OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

zember 1944 im Rahmen der Aktion 14 f 13 erstickt worden. Bereits im Sommer 1941 war die seit Oktober 1939 lau fende /Euthanasieaktion' auf Häftlinge aus den Kon zentrationslagern ausgedehnt worden. Auf Veranlas sung Himmlers sandte die Tarnorganisation der Eutha nasie, die sogenannte ,Gemeinnützige Stiftung für An staltspflege', eine ,Ärztekommission' in die verschiede nen Konzentrationslager mit der Aufgabe, die Häftlinge zu untersuchen und die Kranken zur Tötung auszuson dern. Gleichfalls im Sommer 1941 suchte der Leiter der Tötungsanstalt Schloß Hartheim, SS-Hauptsturmführer Dr. Lonauer, den Lagerkommandanten Ziereis auf. Sie besprachen den organisatorischen Verlauf der Tötungs aktion. Ziereis informierte dann die SS-Führer des Kom mandanturstabes über die interne administrative Durch führung der Aktion. Mit der Politischen Abteilung wurde vereinbart, daß die ,Todestage' für die Häftlinge gleich mäßig über die in Frage kommenden Zeiträume verteilt und unabhängig vom tatsächlichen Tag der Vergasung verbucht werden sollten. Als Ort des Todes wurde nadh außenhin stets das KLM und als Todesursache irgend eine Krankheit angegeben. In den Listen oder Büchern des KLM wurden die nach Hartheim transportierten Häftlinge irreführend als in das ,Erholungslager, Erholungsheim, Sanatorium Dachau, Sanatorium' und auch in die ,Heil- und Pflegeanstalt Ybbs a. d. Donau' oder nach ,Bad Ischl' überstellt ge führt. Es sollte eine Erholungsstätte vorgetäuscht wer den. Die ersten Selektionen der Häftlinge in Mauthausen und Gusen erfolgten im August 1941, jedoch nicht durch die erwähnte Ärztekommission, sondern durch die SS-Lagerärzte unter Mitwirkung von Dr. Lonauer, dessen leiten den Arzt, Dr. Georg Renno, sowie Ziereis. Im Winter 1941/42 hat dann die bereits erwähnte Ärztekommission der ,Gemeinnützigen Stiftung für Anstaltspflege' die Auswahl vollzogen. Im Jahre 1942 waren es wieder die SS-Lagerärzte, die mit oder ohne Ziereis, gewöhnlich nach den Abendappellen, selektierten. Die Gefangenen mußten an den Ärzten bzw. Ziereis vorbeigehen, und von diesen wurde durch ein Zeichen entschieden, ob der jeweilige Häftling nach rechts oder nach links anzutreten hatte. Im wesentlichen war hier der äußere Eindruck entscheidend. Praktisch lief die Auswahl darauf hinaus, sich der kranken, alten, mißliebigen und unerwünschten Häftlinge zu entledigen. Es war gleichgültig, ob die Häftlinge an chronischen, vorübergehenden oder anderen Krankheiten litten oder ob sie einfach infolge der Le bensbedingungen im Lager körperlich oder seelisch er schöpft waren. Die abgesonderten Gefangenen wurden in einer der Sonderrevierbaracken von Mauthausen bzw. von Gusen konzentriert. Im Jahre 1944 wurde der Selektionsvorgang noch mehr vereinfacht. Die SS-Lagerärzte bestimmten pro Kranken unterkunft, wieviele Opfer für den jeweiligen HartheimTransport gestellt werden müssen. In Autobussen, deren Fenster verhängt oder mit Farbe angestrichen waren, sind die Opfer nach Hartheim über führt worden. Neben dem Fahrer der Fahrbereitschaft KLM begleitete ein SS-Angehöriger des Kommandanturstabes den Transport. Ihm wurde ein geschlossener Briefumschlag mitgegeben, und er hatte den Auftrag, ein Anhalten und jede Durchsuchung des Omnibusses durch Militärstreifen oder Verkehrskontrollen zu ver hindern. Bestanden die Überwachungsorgane auf Aus kunft über den Zweck der Fahrt, so durften die Kontrol lierenden, gegen Angabe ihrer Personalien, den Brief öffnen, in dem stand, daß der Transport ungehindert passieren dürfe. Die Autobusse hielten in einem von außen nicht einseh baren Holzverschlag des Schlosses Hartheim an, wo die Häftlinge aussteigen mußten. Durch einen Nebenein gang gelangten sie ins Schloß. In einem der Räume hat ten sie sich zu entkleiden und wurden in das sogenannte Aufnahmezimmer gebracht. Ein Arzt und mehrere Hel fer kennzeichneten alle jene Personen, die Goldzahne hatten. Danach kamen die Häftlinge unter dem Vor wand, ,fotografiert' zu werden, in einen anderen Raum, von dem eine Stahltür in die Gaskammer führte. Die Gaskammer war wie ein Brausebad ausgestattet. Damit die Tötungen reibungsloser ablaufen konnten imd die Häftlinge keinen Widerstand leisteten, wurde der Ein druck erweckt, als würden sie geduscht. Sobald sich eine Gruppe in der Gaskammer befand, wurde die Stahltüre geschlossen, das Giftgas eingeleitet und die Opfer ge tötet. Anschließend wurde der Raum mittels Ventilato ren gelüftet. Durch eine zweite Stahltüre wurden die Leichen in den Totenraum gebracht, wo den gekennzeich neten Opfern die Goldzähne gezogen wurden. Die Lei chen wurden dann in einem angrenzenden Krematorium verbrannt. Die Verbrennungsrückstände wurden zuerst in die Donau geworfen, später in einer Knochenmühle zu Pulver vermählen. Die an der Tötung beteiligten Kräfte erhielten eine be sondere Entlohnung und Alkoholzuteilungen. Der in Hartheim als Heizer beschäftigte Nohel gab am 4. Sep tember 1945 der Kriminalpolizei in Linz an, daß er die Anzahl der insgesamt in Hartheim getöteten Menschen der ,Euthanasie-Aktionen' auf etwa 30.000 schätze. Alle Beteiligten wurden zu strenger Geheimhaltung ver pflichtet. Das Personal im Schloß Hartheim hatte fol gende Verpflichtungserklärung zu unterschreiben: 1. Mir ist bekannt, daß ich über alle mir im Zusammen hang mit meiner dienstlichen Tätigkeit bekannt werden den Angelegenheiten gegenüber jedermann und gegen über jeder Stelle des Staates wie auch der Bewegung unbedingte Verschwiegenheit zu wahren habe und daß mich von dieser Verpflichtung niemand anderer entbin den kann als der Reichsstatthalter und Gauleiter bzw. Leiter der Anstalt, Dr. Lonauer. 2. Ich weiß, daß mir diese auf das unbedingteste einzu haltende Verpflichtung deshalb auferlegt wird, weil sich unter den zu meiner Kenntnis gelangenden Tatsachen Vorgänge befinden, welche ,Geheime Reichssachen', also Staatsgeheimnisse, sind. 3. Ich weiß, daß auf Verrat von Geheimen Reichssachen die Todesstrafe steht und daß auch versuchter oder nur 57

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