Lourdes-Madonna), sogenannte „Grotten", feststellen, die aber in der eigenen Stube aufgestellt bleiben und nur im Kreise der Familie verehrt werden (siehe 3. Form, Abb, 4). Träger und Seele dieses Brauches sind einige treue, gläubige und demütige Männer, Frauen und auch die Jugend, die das Herbergsuchen mit innerer Anteilnahme und Hingabe betreiben. In größeren Orten, in Orts- und Marktpfarreien, geht die Anregung zumeist vom Pfarrhof aus, und in den meisten Fällen sind es hier ältere Frauen, Frauen der Katholischen Aktion, Pfar rerköchin, Mesnerleute und seit 1956 auch die Katholische Landjugend, die diesen Brauch pfle gen, zu erhalten und zu verbreiten bemüht sind. Der INeg des Herbergsuchens nimmt in den Pfarrorten zu Beginn der Vorweihnachtsnovene am 15. Dezember beim Aveläuten in der Regel von der Kirche seinen Ausgang. Die Reihenfolge, in welcher das Bild von Haus zu Haus bzw. Hof zu Hof getragen wird, ist zumeist traditionsge- ' Auch „Frautragen" (Salzburg), „Joseftragen" (Steier mark), „Bildtragen" (Kärnten). Beleg für Oberösterreich in: Heimatgaue, 9. Jg., Linz 1928, S. 85 f., E. Burgstaller, Inst. f. Landeskunde, Rundfrage betr. Oö. Ders.: Das Herbergsuchen. Heimatland, Linz, Dez. 1955, S. 90 f. ® Wie dies z. B. in Weyer an der Enns und Gaflenz der Fall ist. Mit dem Frautragen (Salzburg) ist auch der Glaube an ein gesegnetes Jahr und eine gute Ernte verbunden (R. Wolfram, Das Frautragen, 3. Be richt von der Brauchtumsaufnahme in Salzburg). Vorchristliche Formen: Nerthusumfahrt, Tacitus (Ger mania, cap. 40). Ebenso winterliche Umfahrt des Freysbildes in Schweden als Vorbedeutung für ein fruchtbares Jahr. ' In Salzburg (Gasteinertal) Marienbild als virgo gravida mit dem Christusmonogramm IHS auf Ma riens Leib geschrieben (n, Ang. v. K. Adrian und R. Wolfram i. ÖVA, 4. Lief.). Derartige Bilddarstellungen auch in Oberösterreich, so im Linzer Schloßmuseum und im Heimatmuseum in Obernberg am Inn.
maß festgelegt oder wird — wie in der Gegend von Windhaag bei Freistadt — durch Auslosen bzw. Nummernziehen bestimmt. In der rein bäuerlichen Herbergsgemeinschaft geht man zu Beginn der Novene von der Dorf kapelle, wo keine besteht, vom Bauernhaus — woher das Herbergsbild stammt — aus. Die Rei henfolge ergibt sich hier vereinbarungsgemäß und naturgemäß aus dem festen und konstanten Gemeinschaftsgefüge überhaupt und bedarf zu meist keiner Losentscheidung. Der neunte beher bergt das Bild vom Vortag des Hl. Abends bis Maria Lichtmeß bei brermendem öllicht und gibt es sodann entweder dem Bildeigentümer oder in die Kapelle zurück, oder es behält das Bild der jeweils letzte bis zum nächsten Mal. Im kom menden Advent nimmt es zumeist von der Ka pelle, aber auch vom Bauernhaus (z. B. Wind haag) wieder seinen Ausgang. Die letzten, die das Bild im Vorjahr hatten, sind dann im kom menden Jahr die ersten. Drei grundsätzliche Gestaltungsformen zeichnen sich aus mehreren vom gelegentlichen Wedhsel der Brauchtumsträger und von unterschiedlichen lokalen Verhältnissen abhängigen Gestaltungs varianten ab. Die erste, hauptsächliche. Form, die besonders in den Pfarrorten bzw. Märkten des Untersu chungsgebietes verbreitet ist, besteht in den mei sten Fällen aus einer einzigen oftmals größeren Gruppe, die nach gemeinsamer Andacht den Ausgang in der Kirche nimmt und die zum Aveläuten wieder geschlossen das Bild zur häus lichen Verehrung täglich von Herberge zu Her berge weiterträgt. Die Anbetung beinhaltet Texte, die im Jahre 1946 vom Bischöflichen Seel sorgeamt Linz im Heftchen „Herbergsuche" her ausgegeben wurden. Diese Form zeigt ein reiches und wechselvolles Bild in Rosenkranzgebeten, Sprüchen, Advent- und Marienliedern und Her bergsgebeten. * Von der Kirche (Kapelle) bzw. von einem Haus zum anderen wird der Rosenkranz gebetet und werden entsprechende Lieder gesungen. Vor dem Haus: Lied: „Bethlehem, hörst den Heiland du?" Chor: Ein kalter Wind weht durch die Gassen und rüttelt am verschlossenen Tor und klagt so einsam und verlassen wie jemand, der sein Haus verlor. Sprecher: Wir sind allein auf dieser Welt, verschlossen ist uns jedes Haus, und alle weisen uns hinaus. Wer will uns Herberg geben? Sprecherin: Wir suchen Raum auf dieser Erde für den, der diese Erde schuf. Der Hirte kommt und ruft die Herde, doch niemand öffnet sich dem Ruf. Lied: „St. Josef geht von Tür zu Tür, bringt überall sein Bitten für." Sprecher: Wir suchen eine warme Kammer für eine Mutter, für ein Kind, die ausgewiesen in dem Jammer und überall vertrieben sind. Herbergsmutter: „Komm, Herr Jesus, kehr bei uns ein, wir wollen deine Herberg sein!" Die Herbergsmutter überrümmt das Bild und stellt es auf den mit Blumen und zwei brennen den Kerzen geschmückten Tisch. Lied (gemeinsam): „Maria, sei gegrüßet!" Begrüßungsgebet durch die Herbergsmutter in Anwesenheit der Familie: „Allerheiligste Jungfrau und Gottesmutter Maria! Wir danken dir aus ganzem Herzen, daß du uns für würdig befunden hast, bei uns einzukehren und einen Tag bei uns zu bleiben. Was an uns liegt, wollen wir tun, um dir in dieser Zeit Freude zu bereiten. Jede Stunde dieses Tages wollen wir unter deinen besonderen Schutz stellen. Wir wollen uns bemühen, bei Tag und Nacht so zu sein, daß du an uns eine Freude haben kannst. Gestatte aber auch, daß wir all unsere Sorgen, all unser Leid und unseren Kummer zu dir tragen dürfen. Gib du uns Rat und Hilfe! Schenke du uns Frieden für das hochheilige Weihnachtsfest und gib uns die Kraft, daß wir uns auf dieses hochheilige Fest würdig vorzu bereiten vermögen, damit der göttliche Heiland bei uns ein besseres Plätzchen als im Stall zu Bethlehem finden mag. Amen." Zum Zeichen der Verehrung werden im Laufe des Beherbergungstages folgende Gebete ver richtet: „O holdselige, liebe Gottesmutter Maria! Hier vor deinem Bilde sind wir vereint, um dich zu ehren und dir unsere Liebe zu erweisen. Einst haben dich die Bewohner von Bethlehem nicht erkannt und hatten keinen Platz für dich übrig — wie oft waren wir dir gegenüber kalt und gleichgültig. Wir bereuen alle Nachlässigkeit gegen dich. Wir danken dir für alles, was du uns getan hast. Wir bitten dich, hilf du uns mit deiner Kraft und Gnade, daß wir uns auf das Weih-
