Johann Philipp Palm — Märtyrer, Nationalheld oder Opfer seiner selbst? Von Rudolf Walter Litschel Durch den Friedensvertrag von Preßburg — ab geschlossen am 26. Dezember 1805 — erlitt das alte Österreich schwere Einbußen: mit 66.000 Quadratkilometern gingen über drei Millionen Untertanen verloren; Venetien fiel an Italien, Tirol und Vorarlberg wurden bayerisch. Außer dem hatte österreiA sein „GesiAt" verloren, es war keine GroßmaAt mehr, und Joseph Frei herr von Hormayr stellte in einem Flugblatt re signierend fest: „Krone und Glanz sind dahin, wir sind einsam geworden, ein Volk der Geschla genen und Unterdrückten." Um so größer war — zumindest anfangs — der Jubel in Bayern: Kurfürst Maximilian Josef er hielt durA den Preßbiurger Frieden tmd dank sei ner engen Beziehungen zu Napoleon die Königs würde, Ae er am 1. Jänner 1806 annahm, imd gewann bedeutende Besitzungen in SAwaben und Franken, womit er sein Staatsgebiet abrun den konnte. Die Haltung Maximilians wurde oft und sAarf kritisiert. Die WirkliAkeit freiliA gab ihm reAt: abgesehen davon, daß etliAe deutsAe Fürsten willig für Napoleon Partei er griffen und siA von ihm dementspreAend hono rieren ließen, handelten Maximilian und Graf Montgelas, sein Geheimer Rat und Minister, angesiAts des jammervollen Zustandes, in dem siA das ReiA 1805 befand, durAaus folgeriAtig und realistisA. Allerdings nur was die Staatspolitik anging, denn die Franzosen, die siA im Frühling 1806 für den Krieg gegen Preußen sammelten, unterhielten in Bayern starke Truppenkontingente, die siA niAt wie Verbündete, sondern wie eine feindliAe BesatzungsmaAt benahmen. Die Stimmung der bayerisAen Bevölkerung sAlug deshalb rasA um, und es maAte siA ein Haß gegen alles breit, das irgendwie mit Napoleon und seinen siegestnmkenen SAaren zusammenhingt. Das galt freiliA nicht aussAließliA für Bayern: auA in NorddeutsAland und in österreiA kam es zu einer Bewegung, die Eduard Fournier tref fend „als nationale Reaktion gegen das inter nationale Eroberungssystem Napoleons" bezeiAnete. Da man mit Waffengewalt niAts auszuriAten vermoAte, versuAte man einen geistigen Widerstand zu entwiAeln: so ersAienen SAleiermaAers Predigten „Vom Werke der Na tionalität" und Ernst Moritz Arndts „Geist der Zeit". Außerdem tauAten allerorts FlugsAriften und Pamphlete auf, die den Kaiser der Fran zosen mit mehr oder weniger GeschiA hart anpaAten und seine Handlungsweise aufs sAärfste verurteilten. Die Mehrzahl dieser Pasquille wurden in Wien und angebliA auA in Linz gedruAt, und zwar bei FriedriA Emanuel EmiA, was allerdings falsA zu sein sAeint, denn Eurich erhielt erst 1815 eine DruckereibereAtigxmg in der oberösterreiAisAen Landeshaupt stadt^. Napoleon war verständlicherweise nicht geson nen, diesem Treiben tatenlos zuzusehen. Im Norden konnte er allerdings niAts ausriAten, denn Preußen war noA niAt besiegt, und auA auf ÖsterreiA hatte er praktisch keinen Einfluß; deshalb konzentrierte er siA auf Bayern, das in seiner Machtsphäre lag tmd in dem niAt König Maximilian, sondern Marschall Berthier den Ton bestimmte. Es gab aber noA einen Grimd, der Napoleon bewog, just in Bayern ein Exempel zu statuieren: es zeigte sich nämliA, daß die meisten der für ihn so gefährliAen SAmähschriften von Nürn berger Buchhändlern vertrieben wurden, tmd zwar niAt deshalb, weil diese Männer einen be sonderen Haß gegen Napoleon hegten, sondern weil Nürnberg als freie Reichsstadt eine Aus nahmestellung innehatte — oder besser: noA innehatte, denn die Tage der Nürnberger Im munität waren bereits gezählt. Napoleon befahl daher am 5. August 1806 MarsAall Berthier, in Nürnberg naA dem KriegsreAt durchzugreifen. Damit schlug für den Nürnberger BuAhändler Johann Philipp Palm die Stunde, denn er sollte vom SchiAsal auser sehen sein, wegen der Verbreitung der SArift „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigtmg" — dem Befehl Napoleons entspreAend — verhaftet tmd hingerichtet zu werden. ' Benno Hubensteiner, Bayerisdie Geschidite; München 1977. * Rudolf Walter Litschel, Die Nachfolger Johann Plancks, in: Tradition als Verpflichtung — 350 Jahre Druckerei geschichte von Johann Planck zum Oberösterreichischen Landesverlag; Linz 1972, S. 55.
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