OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

werten ist. Weiters bildet die Größenordnung des Auftrages — er übersteigt bei weitem alle im Rahmen der Orgelerhalttmg geleisteten Aus gaben — einen weiteren beachtenswerten Sach verhalt. Diesen Umständen steht schließlich eine wechselhafte, von Reformation und Gegenrefor mation geprägte politische Lage gegenüber tmd beeinflußt selbst diese Geschehnisse nicht ohne groteske Auswirktmgen. Wie die Gebartmg des städtischen Lichtamtes im 16. Jahrhundert zeigt, war der Lichtmeister in seiner Eigenschaft als Ratsbürger und bestellter Verwalter des Kirchenvermögens nach Möglich keit bemüht, die Begehren und Wünsche des Pfarrherrn, soferne sie Pflege und Erhaltimg des Gotteshauses betrafen, zu erfüllen. Eine Gepflo genheit, die seltsamerweise noch im evangeli schen Wels beibehalten wurde, zu einem Zeit punkt also, da der Einfluß des katholischen Stadtpfarrers als bedeutungslos anzusehen ist. Was das persönliche Wohl der geistlichen Her ren betraf, war man allerdings weniger besorgt. Bereits 1533 bezichtigt der Pfarrherr Johannes Lathomius-Steinbrecher Bürgermeister und Rat der „lutherischen" Stadt Wels, seine Bitte um eine Teilreparatur des baufälligen Pfarrhaus daches unbeantwortet gelassen zu haben®®. Dem gegenüber sind wir von den Bemühimgen der Stadtväter bezüglich der standesgemäßen Unter bringung ihrer Prädikanten rmterrichtet®"^. Allein diese Beschwerde des Kirchherrn dokumentiert einerseits eine früh gefestigte Position der pro testantischen Sache in Wels, andererseits bezeugt sie die Entwicklung einer schizophrenen Aus gabenpolitik, was die Kirchengelder der Gegen seite betrifft. Trotz allem liegt die Vermutung nahe, daß als Ursache dieser Vermögensverteilung eher ratio nale Beweggründe zu erkennen sind; hoffte man doch insgeheim — nach der Zerschlagung der Gegenreformation —, neben der Prädikatur im Spitale für immer einen Amtssitz in der Pfarr kirche installieren zu können, von deren Kanzel die lutherische Lehre seit der Mitte des 16. Jahrhimderts bereits mehrmals verkündet worden war®®. Die bauliche Erhaltung des katholischen Gotteshauses lag also durchaus im Sinne der Welser Bürgerschaft. Nebenbei sind wirtschaft liche Aspekte nicht von der Hand zu weisen; floß doch ein beachtlicher Teil des katholischen Pfarrvermögens in die Taschen der evangelischen Kaufleute rmd Handwerker, gerade in dem Maße, als ihnen die Stadt über das Lichtamt Aufträge zuführen konnte. Eben diese Prak tiken treten im Zusammenhang mit der Auf tragserteilung an Peuerl in den Quellen deutlich hervor imd sind symptomatisch für die über legen zur Schau getragene Haltung der Welser Stadtverwaltung während einer Zeitspanne, die in Wahrheit die allerletzte Atempause für Ober österreichs Protestanten darstellt®®. Ganz in diesem Sinne stellen sich demnach auch die im Jahre 1616 von der Stadt eingeleiteten Bemühimgen um die Erhaltung der Pfarrorgel dar. Der Zustand des Werkes ließ hohe Aus gaben erwarten, und man war offenbar keines wegs gewillt, in diesen Punkten besonders klein lich zu sein. Offizieller Anlaß ist ein „Begehren" des katholischen Pfarrherrn Andreas Prudentius®®. Der Sachverhalt findet sich im Ratsproto koll vom 11. Juli 1616 folgend dargestellt: „Her Burgermeister proponiert wie Hr Pfar:rer alhir begeret Die Orgl in der PfarrKirchen ma chen Vnd gebessern Zu lassen^ begere, auch daß man den meister herüber bringen lassen soll erwartten eine antwortt, Do Man soll den augenRudolf Zinnhobler, Materialien zur Gesdiidite der Welser Stadtpfarrer bis 1560, 20. Jb. des Musealverei nes Wels 1975/76, S. 91 f. Siehe Stadtardiiv Wels, Aktenschuber 1176 (Häuser-, Grundstüdeekauf ect. 1440—1850). Vgl. Meindl, a. a. O., 1. Teil, S. 81. Vgl. Ilse Neumann, Steyr und die Glaubenskämpfe, 1. Teil, Steyr 1952, S. 79 flF. Konrad Meindls Verzeichnis der Welser Stadtpfarrer enthält bezüglich seiner Amtszeit (1611—1622) die folgende aufschlußreiche biographische Notiz: „Andreas Prudentius, Dr. der Theologie und Philo sophie, päbstlicher Protonotar, erhielt vom Magistrate bei seiner Installation auf die Stadtpfarre Wels einen Becher im Werte von 16 Thalem, konnte aber der beständigen Mishelligkeiten mit der Bürgerschaft wegen seines Amtes nicht froh werden. Als er am 27. September zum Probste vom Spital erwählt wurde, lud er den ehrsamen Rat von Wels zu Investitur ein, der sich durch den Stadtrichter und den Ratsbürger Andre Trackh vertreten ließ." Siehe dazu Meindl, a. a. O., 2. Teil, S. 89 f. 69

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