naditsfest, das Hochfest des Friedens und der Freude, würdig vorbereiten, damit wir die Erlösungsfrüchte deines Sohnes, imseres Herrn Jesus Christus, zu ge nießen verdienen, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste als gleicher Gott lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen." Am Abend des Herbergstages, bevor das Bild von der Rotte zum Aveläuten in das nächste Haus getragen wird, versammelt sich die Familie noch einmal um das Herbergsbüd und singt: „Segne du, Maria ..oder ein Adventlied, und die Herbergsmutter betet das Abschiedsgebet: „Allerreinste Jungfrau und Gottesmutter Maria! Laß dir noch einmal innig danken für deine gütige Einkehr bei uns. Wir danken dir für alle deine Gnaden imd Wohltaten, die du uns in dieser Zeit geschenkt hast. Liebste Mutter Maria! Verzeih, wenn wir gegen dich und dein göttliches Kind nicht immer so waren, wie wir hätten sein sollen und du von uns erwarten durftest. Aber du bist ja die gütigste und mildreichste Mutter, und darum blicken wir trotz unserer Fehler und Schwach heiten voll Vertrauen zu dir auf, Allerseligste, unbe fleckte Jungfrau und Gottesmutter Maria! Du kehrst nun bei einer anderen Familie ein, um einen Tag dort zu verweilen., Bringe allen recht viel Gnade und Segen mit! Geh nicht von hier fort, ohne uns voll mütter licher Liebe und Huld zu segnen. Segne uns und alle unsere Lieben und nimm uns unter deinen Schutz. An deiner lieben Mutterhand führe uns auch ferner durchs Leben, bis wir einstens, vereint mit dir, dein göttliches Kind, unsern Herrn und Heiland Jesus Christus, schauen dürfen. Amen." Eine zweite Form konnte ich hauptsächlich in aus gesprochen ländlich-bäuerlichen Bereichen, in Ortschaften und Dörfern antreffen, in denen man bemüht ist, nach Möglichkeit aus jedem Haus einen Teilnehmer zu stellen, zumal es ja den meisten inneres Anliegen und Ehrensache ist, diese vorweihnachtlich christliche Brauch tumshandlung mitzuerleben (Abb. 1 u. 2). Hiezu läßt sich ein Beispiel einer regen Tätigkeit des Herbergsuchens aus der Ortschaft Auerbach bei Hirschbach, Bez. Freistadt, anführen: Auerbach besteht aus rund 30 Häusern und bil det beständig drei Neunerrotten. Der Kultgegen stand stellt ein goldgerahmtes Bild über die Hl. Familie und den abweisenden Wirt dar. Auf der abgedeckten Rückseite des Bildes konnte ich kräf tig eingezeichnet „1899 I. Gruppe" erkennen, was auf den Beginn des Herbergsuchens schlie ßen läßt. Die bäuerlichen Gewährsleute^ erzähl ten mir über den Ablauf der gegenwärtig geüb ten Form dieses vorweihnachtlichen Brauches wie folgt: Jährlich versammeln sich zu Begiim des Her bergsuchens zum Aveläuten alle drei Rotten in der Dorfkapelle. Nach dem gebeteten Englischen Gruß verrichtet die Vorbeterin neben dem auf gestellten Herbergsbild und der Muttergottes statue des mit Kerzenlicht erleuchteten Altares das allgemeine Herbergsgebet „O Maria, versam melt sind wir hier vor deinem Bilde..."®. So dann folgt eine Marien-Litanei und zuletzt wer den drei Vaterunser gebetet, in die alle Verstor benen der Dorfgemeinde und alle an dieser Her bergsuche Verhinderten eingeschlossen werden. Hierauf verlassen die Rotten die Kapelle und folgen jeweils dem ihrer Gruppe voranschreitenten BiU- und Laternenträger zu dessen Herberge (Abb. 3). Dieser bekommt das Herbergsbild auch als erster, da er es im Vorjahr als letzter zur Verehrung und anschließenden Verwahrung er hielt. Somit ist der im Vorjahr letzte zu Beginn der nächsten Herbergsuche in der Reihung der erste. In dieser ersten Herberge (Kammer), in der das Bild einen Tag verbleiben soll, wird es vom Beherberger traditionsgemäß (siehe auch spätere Beschreibung!) übernommen imd durch persönliche Gebete verehrt. Nachtsüber verwen det man heute statt dem zum Herbergsbild ge hörigen Kerzen- oder öllicht auch eine elektrische Kreuzbirne. Bevor am darauffolgenden Tag zum Aveläuten das Bild vom Beherberger in das nächste Haus weitergetragen wird, betet dieser das Abschieds gebet: „Nun ist es wieder zum Scheiden, o liebste Mutter Maria! Wie schmerzlich ist mir der Abschied von deinem Bilde, wie schlecht bist du bei mir bewirtet und verehrt worden. Verzeihe mir meine Fehler und Nachlässig keiten in deinem Dienste und erlaube mir nur, daß ich mein Herz und alles, was ich habe und was ich bin, dir schenke und aufopfere, damit ich immer bei dir und du bei mir seiest und wir in der Zeit und Ewigkeit * Letzte Befragung zu „Maria Geburt" 1979: Theresia Marksteiner, Auerbach 8, Gjg. 1926 (Vorbeterin), Josefa Wögerer, Auerbach 7, Gjg. 1915, Josef Wögerer, Auerbach 7, Gjg. 1908. ' Adventbüchlein: „Geistlicher Krippenbau oder fromme Übungen für die Advent- und Weihnachtszeit. — Umgearbeitet nach einem alten Büchlein vom Jahre 1721 aus dem Servitinnenkloster in München" — Verlag der Vereinsbuchhandlung, Innsbruck 1922.
