OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 1/2

Wendung des aktiven Teiles und der körperlichen Toleranz des Betroffenen handelt, wie dies im „Stockschlagen" (Abb. 7), „Simpe(r)l, wo bist?" u. a. zum Ausdruck kommt. Das im letztgenarmten Spiel sich gegenseitige Verfolgen mit ver bundenen Augen in Kriechstellung und das Aufeinanderzusdilagen mit einem geknoteten Tuch bei akustischer Orientierung findet eine Entspre chung im alten „Hahnsdilagen"^-. Dieses Spiel ist auch in Brueghels „Kinderspielen" dargestellt. Audi unter dem Namen „Topfschlagen" be kannt, läßt es sidi bei F. M. Böhme^® einen hinter diesem Topf versteckten lebendigen Hahn vor stellen. Daß es Sick audi um Vögel handeln kann, nacäi denen geschlagen wurde, besagt das von J. H. Fischer-^ angeführte Spiel aus Griechenland: „Bey einem anderen Spiele binden sie eine Wach tel oder anderen Vogel an einen Pfahl in der Mitte eines Kreises, einem aus der Gesellschaft werden die Augen verbunden, man führt ihn ungefähr zwanzig Schritte vom Zirkel weg, und er geht auf eben der Linie zurück, trifft er die Wachtel mit dem Stocke, den man ihm in die Hand gibt, so hat er gewonnen." — Sieht man mm im „Hahnschlagen" bzw. „Topfschlagen" einen Vorgänger des heute bei den Bauernbur schen beliebten Spieles „Simperl, wo bist?", so hat man später für den „Topf" im „Topfschla gen" die Bezeichnung „Simperl" in „Simperl, wo bist?" gewählt und ist damit vermutlich von der Gegenstandsbezeichnung, nämlich dem strohge flochtenen Brotkörbchen, zum mit „Simpe(r)l" bezeichneten Spottnamen-' für den jeweiligen Gegenspieler gelangt. Die heftigen Zurufe und knappen Spieldialoge der zum Schlage ausholen den Spieler lassen dies erkennen und dieses Spiel eigentlich zu einer Kraft- und Mutprobe werden, ja zu einer mehr asketischen Spielart mit wohl heiterem Grundton anklingen. Auch werden wir durch ähnliche Spiele und Pro ben im Ertragen von Feuerhitze, Eiskälte und durch andere sogenannte asketische Jünglings spiele an die einstigen Initiationsriten und die Jünglingsweihe erinnert^®. Als Beispiel einer solchen Mut- und Toleranzprobe mag das unter den vielen Pfänderspielen rcmgierende Abschnei den des brennenden Kerzendochtes mit einer stark erhitzten Schere gelten. Als Bewegungsspiele in Nachlaufen und Er haschen seien das „Fuchs durch d' Lugga (Loch) treibn"-^ angeführt sowie „Fuchs im Brei — Wer soll's sein?", das den Übergang zum Tanz bildet und selbst im Untersuchungsraiun in verschiede nen Spielvarianten anzutreffen ist^®. Die Kraftund Bewegungsspiele, bei denen ausschließlich Bauernburschen und Jungmäimer beteiligt sind, tragen keinen bewußten, beabsichtigten Werbe charakter. Die Jungbäuerinnen und ledigen Mäd chen, die an den von den Bauernburschen und Jimgmännern ausgeführten Kraft- und Bewe gungsspielen nicht teilhaben, vergnügen sich oft mit schallendem Gelächter daran, ohne jedoch durch laute Zurufe anzufeuern oder Anerken nung zu zollen. Trotzdem wendet sich doch xmbewußt die Gunst der Weiblichkeit dem Stärke ren und Gewandteren zu, und gerade die ledigen Burschen glauben bzw. neigen emotionell dazu, dem Spiel in Gegenwart von Mädchen größeren Reiz abzugewinnen. Auch die Pfänderspiele gehören hieher, werden jedoch in der Regel nur von den Jüngeren ge spielt und finden erfahrimgsgemäß bei Rockaroasn mit gemischtem bäuerlichen Publikum sel tenere Anwendung. Die heiter-grotesken Spiel arten sind wiederum häufiger und ich konnte sie, übereinstimmend mit Kampmüller, bei bäuer lichen geselligen Zusammenkünften auf der be reits erwähnten Harlingsedt bei Königswiesen beobachten. Es sind dies die Spiele wie „Rasie- ^ P. Amand Baumgarten beschreibt in den Heimat gauen, 1922, auf S. 148 f. das „HahnscWagen", wobei ein an einer langen Sdinur angebundener Hahn von mehreren Burschen, denen die Augen verbunden sind, von einem mit Stroh umwundenen Dreschflegel er schlagen wird. — Auch O. Kampmüller, S. 50, beschreibt es. F. M. Böhme, Deutsches Kinderlied und Kinderspiel, S. 632. J. H. Pisdier, Beschreibung der vorzüglichsten Volks feste, Unterhaltungen, Spiele und Tänze der meisten Nationen in Europa, II, S. 101. Simpe(r)l, nach Kluge, S. 709 = einfältiger, dummer Mensch. Caillois, Die Spiele und die Menschen, Stuttgart 1960, S. 24. Siehe auch O. Kampmüller, S. 28, Nr. 6, bei Doppelmayr, S. 192, auch „Hirschn duri's Ghag treibn" ge nannt. Siehe auch O. Kampmüller, S. 28.

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