Helene Crünn: Wäsche waschen. Volkskunde aus dem Lebensraum der Donau (= Niederösterreichische Volks kunde, Bd. 10), Wien 1978 (Verlag des Nö. Heimat werkes), 200 Seiten mit 90 Abb., davon 12 in Farbe. S 288.—. Längst gehören die Werke von Frau Professor Dr. He lene Grünn, die erst kürzlich für ihre Verdienste um die Erforschung und Pflege der Volkskultur vom Herrn Bundespräsidenten durch Verleihung des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet wurde, zu den beliebtesten und in ihrer wissenschaftlichen Aussage verläßlichsten Publikationen der österreichischen Volks kunde. Es gehört zu ihren besonderen Vorzügen, daß sie in ihrer Themenwahl jene Bereiche der Volkskultur, in der Gerätekunde wie in der Geschichte des Hand werks, bevorzugt, die sich zur Jetztzeit im rasanten Stadium des Rückganges unter dem Einfluß der Voll technisierung des Gewerbes und der Haushalte befinden. Mit dem vorliegenden Buch hat die Verfasserin wohl in methodischer und stilistischer wie in dokumentatorischer Hinsicht den Höhepunkt ihres bisherigen Schaf fens erreicht. Wieder steht diesmal ein ganzes histo risches Kapitel der Volkskultur und eines einst nicht unbedeutenden sozialen Standes im Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Mit Erstaunen wird vor allem mancher männliche Leser in der mit Liebe und Exaktheit zugleich vorgetragenen Behandlung dieses von der Forschung bisher kaum beachteten Problemkreises die überraschend große Vielfalt von einstigen, heute schon fast völlig ver schwundenen Geräten und Arbeitsmethoden zur Kennt nis nehmen, mancher ältere sich aber auch plötzlich wieder jener umfangreichen Tätigkeit erinnern, mit der sich unsere Mütter einst dem notwendigen WäscheWäschen widmen mußten, wenn vor seinen Augen, bestens illustriert, die „Sechter", „Waschtröge", „Rum peln", „Stachel-" imd „Kohlenbügeleisen" wie die längst vergessenen Waschmittel von „Schmierseife" und „Waschblau", die hauseigenen „Waschküchen" und die „Waschbänke" an den Bächen und Flußufern wieder auferstehen. Nach einem Kurzbericht über die Geschichte der Klei dung von der Antike bis in die Neuzeit (wobei wir freilich neben dem Hinweis auf den berühmten Poysdorfer Wäschefund gern auch den mindestens gleichwer tigen „Schwanenstädter Schatz" im Oö. Landesmuseum erwähnt gesehen hätten) führt uns die Verfasserin in die Geschichte, den Gerätestand und die Technik, nicht weniger aber auch in den sozialen Stand der Wäscher und Wäscheriimen ein, beschreibt die Tracht und das Brauchtum der gewerblich tätigen Personen xmd be schert insbesondere den oberösterreichischen Lesern ein aufschlußreiches Kapitel über die einst so bedeutenden gewerblichen Wäschereien im Norden der Stadt Linz, deren Geschichte, Baulichkeiten und Tätigkeit die Ver fasserin noch in den fünfziger Jahren sorgfältig studiert und aufgezeichnet hat. In summa: ein in Anlage und Ausführung sorgfältig durchdachtes Musterbeispiel der monographischen Be handlung eines volkskundlichen Themas, das nicht nur in der Aufbereitung des Materials für den Wissen schaftler wie für den Laien lehrreich und amüsant zu lesen ist, sondern auch in der Gesamtliteratur der Volks kunde eine bisher kaum bemerkte, aber jetzt deutlich sichtbare Lücke ausgefüllt hat. Ernst Burgstaller Gerhardt Kapner: Barocker Heiligenkult in Wien und seine Träger (= Österreich-Archiv), Wien 1978 (Verlag f. Geschichte u. Politik), 147 Seiten. 5 176.—. Schon einmal wurde in dieser Reihe ein verwandtes Thema behandelt, nämlich Aima Coreths „pietas austriaca" (1959). Auch Franz Ortners „Heiligen verehrung zwischen Romantik und Moderne in Wien" (1972) beschäftigt sich, wenn auch für eine andere Zeit spanne, mit dem Thema der Heiligenverehrung in Wien aus der Sicht der jeweiligen Zeit. Wir sind heute viel zu sehr auf eine Gegenwartsbezogenheit bedacht und stehen gerade der Heiligenverehrung, die sich uns am auffälligsten in ihrer barocken und in ihrer nazarenischen Bildauffassung entgegentritt, manchmal nahezu verständnislos gegenüber. Erst aus der Kenntnis der kultur- und religionsgeschichtlichen Situation einer be stimmten Epoche wird man diese Phänomene in all ihrer Tragweite und hintergründigen Bedeutung verstehen. Das vorliegende Werk trägt wesentlich dazu bei. In einer derartigen Untersuchung streng zwischen „Hoch kultur" und „Volk" und damit zwischen den Disziplinen Geschichtsforschung und Kunstwissenschaft einerseits und der Volkskunde andererseits zu unterscheiden, sieht auch der Verfasser als unrichtig an. Als Beispiel nennt er die Bildstöcke, die u. U. bei einer solchen Vorgangs weise dann überhaupt nicht beachtet werden. Am Beispiel Wien, das — von einigen speziellen Ein flüssen und Rezeptionen abgesehen — im wesentlichen für den größten Teil Österreichs übertragbar ist, werden zunächst die theologischen Konzeptionen des Konzils von Trient im Hinblick auf die Bedeutung des Heiligen kultes für die Gegenreformation aufgezeigt. Das Bilderdekret des Tridentinums — diesbezüglich sei auf den jüngst erschienenen bemerkenswerten Beitrag von Benno Ulm im Ausstellungskatalog „Die Bildhauer familie Zürn" verwiesen — steht dabei selbstverständlich im Mittelpunkt der Ausführungen; die Frage seiner Aus wirkungen auf die bildende Kunst wird dabei genauso gestellt wie jene auf die Volksfrömmigkeit, und in späteren Kapiteln auch beantwortet. In diesem ersten Hauptteil, der die „Initiativen zur barocken Heiligen verehrung" behandelt, werden weiters die kirchlichen Bemühungen, sich zur Durchsetzung der weltlichen Macht zu bedienen, dargestellt. Daraus ergeben sich u. a. neue Formen des Marienkultes anstelle älterer Heiligen verehrung. Die Wiederbelebung vor allem marianischer Wallfahrtsorte resultiert ebenfalls aus diesen Bestre bungen. Kaum daß die gegenreformatorische Hoch schätzung der Heiligen ihren Höhepunkt erreicht, be ginnen aber bereits die ersten aufklärerischen Bestre bungen. Als besonders signifikantes Beispiel für die Initiative der Stifter und ihrer Motive wird der Wiener Nepomukkult behandelt. (Seine Seligsprechung fand 1721 statt, nicht wie mehrmals erwähnt 1722!) Die Stellung des
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