nicht getrennt werden. — Nun, o liebe Mutter, begleite ich dich in eine andere Herberge, damit auch diese von dir Heil und Segen erlange .. Beim Weitertragen und Übergeben des Bildes an den nächsten darf außer den obligaten Gebets verrichtungen nichts gesprochen werden. Dieses stumme Verhalten soll zur Besinnung veranlas sen, soll aber insbesondere Andacht und Ehr furcht vertiefen und ausdrücken. Der Überbringer betet anläßlich der Bildüber gabe (manchmal auch kniend): „Nehmt sie auf in ihrer kalten Wanderschaft, die Jung frau rein in ihrer unbefleckten Mutterschaft! Verehrt sie aber nicht nur heut und morgen, sondern helft beständig ihre Ehr' besorgen!" .-»•-fr ^*■9-'^* t M-yi^ -yy-y-ty-y*^ '^>V' 3~^' •z-yzzjt^..^ ■'%'pzlzt,- "yTrzyz^■ z^wth oder: „Gönnt ihr gern ein Plätzchen im Haus, stoßt sie nicht hilflos ins Elend hinaus!" Bei der Übergabe wird von beiden das Bild geküßt imd an den vorgesehenen Platz gestellt. Der neue Beherberger spricht bei der Übergabe sein Aufnahmegebet: „Sei gegrüßt, o heilige Jungfrau rein, zieh gern in meine Wohnung ein! Ich will dich verehren von Herzen und teilen deine Freuden und Schmerzen. ® Vergleiche dazu u. s. d. Fortsetzung auf beil. Blatt für handschriftliche Gebetweitergabe (in Kurrent schrift). -A»» /iS#*»* »»fc, -S^ ■^z^znz'uMzzz^» ■■wu Sz^ -vitiAzMi 'iw ^■rntt-^wC f-vd-n^
Laß dir den sdiwadien Dienst von mir gefallen und von deinen Kindern allen." oder: „Sei gegrüßt, o Jungfrau rein, mit Freuden nehm' idi didi in meine Wohnung ein, verehren will ich didi von ganzem Herzen, verlaß auch du mich nicht in meinen Todesschmerzen." Wiederum wird nach persönlicher Gebetsandacht und Verehrung das Bild am Abend des nächsten Tages weitergereicht. So wiederholen sich diese gleichsam religiös-kul tischen Abläufe in der Zeit der Weihnachtsnovene bis zum 24. Dezember. Der neunte bzw. letzte darf das Bild bis Maria Lichtmeß behalten und gibt es anschließend entweder in die Kapelle oder bringt es dem Eigentümer zurück. Die dritte Form stellt Sonderformen dar und fin det sich in der Regel in Kleinweilern und Einzel gehöften, wo es oft schwierig ist, eine Neuner gruppe aus der Nachbarschaft zu bilden. So wird hier das Bild innerhalb der zwei bis drei Familien zur Verehrung weitergegeben und die noch feh lenden werden in größeren Familien von teilneh menden Familienmitgliedern ersetzt, so daß diese das Bild zwei bis drei Tage beherbergen können. Die Form des Beherbergens des Bildes mehrere Tage hindurch innerhalb einer Familie findet sich manchmal auch in größeren Ortschaften, wo dadurch mehrere Rotten gebildet werden können. In Winden bei Schwertberg wird infolge der geringen Familienteilnehmerzahl die Novene ab gekürzt und jede Familie hat für die Verehrung — die ohne Weg jeweils nur innerhalb der eigenen Familie geschieht — einen bestimmten Tag im Jahr vereinbart (Abb. 4). In Kriechbaum bei Tragwein wird das handge schriebene Aufnahme- und Abschiedsgebet — mit Bild — innerhalb der letzten drei Tage ab der ersten Rauhnacht, der Thomasnacht, von einer zur anderen Bäuerin weitergegeben (siehe ange schlossene, handschriftliche Beilage!)''. * Entstehung und Verbreitung des Brauches: Aufgrund eigener Nachforschung in den einzel nen Pfarreien des Unteren Mühlviertels konnte ich von alten Pfarrherren, deren Köchinnen, von Mesnerleuten, ferner von älteren Lehrkräften, ortsansässigen älteren Leuten und angestammten Bauern Angaben über Alter und Verbreitung dieses Brauches sammeln, diese ortsweise verglei chen und nach Übereinstimmung mehrerer unab hängig voneinander gemachter Aussagen beige schlossenes Kartenbild entwerfen. Mit der Ent stehungszeit soll laut Angabe mehrerer Gewährs leute dieser Brauch tatsächlich begonnen haben. In Fällen kurzfristiger Unterbrechungen und an schließender Wieder- bzw. Neubelebimg wurde ebenfalls auf die Entstehungszeit zurückgegrif fen (z. B. Tragwein und Königswiesen). Orte mit den ältesten Belegen (nördlich von Freistadt) weisen auch die meisten Rotten auF. Die Einführung des Herbergsuchens fällt im Norden des Untersuchungsgebietes (8 Orte) in die Zeit vor 1915^, im Nordwesten (5 Orte) in die Kriegszeit {1938 bis 1945). Der Mittelteil des Untersuchungsraumes (6 Orte) weist die Entstehungszeit für die Nachkriegs periode {1946 bis 1955) nach. Im Südosten (7 Orte) wurde der Brauch erst zwischen 1956 und 1966 eingeführt. Die Nordostecke, die Ge gend um Liebenau, kennt den Brauch des Her bergsuchens bis zum Zeitpunkt der Untersu chung nicht. Im Advent und in der Zeit der Erwartimg ist aus dem Geschehen der Heilsgeschichte im Volke eine Anzahl dramatischer Brauchtumshandlungen (Hirten-, Krippenspiele u. ä.) lebendig. Das Herbergsuchen als Schulspiel, in der vorder gründigen Darstellung von Maria, Josef und Wirt, stellt in den Pflichtschulen des gesamten Untersuchungsgebietes eine stark verbreitete und intensiv betriebene religiös-vorweihnachtliche Brauchtumsform dar. Dieses Adventspiel „Wer klopfet an?" ist bei Kindern sehr beliebt und ' Weitergabe dieses handschriftlichen Herbergsgebetes unter den Frauen Maria Pramer (Singhoferin) — Berta Klinger (Moa z'Kriabam) — Maria Ebner (Oinerin). ® Z. B. Gf. Maria Seyer in Auerbach: 3 bis 4 Rotten. Gf. Anna Quass in Windhaag bei Freistadt: 8 Rotten. ' Gm. Leopold Seyer an Auerbach: Vor 1900 eingeführt von Johann Rechberger (1938 gest.). Gf. Therese Etzelsdorfer und Gf. Anna Quass in Windhaag b. Freist.: 1884 eingeführt von Maria Frie senecker (wörtl. „M. F. hat anfangs die Muttergottes statue in ihrem Schneiderhäuschen in Mairspindt in den neun Tagen vor Weihnachten täglich allein ver ehrt!").
eignet sidi gut zum Dramatisieren imd Singen^® (Abb. 5). Text, Melodie und Spielanleitung hie für sind dem wiedergegebenen Auszug aus dem Werk von J. E. BendP^ zu entnehmen. Bezogen auf das gesamte Österreich heißt es im österr. Volkskundeatlas^^: Der Brauch heißt in Österreich im allgemeinen „Herbergsuchen", fast nur im Salzburgischen „Frautragen", zuweilen auch „Frausingen" oder „Fraubeten". Die letztere Namensgebtmg deutet an, daß hier alles Licht um Maria versammelt ist. Auch die Bilder und Statuen zeigen im gan zen Lande in ihrer großen Mehrzahl, daß es nicht eigentlich das Heilige Paar ist, das auf seiner Wanderung an die Türen der Menschen klopft, sondern vielfach Maria allein. Es ist ein Brauch der Stille und Innerlichkeit. Darum vollzieht er sich vielfach imbemerkt vom lauten Treiben unserer Tage, ja sogar oft unbe obachtet von den Erforschern des Volkslebens. Spät und selten begegnen wir ihm im Schrifttum, so daß sein Alter nur gemutmaßt werden kann. Und doch blüht dieser Brauch während der letz ten Jahrzehnte ganz besonders auf, sehr im Gegensatz zu so vielen anderen Gepflogenheiten unseres Volkslebens. Das gilt für Land und Stadt gleichermaßen. Bewußte Pflege hat daran einen unübersehbaren Anteil. Beigetragen hat aber sicher