OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 3/4

Anzeigen schon öfters geantwortet^ er sollte durch gütiges und ernstes Zureden, aber auch durch eine der Zeit angemessene Nachgiebigkeit das Volk zur Einhaltung der Gottesdienstord nung bewegen. Außerdem habe das Kreisamt bereits den sogenannten Bürgerausschuß geta delt. Da sich die Bürger dadurch nur zu größerem Widerstand auffordern ließen, erregten die Vor fälle bereits Aufsehen. Es würde noch weitere schlimme Folgen haben, wenn keine Ahndung erfolgen würde. Bischof Gall rät daher, auf Ko sten des Dechants von Esternberg, des Magi strats und des Pfarrers von St. Florian eine Un tersuchungskommission einzusetzen, die an Ort und Stelle den Sachverhalt klären sollte. Die Be strafung der schuldigen Magistratualen und Geistlichen würde — bei gänzlicher Schonung des Volkes — für das ganze Land, besonders aber für das Innviertel, ein wirksames Beispiel sein. Da bei verdiene der Dechant von Esternberg, der zu allem den ersten Anstoß gegeben habe, die emp findlichste Strafe. Auf Grund der bischöflichen Anzeige erließ die Oberösterreichische Regierung ein Dekret an die vier Kreisämter®, in dem festgestellt wurde, ,.daß da und dort in den Kreisen sich einige Gemein den dieses tmd jenes gegen die in kirchlichen Sachen bestehenden Verordnungen erlauben, gleich als ob diese Verordnungen aufgehoben wären. Gegen das irregeführte Volk, besonders wenn es aus mehreren besteht, ist zwar mit Be scheidenheit zu verfahren und ohne ihnen etwas zu erlauben, doch nicht sogleich mit gewaltsamen Mitteln darin zu gehn." Das Kreisamt des Inn viertels aber erhielt dazu noch den Auftrag, ohne Aufsehen eine genaue Untersuchung durchzufüh ren, dabei Personen, besonders Mitglieder des Magistrates, zu nennen und das eigene Gut achten beizufügen. Der Bericht des Kreisamtes gibt einen zusam menfassenden Überblick über die Vorgänge in Schärding und in den benachbarten Orten^®. Darin wird als der eigentliche Anlaß für den plötzlich aufgebrochenen Wunsch nach Prozes sionen das lang andauernde Regenwetter ge nannt, wodurch das Volk mutlos geworden sei. Es wurden die Angaben des Dechants Dosch be stätigt und die Mitglieder des Magistrats genarmt, die sich an den Prozessionen beteiligten: Am 15. Juli gingen bei der Prozession nach Sankt Florian der Ratsherr Benno Lederer, der Rats herr Ferdinand Huber und wahrscheinlich auch der Stadtkämmerer Josef Wieshofer mit, bei den weiteren Prozessionen fand sich auch der Stadt syndikus Ferdinand Josef Zärner ein. Von den angesehenen Bürgern beteiligten sich der Kauf mann Weismann, der Weinwirt Oberbayer, und die beiden Ausschußmitglieder, der Zinngießer Drum und der Glaser Anton Obermayr. Die bei den letzteren wurden als die eigentlichen Anfüh rer und Initiatoren bezeichnet: Der eine habe von Haus zu Haus die Prozessionen ansagen lassen, der andere habe eigenmächtig das Kreuz des Armeninstitutes vortragen lassen und die gesun gene Messe bei den Kapuzinern organisiert. Als erwähnenswerte Vorfälle nannte das Kreisamt ferner die Ämter mit Trompeten und Pauken in St. Florian und Brunnenthal und die Übertra gung eines Orgelpositivs von der Pfarrkirche zu den Kapuzinern, um dort die gesungene Messe im Anschluß an die Prozession gestalten zu kön nen, weshalb in der Pfarrkirche die vorgeschrie bene Segenmesse ohne Orgelbegleitung bleiben mußte. Die Beteiligung an allen Prozessionen sei sehr groß gewesen, und wenn der Herr oder die Frau eines Hauses nicht selbst mitgingen, dann hätten sie ihre Kinder oder Dienstboten ge schickt. Der Bürgermeister Ignaz Dosch hingegen habe sich von allem ferngehalten und lehne jede Verantwortung ab. Er hätte daher auch die Unter schrift unter einem Bericht des Magistrats über die erste Prozession, den man angefordert habe, verweigert^^. Das Kreisamt zählte noch weitere Prozessionen in der näheren Umgebung von Schärding auf: die Pfarre Münzkirchen hielt eine Prozession außer Landes nach Maria Hilf bei Passau und nach St. Roman; die Pfarre Wernstein ging zwei mal mit Fahnen nach Dumelstadl (Dommelstadl) auf der bayrischen Seite des Inns; die Pfarre St. Florian zog nach Bründl (Brunnenthal) und diese nach St. Florian; die Pfarre Taufkirchen hielt eine Prozession nach St. Marienkirchen und diese hielt sie nach Taufkirchen, obwohl drei « Dekret vom 21. 7. 1790. Bericht vom 3. 8. 1790. Bericht des Magistrats vom 24. 7. 1790.

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