OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

wurden Darstellungen der weihnachtlichen Krippe (und des Heiligen Grabes) wegen so mancher Mißbrauche — die verschiedensten, zum Teil auch politischen Szenen überwucherten ge legentlich die zentralen Figuren — stark ein geschränkt. So manche Krippe wurde daraufhin aus den Kirchen entfernt und in Privathäusern aufgestellt. Vielfach nahm aber das Volk ein Verbot dieses so liebgewonnenen Brauchs nicht ohne weiters hin, wie dies F. Hollerweger in seiner hervorragenden Arbeit®® ausführt. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts bringt in der Krippenkunst eigentlich nur Ergänzungen vorhandener Bestände im Sinne spätbarocker theatralischer Vielseitigkeit und unter Einbezie hung heimatlicher Volkstypen und verschiedener volkstümlicher Szenen. Als neue Schöpfung die ser Zeit ist die Oberndorfer Krippe (im Innviertler Volkskundehaus in Ried i. I.) zu nennen, vor der im Jahre 1818 zum erstenmal das Lied „Stille Nacht" (siehe oben) erklang. Es handelt sich dabei um eine bekleidete Krippe wie sie in diesem Raum üblich war, wobei die Köpfe aus Wachs modelliert sind. Einen zeitlichen Anhalts punkt für die Entstehung bietet z. B. eines der Königsgefolge, indem die Figuren Helm und Uniform napoleonischer Kürassiere tragen. Entsprechend der Kunstrichtung dieser Zeit — Klassizismus, Historismus und Nazarenertum — finden wir in der zweiten Hälfte des 19. Jahr hunderts und bis weit in unser Jahrhundert hin ein auch in den Krippendarstellungen einen völli gen Wechsel: nicht mehr das Volkstümliche, Spielerische und Überschwengliche, sondern eine Hinwendung zur Strenge und vor allem eine Verlagerung des heiligen Geschehens in das Ur sprungsland. Einige Krippenschnitzer jener Zeit, vor allem Tiroler, pilgerten eigens ins Heilige Land, um an Ort und Stelle Skizzen zu ver fertigen, die dann zur Grundlage ihres Krippen schaffens wurden. Diese Form nennt man all gemein die „orientalische Krippe". In der einen oder anderen Darstellung von Krippenfiguren bricht aber fast immer auch das Heimatliche ein wenig durch. Während in Tirol auch in dieser Zeit eine be achtliche Reihe großartiger Schöpfungen entstan den ist, ist dieser Typus in unserem Lande — vor allem im Innviertel — wesentlich seltener geschaffen worden. Es gibt zwar auch im Inn viertel viele solcher „orientalischer" Krippen, doch sind sie zumeist erst in unserem Jahr hundert und außerhalb entstanden. Dazu emige Beispiele: In der Pfarrkirche von Handenberg steht eine um 1900 in Ebensee entstandene Kirchenkrippe; aus demselben Krippenzentrum stammt die große Kastenkrippe von Zell a. d. Pram, die um 1930 die Bildhauer Rudolf Heißl d. Ä. und d. J. geschaffen haben, die auch für Altheim gearbei tet haben®^. Die geschnitzten Figuren der Kir chenkrippe von Lohnsburg stammen vom Bild hauer Simon Rabeder aus Ottensheim (1917). Die Pfarrkirche Gurten besitzt holzgeschnitzte Krippenfiguren von Sebastian Osterrieder aus München, der 1909—1914 die große Weihnachts krippe für den Linzer Dom verfertigte®®. Die 1936 entstandene Krippe der Pfarrkirche Andorf wurde von Tiroler Künstlern geschaffen, des gleichen die Figuren jener in St. Willibald (1952; von Johann Kirchmair, Mils bei Hall) usw. Von einem Tiroler Franziskanerpater stammt die „Bretterkrippe" in der ehemaligen Stifts kirche von Suben. Dieser in Tirol bereits seit dem Barock gar nicht so selten anzutreffende Krippentypus entspricht in etwa den in früherer Zeit handgemalten, später gedruckten KrippenAusschneidebögen. Die bemalten und aus geschnittenen Bretterfiguren sind fast lebensgroß und in ihrer Wirkung den bei uns üblichen Blechschnittfiguren vor allem an Kreuzen oder auch als Einzelfiguren (z. B. Johannes Nepomuk in Pfaffstätt) verwandt. Die Subener Bretter krippe ist mit „RM Okt. (bzw. Nov.) 1936" signiert und zeigt die Anbetung der Hirten und die Heiligen Drei Könige. Hans Hollerweger; Die Reform des Gottesdienstes zur Zeit des Josephinismus in Österreich, Regensburg 1976. — Ders.: Die Widerstände gegen die gottes dienstlichen Verordnungen Josephs II. in Schärding im Jahre 1790; in: Oö. Heimatblätter, ds. H., S. 249 £f. " Engelbert Koller: Die Schnitzerfamilie Heißl in Rind bach bei Ebensee; in: Oö. Heimatblätter, 11. Jg. (1957), S. 37—42. O. Kastner, Linzer Weihnachtskrippen, S. 39.

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