auch alle Erschütterung und alles Leid, das die heute Erwachsenen erlebten. Heimatlosigkeit und Flucht vor Gewalt sind ihnen keine fernen Begriffe. Umso stärkeres Echo findet der schöne Gedanke, das eigene Heim der Gottesmutter auf ihrer gleichsam immer noch stattfindenden Wan derung durch die Welt anzubieten, im Gegensatz zur Lieblosigkeit der Reichen imd Gesicherten, von der die Heilsgeschichte berichtet. Die Karte Nr. 70 des österreichischen Volkskundeatlas (ÖVA) bringt zum ersten Mal einen Überblick über das Vorkommen und Leben dieses Brau ches in unserer gesamten Heimat. In Oberösterreich wird vom Stift St. Florian das Herbergsuchen seit 1869 nachgewiesen. Keiner der direkten Belege reicht jedoch über die Mitte des vorigen Jahrhrmderts zurück. Die Leitung der Herbergsgemeinschaften liegt in Oberösterreich meist in der Hand älterer Frauen, die in der Regel auch die beim Brauch verwen deten Bilder oder Statuen besitzen oder verwah ren. Häufig lenkt die Gestaltung aber auch das Pfarr amt (26 Meldungen) oder ein ortsansässiger Orden (7 Fälle), in jüngster Zeit nimmt sich die Pfarrjugend, insbesondere die Mädchenschaft, des Brauches an. Auch Kinder unter der Anlei tung von Erwachsenen pflegen diesen Brauch. Eine Neuentwicklung scheint zu sein, daß Bilder — wo kein Bund besteht — besonders zu Fami lien gebracht werden, die kinderreich und arm sind, oder sich in großer Betrübnis befinden, gewissermaßen als Tröstung. So wird seit neue stem auch die Unfallstation in Steyr auf diese Weise besucht. Dieser vorweihnachtliche Brauch des Herhergsuchens stellt somit keine lehensferne und er starrte Gemeinschaftsform dar, sondern ist bis heute in verschiedenen sozialen Schichten leben dig und in menschlichen Schicksalen wirksam. Da es kaum jemals eine Zeit geben wird, die; über das allgemein menschliche Leid hinauswach sen könnte, wird auch diese Volksandacht der Herbergsuche als christlicher Brauch in seiner Symbolik immer gegenwartsnah bleiben. Hiezu auch mundartlicher Chortext und überleitender Sprechdialog zwischen Maria und Josef beim Salz burger Adventsingen (auf Christophorus-Schallplatte). — Text und Melodie des Liedes „Wer klopfet an?" in Schulliederbüchern, so z. B. im oberösterreidiisdien Liederbuch „'s fioamatgsang". Der Spieltext ist auch im Lesebudi für die 4. Schulstufe „Das neue Lese buch", 4. Aufl., enthalten. Josef Edmund Bendl: Das Spiel von der Heiligen Nacht, Wien 1962, S. 6—10. Wiedergabe mit freund licher Genehmigung des Autors. R. Wolfram, Herbergsuche (Frautragen), in: österr. Volkskundeatlas, 4. Lief., Wien 1971: R. Wolframs persönliche Erhebungen und Aufzeich nungen dieses Brauches insbesondere im Bundesland Salzburg sowie übersichtliche Darstellung des Herbergsuchens in Österreich (Kommentar und Kartographie) — Ausblicke in benachbarte Länder. Außer dem ÖVA-Fragebogen hat E. Burgstaller für das Institut für Landeskunde in Linz Rundfragen in Oberösterreich durchgeführt.
Elntadi, tdirvltend ■ Text: Joset Vöienhober Melodie; Kronsteiner 1. Sankt Jo- sof geht von Tür zu Tür, bringt ü - her- all sein r ti 7 rr r r " r r Bit - ten für; „Ma - ri - a ist so müd und bang, gebt r f r' Her-berg uns, der Weg war lang!" O Beth - le - hem, err f ff r 7 7 hör das Flchn, laß dei-nen Herrn nicht drau- Ben stehnl 2. Doch überall das harte Wort: „Hier ist kein Platz! Drum geht nur fort!" Maria sinnet kummervoll, wohin das Kind sie betten soll. O Bethlehem! Wie hart bist du! Du schlägst die Tür dem Christkind zu. Der I.Wirt: O nein, nein, neinl Maria und Josef: Der I.Wirt: O las - set uns doch eini z I ^ Es kann nicht sein! Maria und Josef: Wir wol - Icn dank-bar sein. Der I.Wirt: Nein, nein, es kann ein - mal nicht sein! (sieht «ich suchend um, geleitet Maria nach vorne links, wo er mit seinem Stab dreimal klopft. Beide warten eine Weile.) Der 1. Wirt (kommt hervor und singt): -s- * P 0 Wer klop- fet an? Maria und Josef: O zwei gar ar- me Beut'! Der I.Wirt: Was wollt ihr denn? Maria und Josef: O gebt uns Her-berg heut! O durch Got-tes Lieb wir bit-ten: ö£P- nel uns doch eu - re Hüt-ten! ti—p—5—Ü— ^ f Da geht nur fort! Ihr kommt nicht reinl Josef (klopft hinten links.) Die Wirtin: Wer vor der Tür? Maria und Josef: Ein Weib mit ihrem Mann. Der Wirt: Was wollt denn ihr? Maria und Josef: Hört unser Bitten an! Laß uns heute bei euch wohnen! Gott wird euch schon alles lohnen! Der Wirt: Was zahlt ihr mir? Maria und Josef: Kein Geld besitzen wir. Die Wirtin: Dann geht von hier! Mariaund Josef:O öffnetuns die Tür! Wirt und Wirtin: Ei, macht mir jetzt kein Ungestüm! Da packt euch! Geht wo anders hin! Josef (klopft hinten rechts.) Der S.Wirt: Ihr kommt zu spat! Maria und Josef: So heißt es überall. Der 3. Wirt: Ja geht nur, geht! Maria und Josef: O Freund, nur heut einmal! Morgen wird der Heiland kommen, der da liebt und lohnt die Frommen. Der 3. Wirt: Liegt mir nichts dran! Maria und Josef: Seht unser Elend an! Der S.Wirt: Geht mich nichts an! Maria und Josef: Habt Mitleid, lieber Maim! Der 3. Wirt: Jetzt schweigt nur gleich, laßt midii in Ruh und geht! Ich schließ die Türe zu!
Josef (klopft vome rechts.) Der 4, Wirt: Ja geht nur fort! Maria und Josef: O Freund, wohin? wo aus? Der 4. Wirt: Ein Viehstali dort! Maria: Geh, Josef, nur hinaus! O mein Kind, nach Gottes Willen mußt Du schon die Armut fühlen. Der 4. Wirt: Jetzt packt euch fort! Maria und Josef: O das sind harte Wort! Der 4. Wirt: Zum Viehstall dort! Maria und Josef: Ist wohl ein schlechter Ort. Der 4. Wirf: Ei, ei, der Ort ist gut für euch! Ihr braucht nicht viel, drum geht nur gleich! Maria und Josef (gehen langsam nach vorne links ab. Indessen singt der Chor die 3. und die 4. Strophe des .JlerbergsUedes". Die Bühne bleibt geöffnet) 3. Das Vieh im Stall kennt seinen Herrn, macht Platz der Muttergottes gern. Doch Bethlehem hat nicht erkannt, daß Gott den Heiland hat gesandt. O Bethlehem! wie bist du blind, daß du nicht kennst das Gotteskind! 4. Und Herberg sucht nun jedes Jahr fürs Jesuskind das heiige Paar. Schau an das Kind, so arm und klein, es möcht bei dir geborgen sein! Bedenk, o Mensch, welch Kind es ist; Dein Gott und Heiland! Jesus Christ! ^ccp ^ rv Leopoldschlag / i y Windhaag ^ "... Rainbach( V Sand! . 1^ t Rainbach • "tleichenthal @ o Schenkenfelden Wal^urg O O o 0 Vor 1915 0 1915-37 Q 1938-45 0 1946-55 O 1956-66 ^ abgekommen Hirschbach Hellmonsödt O Neumarkt 0 St. Oswald Kefermarkt Artenberg 0 LINZ Katsdorf V 0 N Steyregg Sl. Georgen Sei \ A Nw Mauthausen (Tragwein 0 0 . Weitersfelden 0 'Ii' 1 Kaltenberg \ ' { I y ^9 Unterweißenbach f O Königswiesen / y J St. Georgen * ^*0 Rechberg Schwertberg Münzbach Kreuzen □ □ r Naarn Xü Baumgartenberg Saxen "^ 0 0 0_V Mitterkirchen^ ^ Waldhausen : □ > I St. Nikola ' 1 a l t 6iu. Verbreitungskarte des Herbergsuchens im Unteren Mühlviertel mit Darstellung der Zeit der Einführung dieses vorweihnacht lichen Brauches.
