kriterien eine hinlänglich gewichtige Rolle spielt. Nur wenn diese Bedingung erfüllt ist, wird die Naturraumbewertung das räumliche Verteilrmgsmuster der materiellen Komponenten des Kultur raumes in erkennbarer imd meßbarer Weise be einflussen. Nimmt man an, daß das Modell eine zutreffende und für Erklärungszwecke sinnvolle Beschreibimg der Wirklichkeit darstellt, dann muß erwartet werden, daß bei vergleichbaren wirt schaftlich-sozialen und naturräumlichen Rand bedingungen Naturräume mit unterschiedlichen Eigenschaften auch einen jeweils unterschiedli chen Besatz mit materiellen Komponenten des Kulturraumes aufweisen. Andererseits muß aber auch erwartet werden, daß ähnlich strukturierte Naturräume gleich bewertet und daher auf ähn liche Weise genutzt werden. Damit ist eine rela tiv einfache Möglichkeit zur Operationalisierung dieser ersten Basishypothese gefunden. Es ist möglich, an konkreten Beispielen zu überprüfen, ob die nach dem Modell zu erwartende Raum struktur mit der im jeweils untersuchten Gebiet beobachteten Raiunstruktur übereinstimmt. Kann eine soldie Übereinstimmung festgestellt werden und erbringt eine genaue Analyse das Ergebnis, daß die Übereinstimmung systemati scher und nicht zufälliger Art ist, dann muß — zumindest bis zum Vorliegen gegenteiliger Be funde — die Gültigkeit der Hypothese als gesi chert angesehen werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse eines solchen Vergleiches ist aller dings zu berücksichtigen, daß sich in den beob achteten Raumstrukturen mehrere, einander überlagernde Bewertungs- und Nutzungsentsdieidvmgen unterschiedlicher Bewertungssub jekte niederschlagen. In der Nutzung einer be stimmten Parzelle äußert sidi nicht nur die für den geplanten Nutzungszweck positive Natur raumbewertung des gegenwärtigen Besitzers, sondern auch die zum Zeitpunkt des Verkaufs negative Bewertimg des Vorbesitzers. Außerdem kann der Nutzungsansprudi des neuen Besitzers oft nur mit Zustimmung der Baubehörde reali siert werden. Das bedeutet, daß in der beobach teten Nutzung einer Parzelle meist auch die Naturraumbewertung des raumordnungspoliti schen Entscheidungsträgers zum Ausdruck kommt. Eine ähnlich bedeutsame Rolle ist im Modell den Wertesystemen zugedacht, die für Stellglie der oder Führungsgrößen gehalten werden. Auch hier kann eine erste empirische Überprüfung zu nächst nur die Aufgabe haben, den Nachweis zu erbringen, daß der angenommene Einfluß der Wertesysteme auf die Gesellschaft-Umwelt-Auseinandersetzung eine so gewichtige Rolle spielt, daß ihre Aufnahme in das Modell gerechtfertigt ist. Bei Gültigkeit dieser Basishypothese ist zu erwarten, daß eine Änderung des Wertesystems oder der Wertehierarchie letztlich eine Änderung der Nutzungsstruktur bewirken muß. Da ange nommen werden kann, daß sich Wertesysteme in der Zeit wandeln, bietet sich zur Operationa lisierung der Hypothese die üntersuchung von Änderungen der Nutzung eines bestimmten Na turraumes in der Zeit an. 4. Die Untersuchungsmethodik Die angedeuteten Methoden zur Operationalisie rung einiger Basishypothesen unseres Modells wurden am Beispiel ausgewählter Siedlungen des Politischen Bezirkes Braunau am Inn erprobt. Es ist einsichtig, daß gerade Siedlungen als Bal lungsgebiete menschlicher Aktivitäten besonders intensive Kontaktstellen zwischen Gesellschaft und physischer Umwelt darstellen. In der Litera tur lassen sich erstaunlich wenig konkrete Unter suchungen dieser Beziehungen in der topologischen Dimension finden. Die vorliegenden Bei spiele stammen vorwiegend aus dem Bereich der Urgeschichte und der Siedlungsarchäologie oder beziehen sich auf vorindustrielle Gesellschaften (vgl. z. B. C. Vita-Finzi and E. S. Higgs, 1970; D. A. Davidson, 1971; Chr. Kleinert, 1973; D. A. Davidson, R. L. Jones and C. Renfrew, 1976; W. Linke, 1976; A. Goudie, 1976). Untersuchun gen moderner Siedlungen unter diesem Aspekt sind selten (vgl. aber z. B. St. Boyden, 1976). Unter einer „Siedlung" wird in der vorliegenden Arbeit ein zusammengehöriger Komplex mensch licher Wohnstätten verstanden, wobei die Zu sammengehörigkeit durch die baulich-physiognomische Nachbarschaft von Einzelwohnstätten de finiert wird. Als Grenzwert, für den eine Zusam mengehörigkeit gerade noch angenommen wird, gilt bei Siedlungen mit 400 bis 1500 Einwohnern eine Distanz von 200 Metern zwischen den Ein-
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