Die Abbrucharbeiten dauerten vom 11. Dezem ber 1944 bis 23. Dezember 1944 und vom 3. Jän ner 1945 bis 23. Jänner 1945. Die beiden letzten Daten entstammten der Häft lingspersonalkartei des Polen Kazimierz Barczyk®^, der auch bei den Abbrucharbeiten im Schloß Hartheim eingesetzt war (Nr. 10 der Namenliste). Am 14. Jänner 1945 übersiedelte die „Gauhilfs schule" nach Hartheim. Die Chronik der All gemeinen Landes-Sonderschule I im Kinderdorf St. Isidor berichtet darüber®®: „In der Weihnaditswodie erhielt die Gauhilfssdiule den Auftrag, sich für die kommende Übersiedlung in das neue Heim Schloß Hartheim, Post Alkoven, bereit zu halten .. . ... Im Jänner 1945, als die Russen in Niederösterreich immer weiter hereinbrachen, räumte die Partei das Schloß, um es dem Kinderheim zur Verfügung zu stel len. Vorher wurde alles, was an die traurigen Zeiten erinnerte, weggeräxmit. Am 14. Jänner 1945 ging der erste Knabentransport von Gallneukirchen nach Hart heim. Am 21. Februar 1945 wurde die Übersiedlung der Knaben in Gallneukirchen und der Mädchen in Baum gartenberg beendet. Die Verzögerung entstand durch die schlechte Witterung (Schnee und Verwehungen), wenig Treibstoff für die Autos, Bombardierungen der Verkehrs wege und Mangel an Arbeitskräften. Im ganzen waren 15 Wagen (Omnibusse, Lastwagen und 3 Waggons) not wendig." Dann folgen Berichte über die Einrichtung des Sddosses und den Beginn des Unterrichtsbetrie bes. Damit war das vorläufige Ziel der SS erreidit, den „ursprünglichen Zustand" wieder her zustellen. Oberschulrat Taüschek, der Direktor der Schule, beschreibt nun die vielen Schwierig keiten, die einem geregelten Schulbetrieb bis zur Kapitulation am 5. Mai 1945 entgegenstanden. Dann heißt es in der Chronik weiter®®: „Schon in den Vormittagsstimden kamen gleich einige Vertreter der neuen Regierimg, die sich über die Vor geschichte des Schlosses informierten. Die Verwalterin mußte die in Frage kommenden Räumlichkeiten zeigen und wurde ihres Amtes enthoben. Täglich kamen Ame rikaner, Franzosen und Russen . . . Manche wollten es nicht glauben, daß wirklich katholische Schwestern hier sind. Viele kamen, um zu sehen, wo der Verbren nungsofen war. Darüber ist nun auch Klarheit. Es war wirklich alles im Haus, im Parterre der Reihe nach die verschiedenen Räume zur Untersuchung, zum Fotogra fieren usf. Der Ofen und die Vergasungskammer waren im östlichen Teil des Schlosses . . ." Diese Aussage des Schulleiters zeigt, daß der Informationsaustausch zwischen den abgezoge nen Vertretern der SS tmd der Gauhilfsschule sehr gering gewesen sein muß. Immer wieder wird auch die Frage nach der Zahl der Opfer von Hartheim gestellt. Sie klar zu beantworten ist nicht möglich. Es wird sich sicher nie mehr auch nur mit annähernder Ge nauigkeit feststellen lassen, wieviele Menschen hier vernichtet wurden. Die Schätzungen und Mutmaßungen gehen weit auseinander, doch dürfte die Zahl von 30.000 der Wahrheit am nächsten kommen. Nimmt man allerdings, wie aus einer Reihe von Veränderungsmeldimgen des KLM hervorgeht, eine (niedrig geschätzte) „Tages-Durchschnittsquote" Hartheims von etwa 70 Opfern durch (knapp bemessene) drei Jahre an, kommt man auf 60.000 bis 70.000 Tote. Wie weit die Zahlen streuen, soll die nachfol gende Zusammenstellung zeigen: 12.000 Opfer im Rahmen der Aktion „T 4" — 8000 Häftlinge allein aus dem KLM im Rahmen von „14 f 13" (Aus dem Prozeß gegen Doktor Renno; „Presse" vom 24. 9.1969). „Mindestens 30.000 Menschen umgebracht" („Arbeiterzeitung" vom 24. 9.1969). 18.000 Opfer während der „Ära Stangl", ins gesamt 30.000 Tote („Comite international d'Auschwitz", Informationsbulletin Nr. 12, 1969). S657 bewiesene Tötungen im Rahmen von „14fl3" (KLM, Gusen, Dachau; vgl. Marsalek). 15.000 Verbrennungen in eineinhalb Jahren (aus dem Prozeß gegen Merta; vgl. G. Rabitsch, Diss., Dokumentationszentrum d. österr. Widerstan des, Wien). Insgesamt 60.000 bis 80.000 Opfer von „T 4" nach L. Gruchmann — 80.000 bis 100.000 Opfer von „T 4" nach Kl. Dörner (Vj.-Hefte f. ZeitArchiv des Museum Mauthausen, Wien, Herbststraße Nr. 57, B 15/13. Chronik der ALaSoSch. I St. Isidor, 4060 Leonding, Bd. I, S. 46. Ebenda, S. 48. 61
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