Das Wilheringer Weihnachtsspiel Von Helmut Z ö p f 1 Mit 5 Abbildungen Im Stiftspark von WiUiering wird in unregel mäßiger Folge an einem der Adventssonntage ein etwa einstiindiges Weihnadits spiel auf geführt. Die Spielorte für die drei Szenen sind über den ganzen Park verteilt, der zu diesem Anlaß mit Kerzen und Fackeln festlich erleuchtet wird. Das Publikum wandert mit den Spielern von Spielort zu Spielort. Daß es in Wilhering zu einer derartigen Wi«lerbelebung der mittelalterlichen Spielform des Pro zessionsspieles kommen konnte, ist dem Zusam mentreffen einiger glücklicher Umstände zu dan ken. Obergärtner Alois Winkler — der Initiator Der heute sdion lange pensionierte Obergärtner Alois Winkler ist ein theaterbegeisterter Mann. Während seiner Ausbidung an der Gartenbauschide in Wien hatte er Kontakt mit der akade mischen Abstinenzlergruppe „Quickborn". Diese veranstaltete jedes Jahr eine Weihnachtswande rung von Wien nach Klosterneuburg. Im Zuge dieser Wanderung wurden einzelne Szenen aus dem biblischen Geschehen der heiligen Nacht ge spielt und auch irgendwo im Wald ein Bäumchen mit Kerzen geschmückt und Weihnachten gefeiert. Den Abschluß der Wanderung bildete der Be such der Christmette in Klosterneuburg. Als nun in den dreißiger Jahren Winkler, inzwi schen erfolgreicher Leiter der Stiftsgärtnerei in Wilhering, zum Obmann des Christlichdeutschen Turnvereins gewählt worden war, suchte er nach einer sinnvollen Betätigung für die Jugend, die über das Turnen hinausging. Es ist bei dem schauspielerischen Talent Winklers, das er von seinem Vater geerbt hatte, nicht weiter verwun derlich, daß er dabei auf das Theaterspiel stieß. Die gärtnerische Liebe zu „seinem" Stiftspark tat ein übriges. So kam es 1935 zur ersten Auffüh rung eines Weihnachtsspieles im illuminierten Stiftspark in der Form eines Prozessionsspieles. Winkler betont allerdings, daß damals ein ande rer Text als der heutige gespielt wurde. Dieser ursprüngliche Text sei, so Winkler, in den März tagen 1938 verlorengegangen. Der heute ge spielte Text muß allerdings auch schon vor 1938 aufgeführt worden sein^. Er stammt vom da maligen Schulleiter der kleinen Volksschule Lak ken, Alois Kührer, und trägt den Titel „Mühlviertler Weihnachtsspiel". (Lacken ist eine Pfarre des Stiftes Wilhering.) Winkler erinnert sich sehr gut an den theaterbegeisterten Schulleiter von Lacken und auch an verschiedene Aufführungen, die er dort — teilweise in Bauernhöfen, teilweise im Rohbau der Kirche und auch im Schulhaus — veranstaltete. Schulleiter Alois Kührer — Textautor und Dramaturg Kührer kannte alte Spielsammlungen und Spiel texte und hat aus diesen den Text zusammen gestellt. Es gibt diese Quellen auch an und nennt das „St. Oswalder Weihnachtsspiel" und das „Christkindlspiel vom Böhmerwald". Während es aber nun sehr viele Christkindspiele aus dem Böhmerwald gibt, ist das „St. Oswalder Weih nachtsspiel" genau definiert. Es stammt wahr scheinlich aus dem 15. Jahrhundert tmd ist in der Paillerschen Sammlung enthalten^. Kührer verwendet aber aus der Paillerschen Sammlung nicht nur das St. Oswalder Weih nachtsspiel; er bediente sich des ganzen zweiten Bandes und entnahm daraus passende Text stellen. Den Anfang der ersten Szene „Die Herbergsuche" entnahm Kührer dem aus 120 Versen bestehenden „bewegendtem Spihl von der heyligsten Herberg"^. Dort heißt es: St. Maria: Liebster Joseph, laß uns gehen, Thu mir um ein Herberg sehen. Zum Gebären kommt die Zeit. Freud und Leid trag ich im Herzen, Aber weichen muß der Schmerzen, Wenn ich siech der Engel Freud. St. Joseph; Will ja gleich um Herberg fragen. Will die Noth und Armuth klagen Allen Burgern dieser Stadt. Kührer strich aus dieser Passage die Zeilen 3 bis 6 und änderte die letzte Zeile in „Einem c Sowohl der jetzige Spielleiter, Oberschulrat Franz Gruber, als auch seine Schwester, die beide schon vor 1938 als Schauspieler dabei waren, erinnern sich sehr wohl, diesen Text damals schon gespielt zu haben. - Pailler, Wilhelm: Weihnachtslieder und Krippenspiele aus Oberösterredch und Tirol, Irmsbrudc 1881 und 1883, 2. Band. ■' Pailler, a. a. O., Nr. 379; aus dem Traunkreis und aus Steyr; Hinweis auf ein Halleiner Herbergspiel.
