OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

über die erstaunliche Zahl von 188 bekannten farbigen Kultmalen verfügt, und zwar 105 Rote Kreuze, Marterln und Kapellen, 67 Weiße Kreu ze, 8 Schwarze Kreuze, 5 Blaue Kreuze, 2 Grüne Kreuze, 1 Gelbes Kreuz und 7 Wetterkreuze. Verhältnismäßig gering ist die Ausbeute an Sa gen, Legenden und Gebräuchen, gemessen an der Vielzahl der Kreuze. Die drei Roten Kreuze zwischen Höhenberg und Oberwielands im Waldviertel erinnern an eine schwere Bluttat. Als ein Soldat nach 14 Kriegs dienst]* ahren endlich heimkehrte, fand er seine Braut, die ihm ewige Treue geschworen hatte, mit einem anderen Mann verheiratet, der sich vom Militär losgekauft hatte. Er lauerte dem Ehepaar auf, als es von einem Kirchtag in Hö henberg heimkehrte und erschoß nach kurzem Wortwechsel seinen glücklicheren Nebenbuhler an der Stelle des ersten Roten Kreuzes. Die Frau flüchtete, aber der rasend gewordene Rächer ver folgte sie und streckte sie beim zweiten Roten Kreuz nieder. Aber von Gewissensbissen gepei nigt, floh der Mörder und jagte sich beim dritten Roten Kreuz eine Kugel ins Herz. Während die letzten zwei Kreuze noch stehen, vermoderte das erste Kreuz, und der blecherne Heiland wur de an einem Baum in der Nähe befestigt. Hier wurde er durch die Kugeln aus einer Maschinen pistole der Besatzungsmacht zerfetzt. Der Dorf schullehrer R. Saßmann wollte diese Untat ver hindern und wurde dabei erschossen. Zum An denken an den getöteten Lehrer wurde alsbald ein neues Rotes Kreuz auf einen Steinsockel ge stellt, rot gestrichen in Anlehnung an die Volksmeinung^^. Beim Roten Kreuz nördlich Eibenstein an der Straße von Drosendorf sprang ein Ritter vom Schreckenstein, einem Felsen, an dessen Fuß das Kreuz steht, in die vorbeifließende Thaya tmd ertrank^^. Das Rote Kreuz am Galgenberg bei Drosendorf, von den Einheimischen auch Rotes Wetterkreuz genannt, bei dem auch der „Hehmann'' spukte, war das Ziel der Wilden Jagd, die mit den See len der Gehenkten vom Galgenberg herabbrau ste. Ein weiteres Rotes Kreuz, inzwischen durch ein steinernes ersetzt, steht an der Straße von Dro sendorf nach Zissersdorf. Von dort konnte man einen eisenbeschlagenen „Seelenwagen'' unter Getöse zum „Soldatenmarter" poltern hören, wobei es auf den Feldern irrlichterte. Nordwestlich von Hardegg steht am Weg nach Frain ein Rotes Kreuz an der Stelle, wo die Hand eines meineidigen Hammerschmiedgesellen ge funden wurde, der durch eine Explosion in Stücke gerissen worden war^®. An einem schaurigen Platz westlich der Straße von Groß-Pertholz steht ein sagenumranktes Rotes Kreuz. Dort blockierten einst auf dem ab schüssigen Weg plötzlich die Räder eines Wa gens, mit dem der Gutsherr von Karlstift nach Groß-Pertholz fuhr. Erst als dieser die Errichtung des Roten Kreuzes gelobte, konnten die Pferde den Wagen weiterziehen. Dieses Rote Kreuz soll aber auch an den tödlichen Ausgang eines Zwei kampfes zweier Fleischhauer erinnern, die in das gleiche Mädchen verliebt waren. Weiters wird behauptet, daß beim Roten Kreuz gefal lene Schweden oder Franzosen begraben liegen. Es wird aber auch vermutet, daß es sich um jenes Wetterkreuz handelt, das der Amtsrichter von Groß-Pertholz 1741 nach einem fürchter lichen Gewitter aufstellen ließ^®. Zwischen Persenbeug und Altenmarkt im Yspertal steht an der. Grenze der alten Gerichtsspren gel ein Rotes Kreuz. Laut Punkt 19 des Banntaidings zu Klein-Engersdorf imd Hagenbrimn vom Jahre 1629 stand an der Grenze zwischen dem damaligen Burg Kreuz steiner Landgericht Pisenberg tmd dem Burgfried von Klein-Engersdorf ein „Rothes Creutz", heute Malefizkreuz bzw. Mühlkreuz genannt. An die sem „altgewohnlichen" Ort hatte der Dorfrichter Malefizpersonen dem Landrichter übergeben^^. Das Rote Kreuz an der Kreuztmg der Straßen von Anzendorf nach Roggendorf bzw. von Schrattenbuch nach Schollach ist mit der Schallaburg durch folgende Sage verbunden: Nach einem Brudermord durchstreifte Ritter Georg von Schallaburg jagend die dichtesten Forste. Als Hohiger Sepp, Die roten Kreuze; Das Waldviertel, 18. Jg. (1969), S. 314 f. Fietz Ernst, Erhebung am 24. 7.1936. Wie Anm. 12, S. 77 ff. Ebenda, S. 78. " Ebenda, S. 79. 42

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