Mangel an Daten bezüglich Bauweise und Dis position sowie das Fehlen jedwedes zielführen den Hinweises zur Person Paul Peuerls. Die namentliche Erörterimg dieser ^^eindrucksvollen deutschen Komponistenerscheinung an der Wen de der Renaissance zur Barodczeit"'^'^ in diesem Zusammenhang ist zweifellos hypothetischer Na tur. Die jeder Auffindtmg einer Spur des Mei sters innewohnende musikhistorische Bedeutimg gebietet schließlich — über die bereits erwähnte Lokalisierung des Wohnsitzes hinaus —, auch die anderen AnhcJtspunkte aufzuzeigen, soweit sie zur Erhärtung unserer Annahme beitragen können. 1. Wie der bisher bekannte Lebensweg Peuerls zeigt, klafft zwischen der mit 27. Februar 1614 datierten Bestallung in Steyr^® und dem am 31. Juli 1619 im Auftrage des Wilheringer Abtes Georg II. Grill (um 1580 bis 1638) geschlossenen Vertrages über den Bau einer Orgel in der Stifts kirche^® eine fünfjährige Lücke. Da neben dem Amte als Steyrer Schulorganist eine kontinuier liche, das Ausmaß einfacher Reparaturarbeiten übersteigende Tätigkeit Peuerls im Orgelbau durchaus anzunehmen ist (so spricht die Wilhe ringer Vereinbarung sogar von „Herr Peuerll" imd „seinem gesindtt''^^), weist nichts gegen die Entgegennahme des umfangreichen Auftrages in der Welser Stadtpfarrkirche 1616 und 1617. Auch ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß der Handwerker bereits ein Jahr vor Ver tragsabschluß (also 1618) mit dem Wilheringer Projekt befaßt war; dieses könnte für den Ab bruch seiner Arbeiten in Wels mitbestimmend gewesen sein. 2. Seltsamerweise treten im Durchführimgsmodus, wenn wir die Vorhaben Wels und Wilhering vergleichen, Ähnlichkeiten zutage. Die Geschichte des Welser Werkes zeigt, daß um fangreiche Arbeiten fast immer von einem Hand werkerkollektiv unter der Leitung des jeweiligen Orgelbauers an Ort und Stelle geleistet wurden. Die notwendigen Werkstoffe stellte der Licht meister im Namen des Auftraggebers direkt zur Verfügimg. Hingegen weisen die Rechnungen 1616 und 1617 keinerlei Material aus. Im Ge genteil, die Eintragung von 3 fl Fuhrlohn, der dem „Leüthner Steyrer Fuhrman / wegen etlicher pfeiffen Zu der Orgel gehörig"^^ zu bezahlen war, beweist, daß Peuerl einen überwiegenden Teil der Arbeiten in seiner Steyrer Werkstätte unter Beistellung sämtlicher Materialien ausge führt hat. Aufenthedte in Wels waren daher nur vorwiegend zu Montagezwecken notwendig. Wir finden später einen dementsprechenden Passus im Wilheringer Vertrag®^, der diese Arbeitsweise förmlich vorschreibt. Sicherlich war Peuerls nur bedingte Abkömmlichkeit infolge seines Orga nistenamtes maßgeblich für diese vertragliche Formulierung®®. 3. Den bestechendsten Hinweis liefert uns wohl die Anwesenheit seines Freundes und Gewährs mannes aus der Horner Zeit, Jakob Tydeus (Tytäus), in Wels. 1615 •— also ein Jahr vor Peuerls Verpflichtung — berief der Welser Magistrat den Konrektor von Steyr, Tydeus®^, zum Rektor der Welser evangelischen Lateinschule®®. Er stand ihr bis 1619 als Leiter vor®®. Der aus Pommern stammende Schulmann war ursprünglich an der lateinischen Schule zu Horn tätig und übersie delte 1609®^, im Jahre des Dienstantrittes Peuerls, ebenfalls an das bedeutende Institut der Eisen stadt. Sein Wirken in Wels war sicher nicht ganz ohne Einfluß auf die Entscheidung des Ra tes, Peuerl mit der Erneuerung der Pfarrorgel zu betrauen. Wilhelm Jerger, Musik des Barock in Oberösterreich, Oberösterreich 1968, Heft 1, S. 64. 78 Wessely, a. a. O., S. 300. Ebenda. 80 Ebenda, S. 300 f. 8^ Stadtarchiv Wels, Lichtamtsrechnung 1616. 82 ,,Erstlich, soll Herr Peuerll die angedingtte Orgell . . . auf seine Aignen Unkosten dahaimb Zu Steyr, ... In ner Jahr und Tag machen und gentzlich verfertigen." Siehe dazu Wessely, a. a. O., S. 301. 88 Für gewöhnlich konnten die alten Meister schon auf grund der schwierigen Verkehrs- xmd Transportver hältnisse, im Gegensatz zum modernen Orgelbauer, nur in den seltensten Fällen die Bequemlichkeit ihrer Werkstätte in Anspruch nehmen. Ausgerüstet mit den notwendigen Werkzeugen, befähigte sie allein Talent und Erfahrung zu den wahrhaft großartigen Leistun gen fernab ihres Heimatortes. 84 Vgl. Neumann, Paul Peuerl in Steyr, S. 12 f. 88 Stadtarchiv Wels, Ratsprotokoll 1615, Hs. Nr. 23. 86 Meindl, a. a. O., 2. Teil, S. III. 87 Wessely, a. a. O., S. 299 f. 72
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