Wirt in dieser Stadt". Damit sdmf er den Über gang zum wohl am besten dramatisierten Herbergslied „Wer klopfet an?"*. Aus dem gleichen Spiel entnahm Kührer auch den Schluß dieser Szene. Die ersten drei Zeilen entstammen dem Mittelteil (Verse 61 bis 63): St. Joseph; Liebste Frau, an allen Thüren Lasset sich kein Herz nicht rühren. Sind als wie ein Marmelstein. Dann fügte Kührer die Regieanweisung „kniet nieder" hinzu, macht dadurch die drei folgenden Verse (100 bis 102) zum Gebet und begründet damit das Auftreten des Engels, das sich auch in der Vorlage bruchlos anschließt (Verse 103 bis 108). Vers 102 änderte er höflich in „dich und mich": Der die Vögel ziert und kleidet. Alle Thier erhält und weidet. Wird erhalten mich und dich. Ein Engel: Heiliger Joseph, liebe Frauen, Wollet euch mir anvertrauen. Denn ich bin von Gott gesandt. O Maria, Gottes Grüße Brachte ich zu dir, o Süße, Gabriel bin ich genannt. Kührer verwendete weiter noch die Verse 112 und 113 für Maria und 115 bis 117 für den Engel: St. Maria: Nun bin ich nicht mehr bedrücket. Da Gott seinen Engel schicket. Gabriel: Nicht in einer Königshalle, Nur in einem armen Stalle Kehrt der Herr des Himmels ein. In erster Linie ist aber für uns interessant, wo überall Texte aus dem uralten St. Oswalder Weihnachtsspiel verwendet werden und wie Kührer diese Textstellen handhabte. Solche Texte finden sich erstmals in der zweiten Szene „Die Hirten auf dem Feld" nach den Worten des Spielansagers und dem Weihnachtsevangelium. Von den insgesamt 68 Versen der zweiten Szene des Oswalder Spiels verwendete Kührer allerdings nur 26, veränderte diese und machte Einschübe. Seine Manipulationen am Text bringen aber fast immer eine Straffung und Dramatisierimg. Die ersten beiden Verse des Oswalder Spiels Husch, Maxi, husch! wia is's nöt so grimmi und grausam kalt, Ih und mei Wawal dafriem schier bald', verändert Kührer in Husch, husch, es ist so grimmig und grausam kalt! Die Nasen und die Ohren erfrierts ma bald. Die Verse 3 bis 6 verwendete Kührer nahezu un verändert und ersetzte nur das ziemlich unver ständliche „haberne Brot"® durch „tägliches Brot": I glaub, daß so arme und elende Leut Net g'funden werd'n bei dera Zeit. Vor Jammer, Elend und Not Könn' ma uns kaum vadean das tägliche Brot! Die Verse 7 bis 10, die eine Schilderung der Gefahren bringen, die den Schafen durch Wölfe und anderes Getier drohen, ließ Kührer weg, setzte die Regieanweisung „stampft mit dem Stock auf" und veränderte den Vers 11 von „So bin i wachbar. .." in „Und doch san ma wachsam alle Zeit". Durch diese sehr geschickte Bearbeitung wird angedeutet, daß die Hirten trotz widriger Lebensumstände doch treu ihre Hirtenpflicht erfüllen. Das Aufstoßen des Stokkes bekräftigt diese Aussage noch und setzt gleichzeitig eine Aktion, die viel dramatischer wirkt als die Schilderung der Gefahren im Ori ginal. Kührer ließ diesen Hirten — er nannte ihn, abweichend vom Original, Veitl (die Namen Lomo, Sedo und „dalketer Bauer" änderte Küh rer in Veitl, Michl und Hans) — außerdem für alle sprechen und setzte die erste Person Mehr zahl statt der Einzahl, wodurch der Vers 12 nun heißt „Gilt's unsere Schaf auf greaner Weid". Die Verse 13 bis 28 beließ Kührer unverändert. Er ersetzte nur „Liaba Gspann" durch „Liaba Michl" und „das macht in Holz an Weit-Lauflauf" durch „das macht in Wald an Enz-Auflauf'L Und doch san ma wachsam all die Zeit. Gilt's uns're Schaf auf greaner Weid', So will i blas'n zum ersten Mal, Das muaß schall'n über Berg und Tal! Liaber Midil, blas du dein Horn ' Pailler, a. a. O., Nr. 378; aus Steyr und dem Salz kammergut. — Vgl. vorigen Beitrag in diesem Heft. ' Zu „Maxi" führt Pailler an, daß es sidi hiebei nicht um einen Personennamen handelt, sondern um ein von der Kälte erpreßtes, harmloses Schimpfwort. „Wawal" ist eine Koseform des Namens Barbara. « Haferbrot ist eine minderwertige Brotsorte; Hafer, die Getreideart, die auch hoch im Mühlviertel noch gedeiht. ' Gemeint ist ein endloses Zusammenströmen der Leute.
Gegen mi zum zweitenmal, Auf daß sö kan G'wild aufhalt Allhier und überall! Aft san ma dö Nacht alle drei Sorgenfrei, sorgenfrei! Michl: I will blas'n wiar a Jagersmann, Der was niemals nix dalerna kann! Zwa Blaser und an Pfiff draf. Das macht im Wald an Enz-aflaf! So weich'n dö Wölf von meiner Herd', So daß ma gar kans gfanga werd. Laßt's do mi und mei Gvichat an Fried, So braucht's bei uns dös Blas'n niti Die folgenden beiden Verse finden sich nicht im St. Oswalder Spiel: O, seltsame Nacht! Voll Wunder und Stern! Und kalt, als wollt's Kalb in da Kuah dafrörn! Dann folgen die Verse 41 und 42 aus dem Os walder Spiel, womit sein Anteil an dieser Szene erschöpft ist: A Himmelsröt'n, o, was zoagt denn dös an? A Gscheiter ist's, der dös verstehn kann! Die beiden eingeschobenen Verse sind wieder typisch für die Arbeit Kührers, der den Text straffen und die Handlung vorantreiben wollte. Sie geben dem Spieler Gelegenheit, zum Himmel aufzublicken, also eine Handlung zu setzen, sich aber dann nicht weiter um diese seltsame Er scheinung (der Himmeisröte) zu kümmern. Aus der Paillerschen Sammlung® stammen dann wieder die ersten acht Zeilen des Verkündigungs engels. Kührer entnahm sie dem „schönen kur zen Gesangspiel am heiligen Abend", das in Bad Ischl beheimatet war und aus dem frühen 18. Jh. stammt: Auf, schlafende Hirten, erwachet geschwind! Hört Wunder, was ich euch Neues verkünd! Gott sendet mich her, dem sei die Ehr', Euch Menschen der Friede auf Erden! Auf Hirten, samt euren Herden! Gott will es, daß ich euch verkünd' Erlösung von Teufel und Sünd! Dieser Text fordert die Hirten noch zu keiner gezielten Handlung auf. Daher setzte Kührer noch vier weitere Verse dazu, die aus einer ande ren Quelle stammen: Ich verkünd' auch große Freud! Die euch widerfahren heut'! Ihr Hirten all. Kommt zu dem Stall! Damit war Kührers Absicht, eine Handlung ein zuleiten, wieder verwirklicht. Da aber die erste Zeile dieser Schlußpassage (Ich verkünd' euch große Freud!) schlecht zu dem davorstehenden Text gepaßt hätte, fügte er dazwischen die Zeile „Gloria in excelsis Deo" ein. In der dritten Szene „Anbetung bei der Krippe" ist lediglich das Lied „Schlaf Jesulein zart" aus Paillers Sammlung®. Pailler fand dieses Lied in Steyr, weist allerdings auf einige schon veröf fentlichte Varianten hin. In einer Krippenlieder sammlung, die der Lehrer Ferdinand Schaller aus Ebensee zusammengetragen hat und die als klei nes Büchlein im Verlag Johann Habacher in Gmunden im Jahr 1921 erschienen ist", ist die ses Lied ebenfalls verzeichnet, auch mit gleicher Melodie, nur verwendete Schaller statt des Dreivierteltaktes den sicher richtigeren Sechsach teltakt. Den Abschluß dieser dritten Szene, in der auch die heiligen drei Könige auftreten und dem Kind huldigen, stammt wieder aus dem St. Oswalder Weihnachtsspiel. Kührer hat diesen Text unver ändert belassen, wodurch die Szene auch etwas statisch bleibt^': König Kaspar: Grüß dich Gott! Maria rein! Mitsamt dem kleinen Kindelein! König Kaspar bin ich genannt. Ich zieh' herbei aus dem Morgenland. Das Gold ich dir verehren werd', weil du Mensch geworden auf Erd'. O, du liebes Jesulein, Tu uns Sündern gnädig sein! König Melchores: Grüß dich Gott! Maria rein! Mitsamt dem kleinen Kindelein! König Melchores bin ich genannt. Den Weihrauch bring ich mit meiner Hand. Der Rauch'n steigt zu Gottes Thron, Das bedeutet: Du bist Gottes Sohn! O, du liebes Jesulein, Tu uns Sündern gnädig sein! König Waldhauser: Grüß dich Gott! Maria rein! ® Pailler, a. a. 0„ S. 203. »Pailler, a. a. O., S. 13, Nr. 363, Notenbeilage auf Seite 454. " „Hirtenlieder aus Ebensee", im Tonsatz nach den Auf zeichnungen des Lehrers Ferdinand Sdialler aus Ebensee. " Pailler a. a. O., III. Abteilung, Szene 16, S. 265.
