Zum Untersdüed von den Gesellenvereinen ge hörte den Bursdienvereinen die bäuerliche Ju gend an. Der Grund für die viel regere Spiel tätigkeit der Gesellenvereine gegenüber den Bur schenvereinen dürfte darin liegen, daß die Ge sellenvereine eigene Häuser hatten. Außerdem ist zu bedenken, daß die Mitglieder der Gesellen vereine doch vielfach Handwerksgesellen auf der Wanderschaft waren, die für längere Zeit in einem der genannten Gesellenhäuser wohnten und dort auch eine gemeinschaftsfördernde Frei zeitbetreuung brauchten. Die Mitglieder der Biurschenvereine hingegen lebten in ihrer heimat lichen Umwelt, verblieben im Familienverband und konnten daher dieser Betreuung weitgehend entraten. Beide, Gesellenvereine und Burschenvereine, waren christliche Organisationen nait starker kirchlicher Bindtmg. Dementsprechend war auch der Spielplan. Da finden sich häufig Stücke von Wilhelm Pailler, wie „Rinaldo Rinaldini", „Gro ßes Weihnachts- und Dreikönigsspiel" (vielleicht das in seiner zweibändigen Sammlung enthal tene St. Oswalder Weihnachtsspiel!) und „Kai ser Tiberius". 1882 spielte der Gesellenverein Braunau in einem eigenen kleinen Theater im Gasthaus Stöger „Petrus in Rom". Sehr schlecht werden die darstellerischen Leistungen der Ge sellen beurteilt bei einer Aufführung von „Lum pazivagabundus". 1887 gab man ein Legenden spiel „Der heilige Laurentius", 1888 ein Fest spiel des Gymnasialdirektors Adolf Lang „Bür gersinn". Daneben wurden natürlich auch Lust spiele aufgeführt, aber der pädagogische Zweck der Spielplangestaltung ist nicht zu übersehen. Einen Höhepimkt in der theatralischen Arbeit des Gesellenvereines Braunau stellte die Auf führung der Passion dar, die am 7., 8. und 9. Februar 1897 gegeben wurde. Regie führte dabei C. Kunst aus Erms. Als Bühnenbildner wird, wie auch schon bei anderen Aufführungen, der Bildhauer Rothböck genannt. Die Auffüh rungen fanden im Stadttheater statt, der Rein gewinn wurde für den Bau eines Gesellenhauses verwendet. Noch zweimal sind Aufführungen des Braunauer Gesellenvereines in der Lokal presse erwähnt; 1900 spielte man „Gottes Müh len mahlen langsam" und 1901 „Der verlor'ne Sohn". Der Spielplan der anderen Gesellen vereinstheater unterscheidet sich in seiner Grundlinie kaum von dem in Braunau. Da gibt es Titel wie „Das Gnadenbild im Walde", „Am Teufelstein", „Der Bauer als König Herodes", „Die Weise von Lourdes", „Des Vaters Fluch am Weihnachtsabend" und „Das Wiederfinden in der Christnacht". Der Gesellenverein Obern berg tritt ein werdg aus dieser Reihe, da er sehr viele Lustspiele bringt und immer betont, daß bei den Aufführungen auch „gütigst" einige Fräuleins oder Damen mitwirken. Der Spielplan der Burschenvereine ist aus der Lokalpresse lei der nur sehr lückenhaft zu rekonstruieren. 1912 gedachte man offenbar des Tiroler Freiheits kampfes, denn in Lamprechtshausen wurde „Peter Mayr, Wirt an der Mahr" aufgeführt tmd in St. Pantaleon spielte man „Peter Sigmeier, der Tharerwirt von Olang". War die pädagogische Absicht im Spielplan der Gesellenvereine schon sehr spürbar, so springt sie beim Spielplan der Jungfrauenvereine gerade zu ins Auge. Zwischen Jungfrauenvereinen und Marianischer Kongregation ist eine Differenzie rung kaum möglich. Wahrscheinlich wurden auch nur verschiedene Namen für den gleichen Verein verwendet. Die Spieltätigkeit der Marianischen Kongregation setzt 1900 zögernd ein, um dann in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu kulminieren. Die Gründe für diese Kulmination sind darin zu suchen, daß die Marianische Kon gregation sich immer weiter verbreitet hat und daß erst nach und nach die Stücke entsprechen den Inhalts entstanden. So haben wir die ersten Nachrichten vom Kongregationstheater aus Schärding (1900), Enzenkirchen (1902) und Gil genberg (1906). 1908 kommen dazu Aspach, Hochburg, Ranshofen, Mauerkirchen und Mattighofen, 1909 Neukirchen an der Enknach, 1910 noch Taiskirchen, Sigharting, Pischelsdorf und Kirchdorf am Inn. Ende 1912 tritt dann noch Friedburg in diesen Kreis. Ein Theaterabend wurde meist so gestaltet, daß auf ein belehrendes imd erbauliches Stück ein Lustspiel folgte. Unter diesen Lustspielen waren auch wieder solche beliebt, die eine verderb liche Schwäche der Menschen aufs Korn nah men, wie etwa „Die Lotterieschwester" oder
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2