OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

Terrassen beziehungsweise Terrassenränder ein (19.2). Hier ist eine hohe Bindung maximaler Besetzungszahlen an den ersten Bebauungsstand festzustellen. Das Bewertungsspektrum von Na turräumen, die durch weitgehend ebene Flächen größerer Ausdehnung gekennzeichnet sind (19.3), weist eine wesentlich breitere Streuung auf. Das Diagramm zeigt, daß der Flächenaspekt für den Bebauungstand von 1829 völlig unbe deutend war. Einem einzigen relativen Maximum stehen 15 Fälle relativer Mirdma der Besetzungs zahlen gegenüber. Für alle folgenden Zeit abschnitte kann dagegen eine gleichmäßig hohe Bewertung des Flächenaspekts festgestellt wer den. Terrassenunterkanten, Hangfußbereiche und Schwemmkegel lassen ebenfalls ein sehr charakteristisches Bewertimgsmuster erkennen (19.4). Während der letzte Zeitabschnitt beinahe zwei Drittel aller relativen Minima der Beset zungszahlen auf sich vereinigt, häufen sich die Maxima in den beiden ersten Perioden. Beson ders hoch wurden diese Naturräume zwischen 1829 und 1910 bewertet. Die Besetzungsmaxima enger Täler, Kerben und Dellen (19.5) konzen trieren sich auf den Bebauungsstand von 1829, die Minima auf jenen von 1969. Die Bewertungsmaxima höhergelegener Hangbereiche (19.6) weisen eine zweigipfelige Verteilung auf. Hang lagen waren sowohl in den beiden ersten als auch in der letzten Periode besonders begehrte Ge bäudestandorte. Als Ergebnis dieser einfachen Vergleiche kann festgehalten werden, daß ähnliche Naturräume in verschiedenen Siedlungen ähnlich bewertet wur den. Es ist daher gerechtfertigt, von einer naturraumspezifischen Siedlungsentwicklung zu spre chen. 6. Zusammenfassung In der vorliegenden Untersuchung wurde ein ein faches Modell siedlungsspezifischer GesellschaftUmwelt-Beziehimgen vorgestellt. Dieses Modell geht von der Annahme aus, daß die gegenwär tige innere Differenzierung und die Entwicklung von Siedlungen nicht ausschließlich von Steue rungsmechanismen und Gesetzlichkeiten sozialer oder wirtschaftlicher Art abhängen, sondern auf dem Wege über Standortpotentiale, deren Perzeption imd Bewertung auch durch naturräum liche Gegebenheiten beeinflußt werden. Am Bei spiel ausgewählter größerer Siedlungen des Poli tischen Bezirkes Bratmau am Inn wurde versucht, einige dem Modell zugrunde liegende Basishypo thesen durch eine empirische Analyse zu über prüfen. Das Hauptanliegen dieser Analyse be stand darin, Argumente tmd Anhaltspunkte da für zu erbringen, daß das Modell ein einiger maßen zutreffendes Abbild der Wirklichkeit dar stellt. Auf der Grundlage einer Auswertung von Mappenblättern des Grundkatasters, von Luft bildern und der Ergebiüsse eigener Kartierungen konnte das räumliche Wachstum von siebzehn Siedlungen des Untersuchungsgebietes in den letzten 150 Jahren erfaßt werden. Im Vergleich mit den Ergebnissen einer genauen Kartierung der naturräumlichen Gegebenheiten war es mög lich, für jede Siedlung die nach fünf Perioden dif ferenzierte Entwicklung des Gebäudebestandes der einzelnen Naturräume zu ermitteln. Die rela tiven Besetzungszahlen der Naturräume mit Ge bäudeeinheiten wurden dabei als Ausdruck der siedlungsspezifischen Naturraumbewertung interpretiert. Auf eine Berücksichtigung der un terschiedlichen Gebäudefunktionen, die bei einer genaueren Untersuchung natürlich unerläßlich wäre, wurde verzichtet. Die Analysen erbrachten das mit Hilfe von Ver fahren der Prüfstatistik abgesicherte Ergebnis, daß unterschiedliche Naturräume für Siedlungs zwecke auch unterschiedlich bewertet wurden. Bei ähnlichen Naturräumen lassen sich dagegen über mehrere Siedlungen hinweg ähnliche Be wertungsmuster nachweisen. Eine Überprüfung der periodentypischen Bewertungsstrukturen ließ die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß in den verschiedenen Perioden unterschiedliche Wertesysteme als Steuerungsmechanismen der Gesellschaft-Umwelt-Beziehimgen wirksam wa ren. Die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Ar beit läßt die Aussage zu, daß das gegenwärtige Erscheinungsbild der Siedlungen des Untersu chungsgebietes in erstaunlich hohem Ausmaß durch Eigenschaften und Strukturen des Natur raumes beeinflußt wurden. Eine Erklärung dieses

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