OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

sdiledite Stimmung in der Bevölkerung gegen die „Verbündeten" sich dadurch noch verschlechtem würde. So fiel die Wahl auf Braunau. Diese Stadt war zwar österreichisch und Frankreich hatte mit Kaiser Franz Frieden geschlossen, doch Napoleon hatte sich in Preßburg ausbedungen, daß Braunau bis zur Bezahlimg der Kriegsent schädigimg ein französisches Truppenkontingent beherbergen müsse, dem auch entsprochen wurde: in Braunau garnisonierten bis Dezember 1807 rund 1500 Mann. Palm traf — nur bewacht von zwei französischen Gendarmen — am 23. August in Braunau ein: angeblich kursierte bereits Tage zuvor in der Stadt das Gerücht, daß hier demnächst ein Nürn berger Buchhändler hingerichtet werden soll, was die Meinung erhärtete, daß der Urteils spruch längst gefällt war. Davon ahnte Palm al lerdings nichts — im Gegenteil: er war sicher, daß er freigehen werde und daß alle Maßnah men, die man gegen ihn traf, nur dazu dienten, als abschreckende Beispiele zu wirken. Am 25. August stand Palm vor dem Kriegs gericht, das Oberst Latrille leitete und dem noch sechs weitere Oberste angehörten, die aus ver schiedenen bayerischen Garnisonen sehr plötzlich nach Braunau kommandiert worden waren. Sie schienen daher völlig uninformiert und desinter essiert: keiner von ihnen sprach während der Verhandlung ein Wort — Latrille und der An kläger, Stabschef Binot, natürlich ausgenommen; sie behandelten den Angeklagten übrigens sehr höflich. Den Wunsch Palms nach einem Verteidi ger lehnte der Oberst allerdings glatt ab und be gann sofort mit dem Verhör, wobei es in erster Linie um den Namen des Verfassers der Flug schrift ging. Wie vor acht Jahren in Salzburg er klärte Palm, er kenne weder Autor noch Drucker, und auch vom Inhalt der Broschüre wisse er nichts, weil er sie nicht gelesen habe. Die Publi kation sei ihm in geschlossenen Paketen zuge sandt worden imd so habe er sie weitergegeben. Stundenlang bemühte sich Stabschef Binot zum Ziel zu kommen — doch vergeblich: Palm be harrte auf seinem Standpunkt, obwohl er sicht lich immer nervöser wurde tmd zusammenzubre chen drohte. Trotzdem setzte Binot die Verhand lung fort; als das nichts fruchtete, wurde Palm in seinen Kerker in der heutigen Braunauer Poststallgasse^ zurückgeführt. Er war guten Mutes imd voll der Hoffnung, bald entlassen zu wer den. In dieser Meinung bestärkte ihn auch sein Dolmetscher Himberger, der gehört haben wollte, daß ein Freispruch nahezu sicher sei. Um so furchtbarer und wie ein Blitzstrahl traf Palm die Verkündigung des Todesurteiles am 26. August um 11 Uhr vormittags im Gefäng nishof. Palm brach sofort verzweifelt in Tränen aus und beteuerte schreiend seine Unschuld — umsonst: die Offiziere kehrten ihm schweigend den Rücken. Das Urteil erschütterte auch die Braunauer: unverzüglich zogen sechs der vor nehmsten Bürgersfrauen Trauerkleider an, spra chen — mit ihren Kindern an der Hand — beim Festungskommandanten St. Hilaire vor und ba ten um Gnade; kurz danach taten ein gleiches die geistlichen Beistände Palms, Pöschl und Gropp, ebenfalls ohne Erfolg zu haben. Es wurde ihnen mit ausgesuchter Höflichkeit mitgeteilt, daß eine Pardonierung nur Seiner Majestät dem Kaiser zustünde, und dazu sei es zu spät®. Palm erlebte währenddessen in seinem Kerker entsetzliche Stunden. Er weinte unaufhörlich, zit terte am ganzen Körper rmd flehte Gott mn Bei stand an. Ein wenig Trost und Hilfe konnte ihm Thomas Pöschl verschaffen: Kooperator, Kate chet und Benefiziat zu Braunau. Doch Palm — überzeugter Protestant — mochte auf den katho lischen Priester kaum gehört haben; immerhin entschloß er sich auf Drängen Pöschls, an Gat tin und Kinder einen kurzen Brief zu schreiben, den er mit der Überschrift versah: „Braunau, im Gefängnisse, eine halbe Stunde vor meinem Tode." Außerdem übergab Palm dem Geistli chen zwei Ringe, seine Uhr und das von Tränen völlig durchnäßte Taschentuch. Die Vorbereitungen zur Exekution wmrden rasch, aber umsichtig getroffen. Dafür wurde die gesamte Garnison Braunau aufgeboten, und auf den Festungswällen machte man die Kanonen feuerbereit, denn die französischen Offiziere be- ' Loys Auffanger, Braunau einst und jetzt; Braunau 1974. ® Hermann Prechtl, Ein französisdier Justizmord in Braunau, in: Unterhaltungsbeilage der Linzer TagesPost, Jg. 1903, Nr. 26.

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