nicht möglich. Da aber unter ruck, Rauch, sym bolisch der Bereich des Hausrauches verstanden wurde, könnte es sich um einen Halm aus dem Strohdach eines Hauses handeln. Denn der erwähnte Halm von einem Schaub konnte ja außerhalb der Erntezeit doch nur aus einem Hausdach herausgezogen werden. Als Stelle an der Landgerichtsgrenze wird auch angegeben: beim weißen Kreuz, beim Marchstem, beim Falltor, beim Falter, was ja dasselbe ist, manchmal beim Bluatstein. So heißt es zum Beispiel im Banntaiding zu Molrain (heute Mollram bei Neunkirchen), daß die Über gabe beim weißen Kreuz stattfindet, „so man den Bluthstein nennt". Ein Blutstein als Übergabeortj wird auch in dem aus dem 17. Jahrhundert stam menden Banntaiding von Gerersdorf genaimt. Bisweilen ist von einem Gattertor oder von einer Gattersäule oder von einem luckerten Stein die Rede. (Das Loch in der Gattersäule diente zur Aufnahme des Sperrbalkens.) Ein „Rufkreuz" finden wir auf der ÖsterreichKarte 60 Bruck an der Leitha in der Nähe von Stixneusiedl. Dieser Name ist nach dem Gesagten leicht zu verstehen. Man kann es als verwunder lich ansehen, daß sich der Name bis heute erhal ten hat. Denn schon seit 1848 haben die Pfleg schaftsgerichte und die gleichwertigen Einrichtun gen zu bestehen aufgehört, weil damals die staatlichen Gerichte eingeführt wurden. Das Rote Kreuz, welches in der Wiedergabe des Banntaidings von Klein-Engersdorf erwähnt wurde, war noch in neuerer Zeit^ als rotes, höl zernes Kreuz bekannt und wurde auch „Malefizkreuz" genannt. Hier verdient eine Bemerkung aus einer neueren Arbeit über Bildstöcke® Erwäh nung. Die Farben waren bei den steinernen oft Weiß, bei hölzernen aber Rot. Wenn man sich also vorstellt, daß es gewiß nicht leicht sein kann, die rauhe Oberfläche eines Steines mit einem Rot zu bemalen, könnte einst das Wort rot mehr auf einen Rechtsbegriff verstanden worden sein. Auch war im Bereich der „Blutgerichtsbarkeit" die Farbe des Blutes als Farbe in der Bekleidung üblich. „Rot" ist manchmal aus roaten, raiten, rechnen, abzuleiten. Schmeller® führt Raitenbuech an, das später zu Rottenbuech verhochdeutscht wurde; ganz ähnlich bei Schiffmarm'': im Jahre 1606 noda Raitenpuech, später Rotenbuch. In Öster reich haben wir viele Rotenhof, die man als Abrechnungshöfe, also Wirtschaftshöfe, auffas sen kann, Sitz eines Amtmanns. Ganz allgemein hat die Farbe Rot vielfältige Bedeutcmgen. Im Handbuch des Aberglaubens füllen allein die Ausführungen zur Bedeutung als Blutsymbol 26 Spalten. Man bindet um das Handgelenk eines Kleinkindes ein rotes Band zum Schutz vor Verschreien. In gleichem Sinn als Schutz waren früher die Halsketten aus roten Korallen beliebt. Schließlich ist der erwiesene Rechtsbrauch, der sich mit den Roten Kreuzen verbindet, ausrei chend, für eine nunmehr befriedigende Erklä rung. Es ist nur merkwürdig, daß man bei den eingangs erwähnten eingehenden Nachforschun gen noch nicht darauf gekommen war. In Ober österreich habe ich nur bei dem Aschacher Hei matforscher Hiermann eine zarte Andeutung gefunden®. Er hat vor 50 Jahren das auch von Fietz erwähnte steinerne Mal am Donauufer zwischen den Stromkilometern 2164 km und 2165 km besprochen. Er spricht von dem Hoch gericht der Schönleuthen, dem Blutbannzeichen „das halbe Hochgericht", dem Galgen. Eine Vier tel Meile donauabwärts, doch schon landein wärts, sei ein Rotes Kreuz, ein solches auch ebenso donauaufwärts, „bei dem der Delinquent ein letztesmal beten konnte". Dies erinnert an die Bezeichnung „Armesünderkreuz". Ein so be nanntes Kreuz mit der Jahreszahl 1499 wird auch für Kämten angeführt®. Doch würde ich solche Kreuze eher den Galgenkreuzen gleich stellen, durch die alte Richtstätten angezeigt erscheinen. ^ Rund um den Bisamberg. Ein Heimatbuch, 1966. 5 Pia Maria Pledil: Bildstödce, Lichtsäulen und andere Denkmale der Volksfrömmigkeit in Niederösterreich, Wien 1971. ° J. A. Schmeller: Bayerisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 174. ' Konrad Schiffmann: Historisches Ortsnamen-Lexikon des Landes Oberösterreich, Bd. 3, S. 385. ® Franz Hiermann: Die halbe Meile — das heil'ge Mal; Unterhaltungsbeilage der Linzer Tagespost vom 13. 6. 1926. ' Eduard Skudnigg: Bildstöcke imd Totenleuchten in Kärnten, 2. Aufl., Klagenfimt 1972.
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