Mitsamt dem kleinen Kindelein! König Waldhauser ist mein Nam', Weil iA komm' aus dem Mohrenland. Du sollst unser Heiland Jesus sein. Drum opf're iA dir den Myrrheinwein. Der Myrrheinwein gehört zum GeriAt! Steh uns bei beim jüngsten GeriAt! O, du armes Jesulein, Tu uns Sündern gnädig sein. Maria'^: Sag' Dank, sag' Dank, ihr Herren gut. Was ihr dem Kind verehren tut. Gott wird euA sAon belohnen In dem hohen Himmelsthrone. Zusammenfassend kommt man zu dem Schluß, daß es Alois Kührer gelungen ist, aus alten Quel len ein Spiel zu formen, das ohne starke Ver änderungen an den Originalen immer den Handlungsfluß bewahrt und somit den heutigen An forderungen entspricht. Kührer erweist sich als begabter und erfahrener Amateurdramaturg, dessen vorliegendes „Mühlviertier Weihnachts spiel" weit über die Grenzen des Mühlviertels hinaus bekannt war tmd auch aufgeführt wurde^®. Heutige Aufführungspraxis Nach dem Zweiten Weltkrieg war es der dama lige Prior und Stiftspfarrer, Prof. DDr. P. Sil vester Birngruber, der die Wiederaufnahme der Spieltradition anregte. Spielleiter ist Volksschuldirektor Oberschulrat Franz Gruber. Er hat einige Textkürzungen vor genommen, die allerdings kaum die Stellen aus dem St. Oswalder Spiel betreifen, und hat das Spiel musikalisch angereichert. Die Gänge von Spielort zu Spielort werden singend zurück gelegt, wobei ein Bläserquartett den Volksgesang begleitet. Vier Adventkränze werden auf hohen Stangen mitgetragen und besorgen sowohl Be leuchtung als auch Abgrenzung des Spielraumes. Die erste Szene spielt am Eingang des Stifts parkes, die Hirtenszene am Ende der langen Allee dürch den Park, wo eine arenaartige Bö schung um einen runden Kiesplatz für gute Zu schauerplätze sorgt. Die dritte Szene wird auf der großen, zentralen Wiese gespielt, wo die Zuschauer einen weiten Kreis um das Geschehen bilden. Den Abschluß des Spieles bildet das von Spielern und Zuschauern gemeinsam gesungene Weihnachtslied „O, dti fröhliche, o, du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit". Im „Wilheringer Weihnachtsspieil" ist ein Brauchtum entstanden, das in zeitgemäßer Form uralte Spieltexte lebendig bewahrt und dabei al len eine äußerst stimmungsvolle Stunde in der Vorweihnachtszeit bietet. Die Wilheringer Spiel tradition sollte daher mit Sorgfalt gepflegt wer den und verdient größere Beachtung. Im Original spreAen Maria und Joseph gemeinsam diesen Dank; Kührer teilt ihn Maria allein zu; als Theaterpraktiker wußte er um die TüAen imd auA um die unnatürliAe Wirkung des ChorspreAens — auA von nur 2 Personen. Gemeinsam mit 3 weiteren Spielen für den WedhnaAtsfestkreis von Alois Kührer ist auA dieses Spiel im Fährmann-Verlag 1948 ersAienen als Nr. 11 der Spielreihen der KatholisAen Jugend unter dem Titel „Die Gnadensonn ist aufgegangen".
Schmiedleithen — Geschichte und Beschreibung eines Haufenhofes im Stodertai Von Mcirtin Z a u n e r und Wilhelm Gotting Mit 10 Abbildungen, 2 Textbildern und 6 Plänen Vorwort Glücklich verbrachte Sommerferien in der Schmidleiten*, Mitterstoder Nr. 7, und herzliche Beziehimgen zu ihren gegenwärtigen Besitzern haben in mir die Absicht reifen lassen, die Schicksale dieses Bauernhofes zu erkunden. Im merhin ist seit dem Mittelalter bis heute der Hof oder seine Unterteilung die rechtliche Grundzelle, aus der sich die höheren Einheiten Herr schaft, Land und Staat aufbauen. Er ist ein Staat im kleinen, mit eigenem Namen, getrennt von jenem der wechselnden Besitzer. Es sei auch daran erinnert, daß die ersten Herrscher unserer Geschichte aus dem Bauernstand kamen, daß ihre Besitzungen im Reiche Königshöfe waren, die sich zu Pfalzen weiterentwickelten. Die Beschäftigung mit der Schmidleiten führte in das Stiftsarchiv von Spital am Pyhrn, das umfangreiche Urbare, Zehent- und Robotver zeichnisse, Gerichts- und Verlassenschaftsproto kolle besitzt. Zur Aufhellung der Besitzerreihe war ein Gang in die Pfarrarchive von Windischgarsten, Klaus, Vorder- und Hinterstoder unver meidlich. Erst aus den Heirats-, Geburts- und Totenbüchern wird das Leben der Eigentümer in Umrissen sichtbar. Eine wichtige Hilfe bei der Urteilsfindung, be sonders der Frühzeit unseres Hofes, ist die Literatur. Es gibt Studien über das Stift Spi tal a. P., das Windischgarstner Becken im Mittel alter, zuj Siedlungsgeschichte des oberen Krems tales, eine Heimatkunde des politischen Bezirkes Kirchdorf, schließlich eine genaue Orts- und Häuserchronik von Hinterstoder. Das Emporblühen und Welken eines Bauern gutes ist nur zum Teil die Folge der Lebens tüchtigkeit oder Untüchtigkeit der Besitzer familie. Auch die Zeitalter sind mit am Werk. Sie schenken ihre Gunst bald diesem, bald jenem Berufsstand. Es ist reizvoll, den Gang der Ge schichte von einem bestimmten Bauernhof aus zu verfolgen. Man verliert auch in der Schmid leiten nicht den Blick für den großen Atem des Lebens in unserem Raum. Es sei gestanden, daß mir die Schmidleiten viel Interesse abgenötigt hat und daß ich der ge schätzten Familie Hofrat Dipl.-Ing. Hermann Goldbacher, der diese Arbeit gewidmet ist, einen Dienst erweisen wollte. Das Alter des Hofes Das Datum der Gründung des Hofes Schmid leiten wird nicht zu ermitteln sein. Urkundlich scheint er zum ersten Male im Urbar des Stiftes Spital a. P. von 1492 auf. In diesem Jahr war Spital, seit 1418 Kollegiatsstift, als bambergische Stiftung 302 Jahre alt. Heinrich II., der Heilige (1002—1024), hatte sein Lieblingsbistum bei der Gründung 1007 mit großem Landbesitz am oberen Main und im ganzen Reich aus Königs gut ausgestattet und darüber die Immunität ver liehen. Vom heutigen Oberösterreich erhielt es hauptsächlich den Landstrich von der oberen Krems bis zum Pyhrnpaß. Als Lehensmannen der Bischöfe von Bamberg finden wir die steirisdien Ottokare und die Herren von Ort ge nannt. Im Jahre 1190 errichtete aus einem echten Be dürfnis Bischof Otto II. aus dem Geschlecht der Andechs-Meranien das Spital am Fuße des Pyhrnpasses. Es sollte den Kreuzfahrern und Pil gern auf ihrem Weg über die Alpen als Herberge dienen. Er übergab seiner Stiftung 10 Güter im Tale von Windischgarsten als volles Eigentum und forderte auch seine Ministerialen auf, Güter, welche sie von ihm zu Lehen hatten, dem neuen Spital zu widmen. Vielleicht diese Anregung befolgend, verpfändete Hartnid V. von Ort 1239 seine Lehen zwischen Steyr und Pießling und dem Schweizersberg an Spital, 15 Jahre später machte er daraus eine endgültige Schenkung. Demnach ist das Spital seit der Mitte des 13. Jhdts. die Grundherrschaft im Stoder östlich der Steyr. Westlich der Steyr befanden sich die Bauern unter der Herrschaft Klaus. Ob nun die Bauernhöfe im Stodertai, wie sie das Urbar von 1492 nennt, unter den Ortern oder unter Spital eingerichtet wurden, wird nicht mehr auszumachen sein. Sicher ist, daß sie lang vor ihrer ersten Nennung angelegt wurden. Auch in unserem Lande war das hohe Mittelalter die Zeit der Kolonisation, das späte Mittelalter eine Zeit der Wüsttmgen. Die Landgewinmmg schritt von den günstigen Lagen der Talleisten und unteren Hänge zu den schlechteren Plätzen hangaufwärts bis zu den Grenzertragsböden. * Die derzeitige amtliche Schreibweise lautet „Schmied leithen".
