OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

nahmen des Reichsverteidigungskommissars in die hie sige Anstalt verlegt werden mußte, hier am . . . plötz lich und unerwartet an einer . . . verstorben ist. Bei der schweren geistigen Erkrankung bedeutete für die Verstorbene das Leben eine Qual. So müssen Sie ihren Tod als Erlösung auffassen. Da in der hiesigen Anstalt Seuchengefahr herrscht, ordnete die Polizeibehörde sofor tige Einäscherung des Leichnams an. Wir bitten um Mit teilung, an welchen Friedhof wir die Übersendung der Urne mit den sterblichen Überresten der Heimgegange nen durch die Polizeibehörde veranlassen sollen . . . Etwaige Anfragen bitten wir schriftlich hierher zu rich ten, da Besuche hier gegenwärtig aus seuchenpolizei lichen Gründen verboten sind." Bei der hohen Zahl der Vernichteten kam es zu einer Reihe von „Pannen", z. B. zwei Urnen an eine Familie; Blinddarmentzündxmg als Todes ursache, dieser war aber schon vor Jahren ent fernt worden; Todesmeldung für entflohene, ver steckte Zöglinge. Die „Kanzlei des Führers" war bestrebt, Fehler imd Pannen abzustellen. Zunehmend kam es auch zu Schwierigkeiten, weil die außernormati ven Maßnahmen der Aktion „T 4" immer wieder am normativen Ordnxmgsgefüge der staatlichen Justiz aneckten. Reichsjustizminister Gürtner wehrte sich zeit seines Lebens gegen die Tötimgen. Erst sein Nachfolger Schlegelberger arbeitete mit Bouhler und Brack zusammen. Es gibt eine Reihe von Beispielen, die von gro ßem persönlichem Mut der Protestierenden zeu gen: Am 8. Juli 1940 sandte der Vormundschaftsrich ter am Amtsgericht Brandenburg/Havel, Amts gerichtsrat Kreyssig, einen Bericht an Justiz minister Gürtner, aus seinen Akten gehe es „als kaum mehr zweifelhaft" hervor, daß seit etwa zwei Monaten entmündigte Anstaltsinsassen nach Hartheim gebracht und dort „ohne Wissen der Angehörigen, der gesetzlichen Vertreter und des Vormundschaftsgerichtes, ohne die Gewähr eines geordneten Rechtsganges und ohne gesetz liche Grundlage" getötet würden. Gürtner unternahm daraufhin einen Vorstoß bei Hitler, fand aber kein Gehör und wurde auf das Kriegsende vertröstet. Das Reichsministerium für Justiz (Gürtner) gab daraufhin Kreyssig den Rat, Reichsleiter Bouhler anzuzeigen. Kreyssig erstat tete daraufhin Anzeige bei der Staatsanwalt schaft Potsdam. Über deren weitere Behandlung erhielt er nie eine Antwort. Als er ein Rund schreiben erließ, daß keine rechtliche Basis für diese Aktion bestehe, wurde er von Gürtner vor geladen imd dann pensioniert^®. Ein ähnlicher Fall trug sich vor den Gerichten in Wels und Linz zu: Die Eltern eines in der Euthanasieanstalt Hart heim getöteten Geisteskranken erstatteten An zeige bei der Staatsanwaltschaft in Wels. Der Generalstaatsanwalt in Linz, dem der Ober staatsanwalt aus Wels über die vorliegende An zeige berichtet hatte, bestand auf der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens tmd auf der Verneh mung des beschuldigten Arztes darüber, ob die angegebene Todesursache „Mittelohreiterung" der Wahrheit entspreche und berichtete seiner seits am 28. 11. 1940 an das Reichsjustiz ministerium. Der weitere Ablauf: Am 4. 3. 1941 (nach mehr als drei Monaten) teilte das RJM der „Kanzlei des Führers" mit, was die Staatsanwaltschaft Linz vorhabe. 22 4. 1941: Schreiben der „Kanzlei des Führers" — „Es wird beanstandet, daß das Ermittlungs verfahren nicht behindert worden war —" Wei ter heißt es: „Da anzunehmen ist, daß der Gene ralstaatsanwalt in Linz zu den im August 1940 von Herrn StaatssekretärFreisler über die Ak tion unterrichteten Personen gehört, ist sein Ver halten in jeder Weise unverständlich^®." Daraufhin erfolgte eine Aussprache zwischen den Vertretern der „Kanzlei des Führers" und dem RJM. Über das Ergebnis berichtet folgender Ak tenvermerk^^. „Das bei der OSTA in Wels anhängige Straf verfahren wird eingestellt werden. Die Stellung nahme des GSTA [Linz] ist von dem Vertreter OSTA Eypelthauer unterzeichnet, der nicht zu den von Herrn Staatssekretär Dr. Freisler unter richteten Personen gehört. Unter diesen Um- ^5 Lothar Grudimann, Euthanasie und Justiz im 3. Reich, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 20. Jg. (1972), 3. Heft, S. 260. L. Gruchmanrir a. a. O., S. 262; zitiert aus den Akten des RJM, Bundesarchiv, Sign. R22/20101. L. Gruchmann, a. a. O., S. 262; Vermerk des OReg.Rat Mielke am 12. 9. 1941. Akten des RJM, Bundesarchiv, Sign. R22/20101. 49

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