sdieint, gibt es im malerischen Werk von Anton Lutz auch keine Kompositionsskizzen als Ausflug in den Bereidi der Phantasie. Komposition — als mehrfiguriger Bildinhalt verstanden — dürfte für Lutz nicht von Bedeutung gewesen sein. Er ist ein lebensfroher, den Dingen der Welt zuge wandter Realist und der spontanen Arbeitsweise eher zugetan als der planenden; er läßt sich un mittelbar von einer Stimmung in der Landschaft, einem lichtumflossenen Mädchenkörper, einem farbleuchtenden Stilleben anregen, und malt un mittelbar vor dem Motiv — möglichst im Freien wie die französischen Impressionisten^- Lutz ist ein Gestalter der Wirklichkeit, für den es nur die malerische Auseinandersetzung mit dieser Wirk lichkeit um ihn gibt. Kürzlich sagte er® vor dem Bild „Mein Atelier" (Katalog-Nr. 59): „Das hier machte mir viel Freude. Idi hab' das Atelier doch schon seit fünfundzwanzig Jahren. Und eines Tages sah ich es so (auf das Bild weisend). Idi dachte mir: Herrschaft, das war' 'was und hab's angefangen. Zuerst die Vase auf dem Tisch, dann das andere. Da ist alles drin: vom tiefsten Schwarz (er tupft mit dem Zeige finger auf den Türpfosten im Bild) bis zum hellsten Sonnenlicht." (Er zeigt auf den Teppich vor der Tür!) Eines scheint aus den bisherigen Überlegungen als gewiß festzustehen, daß Anton Lutz seine Bildvorwürfe vor sich real zusammenstellt — und nicht vom skizzierten Bild-Einfall ausgeht —, um erst dann, wenn alle Einzelheiten (Körperbewe gung, Faltenwurf!) zur „Komposition arrangiert" sind, die Malarbeit zu beginnen und rasch zu vollenden. Dieser raschen „Arbeitswut" — ent zündet am Motiv — dienen auch Malgründe und Utensilien: Lutz verwendet in letzter Zeit fast ausschließlich Holzfaserplatten als Bildträger, weil dieses stabilere Material ein kräftigeres, zu packenderes Malen erlaubt als die flexiblere Mal leinwand, und verwendet zum Farbauftrag die spitze Spachtel. Wenn in den späten Tuschfaserstift-Zeicimungen des Alterswerks einzelne bekannte Bild inhalte wieder auftauchen, so haben sie keine Kompositionsaufgabe, scheinen vielmehr Mate rialversuche (als Kopien oder Nachgestaltungen früherer Werke) zu sein, um die neuentdeckte Technik als künstlerisches Betätigungsfeld* nach bereits gestalteten Gemälden auszuprobie ren. Die Zeichnung hat hier umgekehrten Cha rakter: nicht vorarbeitend wird sie eingesetzt, um die Bildkomposition klären zu helfen, sondern als Erinnerungsnotiz, und auch als Selbstzweck des Festhaltens eines sichtbaren Eindrucks. Komposition als Bildidee bleibt auch hier neben sächlich. An dieser Stelle ist ein Vergleicht mit der unmit telbar vorangegangenen Kollektiv-Ausstellung im Oö. Kunstverein, mit der von Fritz Fröhlich, sicher nicht uninteressant. Fröhlich bietet das, was Lutz vermissen läßt: einen glasklaren, kompositionellen Aufbau. Bei ihm gibt es keinen uninteressanten Fleck im Bildgefüge. Format und Bildinhalt (Tektonik) sind in träum wandleri scher Sicherheit des Empfindens aufeinander be zogen. Unter solcher Blickrichtung möchte man sich wünschen, daß Fröhlichs Bilder von der menschlichen und malerischen Wärme Lutz' er hielten (um ihren etwas kalten Intellektualismus zu verlieren) und Lutz' Gemälde von Fröhlich einen kompositioneilen Impetus bekämen. Trotz aller Einwände, die man gegen kompositioneile Schwächen mancher Lutz-Bilder haben könnte — es gibt auch hervorragend durchkomponierte, wie das wuchtige Porträt von Sturm-Skrla (Nr. 7, 1925) u. a. — bleiben die Farben-Orgien der letzten Jahre des über achtzigjährigen Meisters ein Phänomen, das die Vitalität und ungebro chene Schaffenskraft des Malers Anton Lutz auf das prächtigste dokumentiert. Es sollten noch die 40 Zeichnungen erwähnt werden, die neben den 64 Ölbildern (Jugend skizzen ausgeklammert) des „bekannten Lutz" eine echte Überraschung darstellen. Sie überneh men teilweise die strichelnde Technik der Ölbil der, sind mit spitzer Zeichenfeder und Tusche ^ Außer Toulouse-Lautrec, aufgrund seines körperlichen Gebrechens, und Cezanne, wegen der Kompositionen, die auf das Atelier angewiesen waren. ' Am 11. März 1979 in der „Landesausstellung A. Lutz", Linz, Landeskulturzentrum Ursulinenhof. * Lutz bedient sich der Zeichnung als Form des künst lerischen Ausdrucks erst im hohen Alter von 76 Jahren, „seit etwa 1970", imd stellte erstmals 1973 in der Linzer Hypo-Galerie Zeichnungen aus. (Vgl. O. Wutzelt Anton Lutz, Zeichnungen, Linz 1976, S. 7.) Auch Alfred Kubin wandte sich der kleinformatigen Zeichnung zu, weil ihn das lange Stehen an der Atelier-Staffelei zu sehr anstrengte. (Persönliche Mit teilung A. Kubins 1946 an den Verfasser.)
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