OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

sen Bereich die letzte Verantwortung. Ais solcher leugnete er, den Auftrag zur Beteiligung der Kinder an den Prozessionen erteilt zu haben. Gegen die Abhaltung der Prozessionen habe er nichts rmternonunen, weil der Dechant ohnehin die Anzeige erstattet habe. Seine Teilnahme daran rechtfertigte er damit, daß er zufällig er fahren habe, man wolle die Prozession einläuten. Er verhinderte dies, gab aber dabei das Verspre chen, selbst mitzugehen, falls nicht geläutet würde. Er habe sich nur daran beteiligt, um das Vertrauen der Bürger nicht zu verlieren. Ausführlich sagte er über das Verhalten von Bürgermeister und Dechant aus: Der Dechant habe die Prozessionen um eine gute Witterung ausdrücklich gestattet, als sich aber das Wetter geändert hatte, die Dankprozession abgeschla gen. Bürgermeister und Dechant hätten niemals, auch nicht nadi der ersten abgehaltenen Prozes sion, etwas unternommen, um die Bittgänge zu verhindern, es scheine vielmehr, daß sie die Bür gerschaft „hineinlegen" wollten. Er selbst sei im Jahre 1780 vom Hof eingesetzt worden, weil die Schärdinger keinen Österreicher gewollt hätten. In seiner Stellrmg sei er nicht vom Bürgermeister, „dessen Verrichtung nichts als Unterschreiben ist", abhängig, sondern vom Magistrat. Seine Stellung zwischen den zwei Parteien, dem Bür germeister und dem Dechant, die ihm feindlich gesinnt wären, einerseits und den Bürgern andrerseits, mit denen er sich keinen Streit er lauben körme, hätte sein Verhalten nahegelegt. Das Benehmen des Bürgermeisters und des Dechants sei in der ganzen Stadt bekannt. Zum Beweis dafür legte er fünf Schriftstücke bei. „Doch scheint sowohl von dem Herrn Dechant als Herrn Bürgermeister, da sie zusammen zu kommen getrachtet, die Absicht gewesen zu sein, um gemeinschäftlich über die Stadt die Direkzion führen zu können." Er habe bei der Visitation des Bischofs seine Bedenken über die Besetzung der Dechantenstelle geäußert. Nun habe sich der Bürgermeister vom Magistrat getrennt und halte es mit seinem Bruder. Bei den fünf beigelegten Aktenstücken handelt es sich um die vorhin bereits erwähnte Vor sprache der drei Bürger Lederer, Obermayr und Drum beim Dechant. In einem Schreiben an den Magistrat beschwerte sich dieser über sie und berief sich auf die Gesetze, an die er sich halten müsse. Den Vorwurf, er werde vom Kaplan auf gehetzt, wies er zurück, weil er selbst wisse, was er zu tun habe^®. Die Entschuldigimg des Magi strats und den Hinweis, die drei Bürger hätten aus eigenem gehandelt, wies er energisch zurück^^. Der Magistrat antwortete ihm, man hätte erwartet, daß er sich mit der Entschuldi gung zufrieden geben würde. „Es stehet jedoch Euer Hochwürden frey, ob dieselben den guten Rath des Magistrats beystimmen oder sich als neu eingetrettener Seelsorger so fruehzeitig mit ihren Schäfelen entzweyen wolle." Als Reaktion meinte der Dechant, er brauche keine Belehrung über seine Pflichten^®. Die Einberufimg des Bürgermeisters Ignaz Dosch, die ursprünglich für den 20. September vor gesehen war^®, aber wegen der Durchreise des Kaisers genau an diesem Tag, bei der er als Post meister anwesend sein mußte, auf den 30. Sep tember verschoben wurde, hatte ein doppeltes Ziel: Er sollte über die Aussagen der Schärdinger Bürger seine Stellungnahme abgeben und sich selbst verantworten. Der Bürgermeister bezeichnete Obermayr als einen der Initiatoren, der den Geistlichen für das Amt bei den Kapuzinern gewonnen, den Benefiziaten Maller zum Mitgehen überredet und bei der Prozession nach Brunnenthal den Vorbeter gemacht habe. Über Drum sagte er aus, daß die ser den Kalkanten als Ansager herumgeschickt habe und von Haus zu Haus Geld sammeln ließ. Ein Einschreiten gegen die Prozessionen, dessen Unterlassung dem Bürgermeister von Drum vor geworfen worden war, hätte nur zu einer öffent lichen Unruhe geführt „und weil sie überhaupt insurgentenmäßig ausgegangen sind und gegen den Pfarrhof hinauf gelacht haben". So sei nur die Anzeige als einziges Mittel übriggeblieben. Dem Angeklagten Huber machte er zum Vor wurf, daß er den Benefiziaten von Neuhaus her beigebracht habe. Die Unkenntnis der VorschrifSchreiben vom 3. 3. 1790. " Entschuldigungsschreiben und Antwort des Dediants vom 4. 3. 1790. Schreiben des Magistrats an den Dechant und die Antwort vom 5. 4. 1790. Schreiben des Kreisamtes an die Regierung vom 11. 9. 1790.

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