OÖ. Heimatblätter 1979, 33. Jahrgang, Heft 1/2

versiegte der Zustrom der Gäste, und Praher ließ sogar die ihm überlassene Bründlkapelle ab reißen (vgl. Stelzmüller, Heimatbuch). Als am 15. Juni 1769 das Haus 65 an der linken Marktplatzseite abbrannte, zog sein Besitzer, der Handelsmann Jakob Zellinger, aus dem Ort, ohne sich um die Brandstätte zu kürrunern. Der Markt baute das Haus (siehe Abb. 2) um 267 fl auf und verkaufte es 1775 dem Wundarzt Chri stian July (vgl. Stelzmüller). Er war der Sohn eines Schafhalters aus Wartberg bei Preßburg und 1764/65 in St. Oswald bei Freistadt tätig, wo er 1764 Maria Franziska Deitlhauser, die Tochter des Baders Simon Thaddäus D. und der Elisabeth Katharina aus Kefermarkt, geheiratet hatte. Das von ihm erworbene Haus 65 hatte einen Hausgarten und einen Luß rechts von der Tragweiner Straße vor dem Haus 74 bei der Knechtmühle, 46 Klafter lang und 13 Klafter breit. Die Ernte betrug 6 Metzen Korn, 6 Metzen Hafer und etwas Heu. Den Zehent faßte das Marktspital in Zell zu zwei Drittel und die Herr schaft Riedegg zu einem Drittel. An landesfürst lichen Abgaben waren 6 Rüstgelder in der Höhe von 13 fl, der Pfennigbeitrag von 34 Kr. 2 d, der Viehaufschlag von 11 Kr. und das Weggeld zu 13 Kr. zu entrichten. Die Grundherrschaft Prandegg hob ferner 1 fl 9 Kr. 2 d Landsteuer und 2 fl 3 Kr. 2 d an ordentlichem Dienst ein imd schrieb als Robotleistung einmal im Jahr ein Schnittergeld von 7 Kr. und das Mitgehen bei der Jagd vor. Nach dem Gabenbuch des Marktes 1767 (L. A.) war das Haus auf 200 fl imd die Badergerechtigkeit auf 100 fl geschätzt. 1780 wollte July das Haus dem Badergesellen Jo hann Kornmiller in Lambach verkaufen, der aus Strengberg in Nö. stammte, überlegte es sich aber wieder anders und veräußerte es um 400 fl an den Badergesellen Ulrich Guth aus Wellding unter der Herrschaft Ginsberg in Schwaben. (Joseph. Lagebuch). Dieser heiratete 1780 in Zell die Hofwirtstochter Klara öller aus Windhaag bei Perg und wurde bald Ratsbürger. Das Kreis amt Mühlviertel in Freistadt forderte ihn 1789 auf, sich binnen 4 Wochen der vorschriftsmäßi gen Prüfung zu unterziehen oder auf seine Ko sten einen Provisor einzustellen (Baderschriften im Stadtarchiv Freistadt, L. A.). Dem dürfte er nicht nachgekommen sein, denn noch im selben Jahr veräußerte er das Haus an den Chirurgen Michael Mittelmann und seine Frau Eva Rosina, der es, nachdem es am 31. August 1800 dem Marktbrand zum Opfer gefallen war, 1802 an den Wundarzt Johann Michael Dannegger (Donegger) aus Linz verkaufte, der im selben Jahr sein Zeugnis bei Dr. Steininger in Linz erworben hatte. Seine Gesellenzeit dürfte er in Böhmen verbracht haben, da er 1802 in Zell die aus Prag stammende Hofratstochter Ludmilla Anna Wirt von Wehrenfels heiratete, die aber schon 1815 starb, worauf er Anna Gansinger aus St. Geor gen am Fillmannsbach heimführte. Wie sehr in dieser Zeit das Pfuscherwesen blühte, zeigt folgender Fall aus dem Zellhofer Archiv (Schachtel 229, L. A.): Das Pfleggericht Zellhof erhielt 1809 die Anzeige des Kreisphysikusses Dr. Schober in Perg, daß der Landwirt Michael Strasser am Kleinpühringergut in Tragwein den Landwirt Karlinger aus Gutau und einen 20jährigen Burschen aus Pregartsdorf bei sich be handle. Der Marktrichter von Tragwein bekam den Auftrag, mit dem Gerichtsdiener bei Strasser alle Medikamente und Instrumente zu beschlag nahmen. Der Zeller Wundarzt Dannegger mußte den Inhalt von Gläsern und Büchsen untersuchen und stellte fest: In einem Glas sei Kampfer, in einer Büchse ein „Wunderbalsam", den er als Steinöl erkannte, und in einer anderen eine mit Terpentin versetzte Schmiere. Ferner fand er ein Pflaster, aus unbestimmbaren Bestandteilen her gestellt, und ein grünliches Pulver, das er aus Käsepappeln, Frauenmantel tmd Benedikten kraut bereitet analysierte. Vor Gericht gestellt, gab Strasser bekannt, daß sich der Bursche in den linken Fuß gemäht habe. In den Büchsen befände sidi ein Wunderbalsam und ein Wurmpflaster mit Wagenschmiere (!) versetzt. Das Pflaster sei ein Salbenpflaster für offene Wunden. Mit dem grünen Pulver sei der Schaden einzustauben. Auf die Frage, ob er Instrumente hätte, sagte Stras ser: Wenn geschnitten werden solle, so nähme er eine Schere oder wetze ein Messer, bis es schneide. Für die Behandlung des Burschen ver lange der Bader zu Gutau 60 bis 80 fl, während er sich mit 15 fl begnüge. Ihm sei noch kein Pa tient gestorben. Auch hätte er schon einen Bauer aus Rechberg geheilt, dem ein Baum den Fuß abgeschlagen hatte. Die Kenntnisse habe er von

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2