OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

In der Tat fällt der Bau — er dauerte beinahe vier Jahre — dieses für die Welser Stadtpfarrkirche so bedeutsamen Instruments in eine sowohl was die Entwicklungsgeschichte des Orgelbaues als auch die Stellxmg von Wels unter den landes fürstlichen Städten betrifft, bemerkenswerte Zeit. Es ist dies die Ära Maximilians I.; die musikali sche Szene bei Hofe beherrschen die beiden Re naissancemeister Heinrich Isaac und Paul Hofhaimer. Sie geben hierztdande im wahrsten Sinne des Wortes den Ton an imd gehören neben Josquin, Heinrich Finck sowie einigen wenigen anderen Meistern zumeist niederländischer Her kunft der abendländischen Elite an^^. Gerade der Einfluß Hofhaimers, dieses aus dem Salzburgi schen stammenden Virtuosen und Orgelbaumeisters^®, wirkt sich auf die Konzeptionen der Orgeln in unseren Gebieten nachhaltig aus. Die Instrumente der Hochrenaissance verdienen be reits wahrhaft das Prächkat „Königin der Instru mente". Wohl wissen wir, daß die Welser Stadtpfarre bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun derts über ein Orgelinstrument verfügt hat, doch entzieht sich jenes mangels geeigneter ardüvalischer Quellen jeder Beschreibung. Lediglich die sporachsche Nennung von Organisten — wie etwa 1474 Herr Erhard, 1480 bis 1494 Herr Michael, Kaplan (auch „Orgelmeister"y^, und 1497 bzw. 1502 „Bruder Hansen Orgelmeister" — gibt uns davon Kimde^®. Als der Welser Licht meister Wolfgang Müldorfer zu Beginn des Jah res 1514 die ersten Vorbereitungen für den Bau einer neuen Orgel zu treffen hatte^^, genügte das alte Werk den gestiegenen Ansprüchen offenbar nicht mehr. Bereits im Jänner desselben Jahres wurden „dem Maister Mertn (Martin Schaur) von wegen der Orgel"^^ größere Anzahlungen geleistet; Mül dorfer, dem als Verwalter des Pfarrvermögens die Beschaffung der Materialien oblag, legte für das Vordringlichste, wie „ain fueder Gel, ain vaß, vmb 3 Ib Zyn, schmaltz, vmb 4 Ib vnslierht (Unschlitt), vmb Laimb vnd ziegl" sowie „vmb pley so Zu der Orgl genutzt ist wordn"^^ vor erst kleinere Beträge aus. Als dem Orgelmacher „am Freitag vor sand Sebastians tag"^^ noch 2 Pfimd Pfennige ausbezahlt wurden, beliefen sich die 1514 cüesem Vorhaben gewidmeten Aus gaben auf etwas über 23 Ib. Hanns Haerbslebm, der im darauffolgenden Jahr die Verwaltung des Lichtamtes übernahm^^, sollte es vorbehalten bleiben, mit kaufmännischem Geschick und Or ganisationstalent die Arbeiten bis zur Abrechnxmg des letzten Zettels, 1517, („Dem Mallerknedit zu TringkhgelWy^ zu überwachen. Die Entstehimg dieses Werkes datiert inmitten einer der orgelfreudigsten Epochen unseres Lan des. Innerhalb weniger Dezennien entstehen ringsum prachtvolle Beispiele spätgotischer Orgelbaukimst. So erhält die Pfarrkirche in Steyr durch Hannes Lauß 1478 ein bedeutendes Instrument^®. 1497 errichtet der Budweiser Michael Khall in St. Wolfgang ein Werk mit allen Vorzügen der südböhmischen Orgelbauschule^^. Auch die Stifte Oberösterreichs, z. B. Lambach, Gleink und St. Florian, nehmen die Dienste versierter Orgelbaumeister in Anspruch^®. Als Glanzpunkt in dieser Reihe ist wohl das „OrgaFritz Wieninger, „Lust hab idi gehabt zur Musica — Das musikalische Leben im Zeitalter der Renaissance, Ausstellungskatalog Schallaburg 1976, S. 307. Für Oberösterreich ist Hofhaimer als Orgelbauer in Linz nachgewiesen. Ein im Auftrag Friedrichs III. ge schaffenes „verbessertes Hornwerk" erwähnt Justus Schmidt in seiner „Linzer Kunstchronik". Linz 1952, S. 20. In der liturgischen mittelalterlichen Musizierpraxis versahen das Organistenamt oftmals Kleriker. Die reformierten Kirchen erst beschäftigten ausschließlich Laienorganisten. Zu diesem System ging auch im 16. Jahrhimdert die kath. Stadtpfarre Wels (wahr scheinlich reformationszeitlich bedingt) über. Siehe dazu W. Salmen, a. a. O., S. 17 u. 190. Gilbert Trathnigg, Archivalische Vorarbeiten zur österr. Kunsttopographie, Bd. III, Wien 1968, S. 68 u. 72. Stadtarchiv Wels, Lichtamtsrechnung 1514, Schuber Nr. 735. Ebenda. Ebenda. Stadtarchiv Wels, Lichtamtsrechnung 1515, Schuber Nr. 735. Stadtarchiv Wels, Lichtamtsrechnung 1517, Schuber Nr. 736. Rudolf Quoika, Die altösterreichische Orgel der späten Gotik, der Renaissance und des Baroch, Kassel/Basel 1953, S. 16. Die Disposition des Werkes ist überliefert. Siehe Quoika, a. a. O., S. 26, sowie Hermann Grahner, Die Kunst des Orgelbaues, Berlin 1958, S. 93. 28 Quoika, a. a. O., S. 16 f. 65

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2