tiefer Seele fremd. Man hat beim echten Innviertler Bauern immer das Gefühl, etwas Massi ges, Blockhaftes vor sich zu haben, dem die so häufig schwankende und unruhige Welt der Stadt nicht viel anhaben kann. Dieses zähe Fest halten am Überlieferten kann sich oft bis zum ausgesprochenen Starrsinn steigern. Betrachten wir die Grimdformen alter Häuser, wie sie am Grund- und Aufrisse des Wohnhauses, an alten Stadeln imd Ställen, ganz besonders aber an noch spärlich erhaltenen Getreidekästen oder an Brechelbädern (Haarstuben) in Erscheinung tre ten, so hat es häufig den Anschein, als hätten wir nur wuchtige Blockbauten vor Augen. In anderen deutschen Gauen zeigt das Wohnhaus einen ausgesprochen rechteckigen Grundriß; im Oberen Innviertel dagegen haben die Baulich keiten mit Vorliebe die Quadratform im Grund risse. Andernorts, wie etwa in fränkischen Ge bieten, sind die Dächer hoch und steil ansteigend; im Oberen Innviertel dagegen sind die Giebel niedrig, die Dächer nur sanft geneigt. Die Wände bestimmen im Kreise Braimau so stark den Ge samteindruck der ganzen Baulichkeit, daß man mit Recht von einem „Wandhause" sprechen kann und bei alten Bauformen nie auf die Idee käme, die Bezeichnung „Dachhaus" anzuwenden. Die Wände zeigen nixr bei einigen Stadeln das „lockere" Gefüge, das an Fachwerkbauten er innert, sonst ist überall der Blockbau tonange bend. Nur selten schichtet man Rxmdhölzer, in der Regel Vierkanthölzer übereinander, ver knüpft diese an den Ecken fest mit schwalbenschwanzförmiger Zimmerung, so daß ein Baugefüge entsteht, dem man schon auf den ersten Blick eine große Festigkeit zuschreiben kann. Die Dreiheit: annähernd quadratischer Grund riß, dicht gefügte Blockwand und flachgeneigtes Satteldach aus steinbeschwerten und nur geleg ten Schindeln erzeugt diese wuchtigen, würfel artigen Bauformen, die über das ganze Obere Innviertel zerstreut liegen, die von den moder nen Bauweisen des Backsteines und des Natur steines noch nirgends völlig verdrängt wurden, sondern ebenso massig tmd schwer auf dem Boden stehen, wie der Bauer auf seiner Scholle. An keiner Stelle macht sich stärkerer Vertikalis mus bemerkbar, ebenso fehlt die durch ein kunstvolles Gefüge geschaffene Leichtigkeit, die etwa der Ausdruck einer starken Beweglichkeit wäre. Man sieht es den Bauformen schon von außen an, daß sie dem starken Winter der Alpen welt, den heftigen Stürmen, die über diese Ge biete hinwehen, trotzen müssen. Es fehlt jeglicher Ausdruck des Milden, des Spielerischen, vielmehr ist alles hart, schwer, klobig. Man hat überall das Gefühl eines Trotzi gen: „Hier stehe ich", „Von hier weiche ich keinen Schritt", „Mir kann niemand etwas an haben". Diese Festigkeit, die alle Angriffe von außen ab weist, ist besonders deutlich im Bilde der Winter landschaft ausgeprägt, wenn die schweren Schneemassen auf den nur sanft geneigten Dä chern lagern xmd sich Schichte auf Schichte übereinanderlegen. Da tritt das Dach fast noch weni ger in Erscheinung, wie in den Monaten der warmen und soimigen Tage zwischen Frühling und Herbst, obschon Wand und Dach — in dieser Jahreszeit von einer stattlichen Anzahl von Obst bäumen — auch vielfach versteckt gehalten wer den, so daß man aus der Ferne nur ab imd zu eine graue oder graubraune Fläche zu Gesicht bekommt. Erst der Mauerbau, dessen weißer Bewurf über all zwischen den grünbelaubten Bäumen durch leuchtet, und die roten Ziegeldächer, denen man vielfach eine steilere Dachneigung gab, haben die alten Bilder der bäuerlichen Kulturlandschaft stärker verändert. Aber die Würfelform aus der Zeit, da man Wand und Dach nur aus Holz auf baute, tritt noch allerorts in Erscheinung. Sie prägt sich darm am deutlichsten aus, werm Haus und Hof nicht im Dorfverbande stehen, sondern einschichtig die höchste Kuppe eines Rückens oder einer Bodenwelle krönen. Dann gleichen sie, wie schon angedeutet, dem Bauer, der sich am Horizonte gegen den abendlich beleuchteten Himmel hin scharf abhebt, wenn er mit dem Pfluge seine Furchen durch den Acker zieht. Pferde, Pflug und Bauer lasten da mit der glei chen Schwere auf dem Boden wie das benach barte, breit hingelagerte Gehöft. Der Kreis Braunau liegt zum größten Teile im Alpenvorlande, das mit Vorliebe auch als das „Donauland" bezeichnet wird. Dieses Gebiet ist zumal im Bereiche der Lößlandschaften mit
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