OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 1/2

Landes angelegt sein. Andere Details der Ur kunde verleihen den „Drei Grafschaften" wie derum ziemlich deutliche Konturen, wobei Ein zelheiten mitgeteilt werden, die nur auf das Ge biet nördlich der Donau zutreffen. So müssen „Sclaui, Rugis, Baemanis", die in der Urkunde erwähnt werden, als Stammesbegriffe gewertet werden, die eng mit dem Gebiet Böhmens und Mährens verknüpft sind. E. Zöllner beschäftigt sich mit dem Begriff der „Rugi" und vertritt die Meinung, daß es nicht auszuschließen sei, hier den Überrest des germanischen Volksstammes der Rugier zu erblicken^®. Die Rugier werden in der „Vita Severini" wiederholt als Siedler im Gebiet nördlich der Donau angeführt. Die „Drei Grafschaften" waren somit die Nachbarbezirke der nördlich siedelnden Böhmen, Slawen und der damals noch bekannten Rugier, die damit zu gleich den Bezug zum Altertum herstellen. Die Bezeichnungen „Rotalariis, Reodariis" in der Zollordnung werden darüber hinaus mit Landes teilen des Gebietes nördlich der Donau gleich gestellt. Diese ergeben sich aus dem Gewässer namen Rodl und dem Gebietsnamen Riedmark^®. Ein dritter Name fehlt hier, um die Drei teilung des Landes komplett zu machen. Er kann der älteste Teil gewesen sein, westlich der „Rotala" und der „Mühel" gelegen, gleicher Ent stehungsart zuzuschreiben, ebenfalls wurzelnd im vergehenden Altertum und ebenfalls bereits durch germanische Gebietshoheit noch zur Zeit der Anwesenheit der Römer an der Donau ge prägt. Dies wäre in westlicher Ausdehnung das Gebiet des ehemaligen Landkreises Wegscheid in Bayern, dem die gleichen Landschaftszüge anhaf teten wie dem oberen tmd dem unteren Mühl viertel. Eingeschlossen in dieses Gebiet ist der landschaftliche Mittelpunkt Zell (jetzt Obern zell), an der Donau gelegen, dessen geschicht liche Entwicklung einen Höhepunkt im frühen Mittelalter mit Sicherheit vermuten läßt. Um fangreiche Bodenfimde, der kirchliche Bezug zur vorkarolingischen Zelle und die vielfachen Hin weise auf einen bedeutenden Adelssitz in eben dieser Zeit sind deutliche, bisher ebenfalls nicht gewürdigte Indizien in dieser Richtung. In die La-Tene-Zeit reicht die Verarbeitung von Gra phit bei der Herstellung von Tongefäßen in Obernzell (Griesbach in der Zell) zurück. Kera mikreste aus Graphitton verschiedener Perioden sowie eine auf Massenproduktion hinweisende Anzahl von Erdbrennöfen, in den letzten Jahren erst freigelegt, liegen als weitere Beweise vor. Aus einer weit zurückreichenden Entwicklung in frühen Zeitaltern waren Überlieferungen und Rechte im Lande der „Drei Grafschaften" offen bar so tiefwurzelnd vorhanden, daß selbst karolingische Könige nicht imstande waren, diese zu schmälern oder sorglos abzuschaffen. Die Raffelstettener Zollordnung gibt dies auch indirekt zu erkennen. Der zweite Hinweis auf das Land der „Drei Grafschaften" befindet sich in einem Bericht Ot tos von Freising aus dem Jahre 1158 über die Bil dung des Herzogtums Österreich durch Kaiser Friedrich 1.^^. Hier erfährt rund 250 Jahre nach der Zusammenkunft in Raffelstetten das besagte Land wiederum aus Anlaß eines besonderen Ge schehnisses Erwähnung. Erst diese Duplizität, verbunden mit dem Zeitunterschied, läßt die Be deutung des Gebietes der „Drei Grafschaften" so recht erkennen. Dabei kann kein Zweifel darüber bestehen, daß es sich um das gleiche Land han delt. Diesmal wird es einer anderen Oberhoheit unterstellt und wiederum unterlassen, dessen Grenzen zu nennen. Otto v. Freising berichtet in seiner Beschreibung des Staatsaktes zu Regens burg des Jahres 1156 so selbstverständlich von den „Drei Grafschaften", daß angenommen wer den kann, ihm selbst waren sie gut bekannt. Und dies war auch durchaus möglich, weil der bis herige Markgraf und spätere Herzog Heinrich sein Bruder war. Dessen Bemühungen waren ständig darauf gerichtet, im Lande der „Drei Grafschaften" Hoheitsbefugnisse zu erlangen bzw. zu erweitem. Die bewußte Trenmmg der „Drei Grafschaften" von dem anderen Gebiet der Ostmark läßt noch zu einem Zeitpunkt, der Erich Zöllner, Rugier oder Russen in der Raffelstettener Zollurkunde, MIÖG, Bd. 60,1952, S. 108-119. F. Pfeffer, Das Land .. ., S. 32. " „Exinde de ea marchia cum predictis comitatibus, quos tres dicunt, iudicio principum ducatum fecit,..", „Danach verwandelte der Kaiser die Mark und die Grafschaften, welche die ,Drei' genannt wurden, in ein Herzogtum...": Gesta Friderici I imperatoris, Schulausgabe von G. Waitz, 3. Aufl., 1912, S. 160.

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