OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

von den Begebenheiten niemals eine Erwähnung geschah. „Es findet sich in den sämtlichen Akten keine Spur einer besorglichen Gährung oder Wiedersätzlichkeit, die den gegründeten Anlaß hätte geben können, wegen des eben nicht so schweren Vergehens der Schärdinger Gemeinde eine außerordentliche Prozedur einzuschlagen, die Sache von dem Kreisamte abzuziehen und die Magistratualen auf eine so weite Entfernung nachher Linz zum Verhör einzuberufen. So wie sich die Gemeinde und der Magistrat der Weisung des Kreisamtes bezüglich der Andach ten gefügt hätten, so wäre zu erwarten gewesen, daß sie sich auch wegen der Prozessionen nach dem Urteil des Kreisamtes gerichtet hätten, wenn sogleich die vom Kreisamt vorgeschlagene Ahn dimg verfügt worden wäre. Durch die angeord nete Einberufung nach Linz wären die Gewerbe treibenden für einige Tage von ihrer Arbeit ab gehalten und ihnen unnötige Ausgaben aufge zwungen worden. Wenn dies schon den Schuldi gen zur Besserung und Strafe hätte dienen sollen, so wären wenigstens die Unschuldigen, wie der Bürgermeister, davon auszunehmen gewesen. „Würde nicht das Ansehen der Stelle kompromittirt, so würde man gegründete Ursachen finden, ihr Landesstelle selbst oder der Kommission, die diese Prozedur angeordnet hat, wenigstens die Entschädigung des Bürgermeisters für die ihm unöthig verursachten Reisekösten aufzulegen." In Hinkunft sollte daher in solchen Fällen der vorgeschriebene Weg einer kreisamtlichen Unter suchung eingehalten werden und außer bei be sonderen Gründen eine den Untertanen immer beschwerlich fallende Einberufung zur Landes stelle vermieden werden. Mit diesem Dekret wurde die Landesregierung mit einem außerordentlich harten Tadel bedacht und die Vorgangs weise, gegen die sich die Schär dinger Bürger vor allem zur Wehr gesetzt hatten, in scharfer Form abgelehnt. Ein Aktenvermerk Eybels zur Sitzung der Geistlichen Filialkommis sion vom 4. April 1791 gibt uns Aufschluß über die weiteren Aktivitäten der Landesregierung. Sie erließ sogleich nach Einlangen des Hofdekre tes die entsprechende Verordnung an das Kreis amt, legte aber wegen der beanstandeten Vor gangsweise, die über Ersuchen des Bischofs und mit Genehmigung des Regierungspräsidenten ge schah, Berufung bei der Hofstelle ein. Über den Ausgang dieser Berufung ist nichts bekannt. Die Abhaltung der Prozessionen in Schärding und ihre Folgen geben uns einen Einblick in die Durchführung der josephinischen Gottesdienst reform, wie sie sich auf der Ebene der Gemeinde unter Umständen auswirken konnte. Im gege benen Fall wirkten geistliche und weltliche Obrigkeiten zusammen und wollten, offensicht lich in einer recht unklugen Weise, die Beachtung der Verordnungen erzwingen, wogegen sich das Volk energisch zur Wehr setzte. Klugheit, maß volles Vorgehen und die notwendige Geduld waren nicht selten jene Eigenschaften, die den josephinischen Reformern bei allem guten Willen gefehlt haben. In Schärding wirkte sich dazu nicht bloß die Grenznähe zu Bayern, sondern auch die kurze Zugehörigkeit zu Österreich aus. Es gab in diesem Gebiet jedenfalls mehr Schwie rigkeiten als anderswo in Oberösterreich. Diese Verhältnisse, verbunden mit dem konkreten An laß einer ungünstigen Witterung genügten, um eine Stadt in Aufruhr zu bringen, wobei sicher richtig ist, was die Hofstelle konstatierte, daß an und für sich keine Anzeichen einer Unruhe fest zustellen waren. Die Schärdinger Bürger wollten keine Gesetzesbrecher sein, sie handelten ledig lich so, wie es am Beginn des letzten Jahrzehnts des 18. Jahrhunderts auch anderswo schon selbstverständlich war xmd geduldet wurde. Wenn auch offiziell die Gesetze noch lange nicht zurückgenommen wurden, sie wurden vom Volk umgangen. Die Begebenheiten in Schärding werfen aber auch ein bezeichnendes Licht auf die Einstellung der vorgesetzten geistlichen und weltlichen Be hörden. Bischof Gall und sein Generalvikar Finetti setzten alle Kraft ein, um in Zusammen arbeit mit der Oberösterreichischen Regierung die Verordnungen strikte durchzuführen, ja sie gaben in diesem Fall den Anstoß für das Ein schreiten der weltlichen Behörden. So erweist sich Bischof Gall nicht bloß als ein Seelsorger, der die neuen Strömungen aufgriff und ihnen mit Eifer und in bester Absicht zum Durchbruch ver helfen wollte, sondern auch als ein dem Staat er gebener Josephiner.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2