OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 1/2

sdiirmspringen"®' und in dem Tanzspiel „Rus sen verfolgen"®* zum Ausdruck kommt. Letz teres erinnert an die russische Besatzung im Mühlviertel und läßt die damals schwierige po litische Lage des Landes ahnen. Nach mundartlichen Vorträgen, die vom Alt bauer Ferdinand Leopoldseder einst gelesen oder Erzählern abgelausdit in ungewöhnlicher Länge völlig frei aus dem Gedächtnis gehalten werden — (hiezu Tonbandaufnahme!) und dem Singen etlicher Gstanzl fliegt am späteren Abend plötz lich die Stubentür auf, und eine Gruppe geord neter Maskierter, die „Maschkara" (Abb. 12), betritt — zumeist schweigend — den Raum. Vor an schreitet der bärtige „Pritscher"®® (Abb. 13), ein Bündel Haselruten, einen bänderbehangenen Besen oder stark raschelnde Holzspäne aufrecht haltend, womit er die Seinen in den nun folgen den paarigen Rundtänzen zusammenhält und be wacht. Er sorgt dafür, daß für die Masken genügend Platz ist und sich niemand nähert oder sie zu erkennen sucht. In alte bäuerliche Gewän der mit Hüten imd Kopftüchern gekleidet oder mit einfachen Gesichtsmasken hüpfen die Maskerer ihre nach brauchtümlichem Recht zustehen den Alleintänze, zumeist die „Franzee-Polka". In tänzelnd-hüpfenden Bewegungen wird nun vom „Pritscher" jeder von außen in den Tanzkreis Eindringende abgewehrt. Dieses hüpfende und drehende Tänzeln ist zweifellos ein Gegenstück zur Bewegimgsart anderer Masken und Umzugs gestalten unseres alpenländischen Raumes der Mittwinterzeit (so der Ebenseer Klöckler, der Salzburger Perchten, der Imster Schemen, der Appenzeller Kläuse u. a.). Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren®®, daß es den Maskerern hiebei nicht darum gehe, sich in ihrer Verkleidungsart und Rolle persön lich zu vergnügen, sondern eher darum, in ihrem Erscheinen ihren urväterlichen Auftrag zu er füllen. Gesellt sich doch zu den bereits erwähn ten ungewöhnlichen Schreiten ein ernster mi mischer Ausdruck und strenger Bewegungs habitus hinzu. Es mutet fürwahr imheimlich an, wenn sich zum stummen Gehaben und an den gelegentlich ge stammelten und unartikulierten Lauten des „Prit schers" sowie an dessen allgemeiner Erschei nungsart — die an geisterhafte überirdische We sen gemahnt — erkennen läßt, wie der Stamm baum auch dieses Maskenbrauchtums zu altger manischer Religion zurückführt®'. Auch dieses Maskenbrauchtum fügt sich trotz der heute allgemeinen Verflachungserscheinrmg in das Gesamtbild der dunklen Jahreshälfte, der großen Einheit von Martin bis Walpurgis ein. In den langen und froststarren Nächten der Winterzeit bis zum Erwachen neuer Wachstumskräfte im Vorfrühling bildet die Maskenerscheinung auch einen engen Zusammenhang mit den Sagen dieser Zeit. Somit sind wir nach Auflösung des Tanzkreises der paarweise tanzenden Maskerer und deren Abzug auch bei der Volkserzählung, beim Sagen gut, den beliebten „Geistergeschichten" und der „Wilden Jagd" angelangt (Abb. 14). Das „Zwöfileitn" oder Schlußläuten am Ende der Rockaroas wird in Eipoldschlag bei Weitersfelden durch vor- und rückwärtsschwingende Gitarre und gleichzeitiges Streichen der Saiten mit den Fingern derselben schwingenden Rechten darge stellt. Bezeichnend auch für diese bäuerliche Unterhal tungsform der Rockaroas ist bei allen das selbst verständliche Dabeisein und die Teilnahme der Kinder, was nie und nirgends als störend emp funden wird. Dieses Faktum ermöglicht beson ders in diesem Falle ein geradezu organisches Hineinwachsen in diese Bauerntänze und Unter haltung von Kindesbeinen an, da das gesamte Geschehen direkt und wiederholt gesehen, erlebt und schließlich allmählich selbst probiert werden kann. Dieses natürliche, eigene Erleben geht tiefer, beeindruckt stärker und währt immer. In häufigen Fällen läßt sich die Gleichheit oder die Entwicklung des Kinderspieles zum Erwach- " Auch „Himmelfahrt" genannt, vgl. O. Kampmüller, S. 38. Spielbeschreibung: O. Kampmüller, S. 28. Noch vor wenigen Jahren konnte in der Ortschaft Kriechbaum bei Tragwein als „Pritscher" die 94jährige Franziska Schoißengeier erkannt werden. " Selbsterlebte Rockaroas beim Einschichtbauem Rosner in Eipoldschlag bei Weitersfelden am Faschingsonntag 1967. " O. Höfler, Kultische Geheimbünde der Germanen (Bd. 1), Frankfurt a. M. 1934. — Verwandlungskulte, Volkssagen und Mythen (Bd. 2), Wien 1973.

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