OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

Das Innviertel als Krippenlandschaft VonDietmar Assmann Mit 9 Abbildungen Unter dem Begriff „Krippenlandsdiaft" versteht man gemeinhin Gebiete, in denen die Krippe, insbesondere die volkhafte Gestaltung des weih nachtlichen Geschehens in Form figuraler Szena rien, allgemein verbreitet, also volkstümlich ist. Bekannt hiefür sind vor allem das Salzkammer gut oder das mittlere Irmtal in Tirol, wo man gelegentlich sogar von einzelnen „Krippen dörfern" spricht^. Das Innviertel scheint bislang in der Literatur noch kaum unter diesem Be griff auf, und doch wird man, vor allem was das Obere Innviertel betrifft, ruhig auch von diesem Gebiet als von einer Krippenlandschaft sprechen dürfen. Ansatzweise macht bereits O. Kastner darauf aufmerksam, wenn er schreibt: „Das Innviertel beginnt sich eben jetzt [am Übergang vom Baroch zum Rokoko] als eigene Krippenprovinz zu entfalten"^ und F. Lipp nennt für Oberöster reich nach dem Salzkammergut als erstes den „Westen des Landes ...", das Obere Innviertel, als „eine Landschaft vornehmlich bekleideter Krippenfiguren". Er bezeichnet diese Krippen als „in ihrer Volkstümlichkeit und ihrem Phantasie reichtum großartige Bezeugung der Krippen kultur in diesem altbayerischen Raum"®. Zur Vorbereitimg einer Krippenausstellung im Stift Reichersberg vom 11. November bis 10. De zember 197S* wurde ein Fragebogen an die Pfarrämter im Innviertel gesandt, in dem um Bekanntgabe von Krippendarstellungen und um nähere Details darüber ersucht wurde. Wenn gleich von den 96 angeschriebenen Pfarrämtern nur 27 diesen Erhebungsbogen zurücksandten, so war doch, zusammen mit den eigenen Unter suchungen und vielen privaten Rückäußerungen aufgrund von Zeitungsaufrufen das Ergebnis durchaus positiv. Diese eigenen Erhebungen, die teilweise zusammen mit Frau Prof. Dr. Katha rina Dobler, der Initiatorin dieser Ausstellung, durchgeführt wurden, ergaben nämlich eine Fülle weiterer Objekte, die bisher in der Literatur unberücksichtigt waren. Betrafen die Angaben der Pfarrämter vor allem Kirchenkrippen, so wurden bei der Exploration auch viele, vor allem neuere, Hauskrippen aufgenommen, die bewei sen, daß der Krippengedanke in der Gegenwart in weiten Teilen der Bevölkerung des Innviertels durchaus lebendig ist. Die erwähnte Ausstellung wird veranstaltet vom Bildungszentrum Stift Reichersberg (Leiter; Konsulent G. R. Roman Foissner) im Oö. Volks bildungswerk, dem Landesinstitut für Volksbildimg imd Heimatpflege in Oberösterreich (Leiter: W. Hofrat Prof. Dr. Aldemar Schiff korn), dem Verband der Krippenfreunde Öster reichs, Landesgruppe Oberösterreich (Obmann: KsR. Rel.-Prof. Dr. Franz Braumann) und einem bayerischen Krippenfreund (Stadtrat Franz Ma der, Passau) und von der oö. Landesregierung dankenswerterweise unterstützt. Sie bildet den Auftakt verschiedener Ausstellimgen anläßlich des Innviertier Jubiläumsjahres 1979. Auf zirka 450 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden die verschiedensten Krippendarstellungen aus dem Innviertel und dem angrenzenden Nieder bayern sowie einige andere Werke der Volks kunst und der Stilkunst, die sich mit dem Weih nachtsgeschehen befassen, gezeigt. Auch der Typus der „Jahreskrippe" ist durch eine Pas sionskrippe vertreten. Ein kleiner Rückblick in die Geschichte der Weih nachtskrippe^ verweist uns zurück bis in die frühchristliche Zeit. In der römischen Basilika Santa Maria Maggiore (früher bezeichnender weise auch S. Maria „ad praesepe" genannt) wird ein Span von der angeblichen Geburts krippe Jesu als Reliquie aufbewahrt. Bereits auf den ältesten erhaltenen Darstellungen der Ge burt Christi aus dem 4. imd 5. Jahrhundert sind neben dem Krippentrog die beiden auch heute ' Vgl. Nikolaus Grass (Hrsg.): Weihnachtskrippen aus Österreich, Innsbruck 1966. ^ Otfried Kastner: Die Krippe. Ihre Verflechtung mit der Antike. Ihre Darstellung in der Kunst der letzten 16 Jahrhunderte. Ihre Entfaltung in Oberösterreich, Linz 1964, S. 72. ' Franz Carl Lipp: Krippen und weihnachtliche Volks kunst im Schloßmuseum zu Linz (= Katalog d. Oö. Landesmuseums, Nr. 93), Linz o. J. (1963), S. 9. * Vgl. Werkkatalog zur Krippenausstellung in Reichers berg, zusammengestellt von Franz Mader und Diet mar Assmann (als Beilage zu Sonderdrudcen dieser Arbeit). * Rudolf Berliner; Die Weihnachtskrippe, München 1955.

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