■3 ^ r ^^-9 \J k 1 x^"' ^VWSvj)Nvvbfrt^/(w I Vcwvuc' -^1 i\ ps^ i ^ 1 OHiit) ait ici- ,yt(mn (üta('. Jftvwcn?!«» w-GS., 6>ly /«i'» '|>iait Dii«. I iVvt^ V| u ^ p«wv , ^0 "~f «/ '1?M 3- # -ene. —V • I Wvl\<*v>(iv'(h-, I % ' )ÖCVMV(>m\'(i» öt6J\%>\AW / —■ wwr ■jwivjvulNbtrtömki jttv Av»v\bcvi^u£('vvvv\>5vmt^ "CCXN ^ .• ^S^wv XX' ,-^S<tfVüv -V . -V c. ^ |>uai. Oluv I i ij i v^ .„:jr* ' I •'/■ \o ' Awl (^ -■■ ■ i Diensturbar der Herrsdiaft Spital am Pyhrn von 1492. \vi
Erst in der Neuzeit wurden die srunpfigen und übersdiwemmungsgefährdeten Tallagen in die Besiedlung einbezogen. Holter (Lit. 4, S. 200) belegt die Rodung des Steyrlingtales für die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts, eines Tales von schlechterer Ausstattung als das Stodergebiet. Gerade die Einrichtung der Höfe in Steyrling läßt die Annahme zu, daß ihnen die Bauerngüter in Stoder vorausgeschritten waren. Wie am An fang gesagt wurde, urkundlich beweisen lassen sie sich erst seit 1492. Größe und Leistungen des Hofes In den Urbaren des Mittelalters und der Neu zeit finden sich nur Angaben über Natural- und Geldleistungen der Bauernhöfe. Von der Größe des Hoflandes gibt zum ersten Male das Josephinische Lagebuch von 1788 Auskunft. Es nennt für die Schmidleiten insgesamt 175 Jodi ®/o4, aufgeteilt auf 8 Joch ®®/64 Äcker, 49 Joch V64 Wiesen und 117 Joch V64 Wald. Der Franziszeische Kataster, der 1826 nach einer Ver messung durch Heeresgeodäten angelegt wurde und dem man Genauigkeit bescheirügen darf, nennt für die Schmidleiten 303 Joch 1505 qKl., wobei hier 84 Joch 1394 qKl. doppelt gezählt werden. (Parzellen Nr. 1241a, 1241b, 1242,1243, 1244). Auf Kulturarten gegliedert, sind es 59 Joch 604 qKl. Alpe, 156 Joch 1143 qKl. Hochwald, 41 Joch 561 qKl. Hutweide, 12 Joch 42 qKl. Wiese, 12 Joh 1263 qKl. Egarten, 21 Joch 1092 qKl. Fels und 1250 m® verbaut. Der Katastralauszug vom 25. Sept. 1882 kommt zu einer Gesamtfläche von 329 Joch 1322 qKl. Es fehlen hier die Parzellen Nr. 1758, 1241, 1242, 1243, 1244. Andererseits scheinen neu die Parzellen Nr. 2088 und 2089 auf. Die Aufteiltmg neimt hier 12 Joch 291 Kl. Äcker, 19 Joch 900 Kl. Wie sen, 3 Joch 436 Kl. Gärten, 69 Joch 1474 Kl. Wei den, 191 Joch 1394 Kl. Wald, 6 Joch 676 Kl. Alpen, 25 Joch 1420 Kl. ungerodet und 471 Kl. verbaut. Von den drei Größenangaben darf man der letz ten wegen des späten Datums den Vorzug geben. Das Josephinische Lagebuch beruht auf Schätzun gen der Bauern selbst (Kommissionen), wird also absichtlich zu niedrig sein. Die Unterschiede zwischen Franziszeischem Kataster und dem Katastralauszug von 1882 liegen teils an der fortschreitenden Genauigkeit, teils in der ver schiedenen Bewertung und Einteilung der Par zellen. Es muß angenommen werden, daß seit dem Mittelalter die Größe der Schmidleiten bis zum Beginn des 20. Jhdts. gleichgeblieben ist. Die Grundherrschaft hat wegen der Lebensfähigkeit und Dienstbarkeit der Bauernhöfe den Grund verkauf sehr erschwert. Erst die liberale Ära brachte mit dem Gesetz vom 27. Juni 1868 die Verkehrsfreiheit von Grund und Boden, d. h. die Belastbarkeit, die freie Veräußerung, Aufteilung und Zersplitterung. Bei der Durchsicht der Briefprotokolle der Herr schaft Spital a. P. (Verlassenschafts-, Verkaufs abhandlungen) und des anschließenden Grund buches wurden keine Eintragungen über Grundzu- oder -Verkäufe gefunden. Ändenmgen be trafen nur die Servitute: 1655 erwarb die Schmidleiten von Hans vom Petershof das Recht, 10 Stück Rinder mehr auf die Bärenalm zu trei ben. (Also insgesamt 35). 1711 gestattete die Schmidleiten die Einrichtung einer Hausmühle in der Baderau (Hs 72 u. 78). Was nun die Leistungen (— Abgaben) der Schmidleiten anbelangt, so ist im Lauf der Jahr hunderte eine Zunahme zu beobachten. Die ge stiegenen Geldbedürfnisse der Grundherrschaft und des Landesherrn für Verwaltung und Mili tär mußten die Untertanen befriedigen. Im Urbar von 1492, das Dechant Urban von Weix aufgrund von eidlichen Aussagen der Untertanen an Stelle älterer Aufzeichnungen anlegen ließ (Schiffmann, Lit. 8, II. Teil, S. 529 ff.), zinste Smid an der Leyttenn, alias Paurenhueb 1 Metzen Roggen 6 Metzen Hafer Vä Metzen Amtshafer 2 Hennen 40 Eier Fuerphenn 10 Weinpfenn 12 Steur 40 Saltzphenn 18 denarius Georgy 30 denarius Von der peunt 20 denarius Von der Rottenmaur Georgy SO denarius Von der Peernleytten Almrecht 32 denarius Idem von der Schennau 1 Henne, 20 Eier Item von der muH und smitten 32 denarius, 1 Hun, 20 ayr
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