OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

die in nördlicher und östlicher Richtung kein Ende zu nehmen scheinen, erhält das Bauernland einen etwas ernsteren Grundton. Das Waldland hält seine Herrschaft noch vielfach fest in Händen. Aber das Obere Innviertel schenkt wirklichen Heimatfreunden noch eine kostbare Gabe, wenn sie sich nicht scheuen, in eine der Beckenland schaften abzusteigen, tun dort ein Hochmoor zu besuchen. Am großartigsten ist das Ibmer Moos. In seinem Bereiche hat eine mächtige Eiszunge des diluvia len Salzachgletschers ein weites Becken eingegra ben. Wallartige Bildungen umschließen an drei Seiten eine von Mooren und Seen erfüllte Mulde. Die Gletscherzunge hat hier an ihrem Rande Schuttmassen abgelagert, die wir als End moränen bezeichnen. Der Kundige kann hier wie im ganzen Oberen Innviertel ohne viel Mühe er kennen, ob er Moränen der Gletscher oder Schot terfelder eiszeitlicher Gletscherbäche vor sich hat. Die ersten sind aus regellos lagernden Gesteins trümmern ohne Schichtung und ohne Sortierung nach Korngröße abgelagert worden. Die Schot terfelder dagegen zeigen Schichtung und Ordmmg nach der Korngröße ihrer kugel-, ei- oder plattenförmigen Gerölle. Der Geologe kann im Umkreise des Ibmer Mooses alles finden; Drumlins und Äsar, Toteislandschaften und ge stauchte Moränen, Übergangskegel von Morä nen zu Niederterrassenschottern, an verfestigte Altmoränen angelagerte lockere Jungmoränen usw. Aber von all diesen Besonderheiten, die uns als Dokumente der Natur die Entstehung der reichen Formenwelt um das Ibmer Moos bis in alle Einzelheiten erkennen lassen, kann hier bloß kurz die Rede sein. Der Kunstbeflissene möge nur ahnen, daß man in der Naturgeschichte einer Landschaft ähnliche „Stilformen" unterscheiden kann wie in der Kunstgeschichte. Beide Male wird dazu aber eine Gelehrtensprache gebraucht, die dem Laien oft schwerer verständlich erscheint, als sie es tatsächlich ist. Aber so eindrucksvoll es auch ist, die Sprache der Natur aus ihren Bodenformen zu verstehen, weiterhin die dem kargen Moorboden angepaßten Hochmoorpflan zen in ihren Lebensverhältnissen kennenzuler nen, das Schönste bleibt doch der Gesamt eindruck, den uns die Landschaft des Moores, seine nähere und fernere Umgebung bietet. Da gibt es fast undurchdringliche LegföhrenDickichte, dann wieder schwellend weiche grüne, gelbe und rote Torfmoospolster oder im Spät sommer blühende Heideflächen. Die Moränen wälle bedeckt ein überaus bunter Teppich von Eichen-, Buchen- und Nadelwäldern, von Sumpf wiesen und sonnigen Äckern — und über all dieser Fülle einer so mannigfaltigen Natur ste hen die Berge des Berchtesgadener Ländchens mit ihren stolzen Felsbauten. Das Ibmer Moos mit seinem Moränenrahmen kann man gewiß zu den eigentümlichsten Charakterlandschaften des Gaues Oberdonau zählen. Es ist im einzelnen vielleicht nur interessant — im ganzen aber unsagbar schön; es ist überaus mannigfaltig und dabei doch voll von Harmonie in Formen und in Farben, es ist reich an einer Fülle kleiner und kleinster Lebensformen und dabei aber doch so still, so lebensferne, daß man oft das Gefühl hat, allein in einer Wunderwelt zu sein. Und erst wenn wir weiter bedenken, daß das große Moor das bedeutendste Natur archiv des ganzen Gaues ist, daß es eine Fund grube für kommende Geschlechter werden kann, die vielleicht klüger sind als wir. Diese könnten aus den im Moorboden wohlerhaltenen Pollen körnern von Sträuchern und Bäumen die ganze Geschichte der pflanzlichen Lebewelt seit der Eis zeit aufbauen. Der völkisch eingestellte Mensch mag gerade hier eine Ahnung von der Welt des Nordens bekommen, in der seine Vorfahren in Schweden, auf den jütischen Inseln oder in Norddeutsch land lebten. Auch dort schuf die Eiszeit ähnliche Landschaftsbilder wie bei uns. Als ihre Reste führen dort die Hochmoore immer noch ein un berührtes Dasein, heute wie einst. Wie lange aber noch bei uns? Möge der Naturschutz gedanke auch hier so stark sein, daß die „Ewig keit" — so heißt das schönste Gebiet im Ibmer Moose — ihrem Namen treu bleiben darf. VON DEN VERKEHRSLANDSCHAFTEN Das Obere Innviertel liegt heute abseits wichti ger Großverkehrsstraßen. Das war nicht immer so. Die Salzach-Inn-Linie und zeitweise auch die Mattigtalstraße sahen einmal einen Verhältnis-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2