OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

Haustüren Es ist ein Gesetz im Leben. Wenn sich eine Tür für uns schließt, öffnet sich dafür eine andere. Andr^ Gide (22.11.1869) Man steht vor einer Tür, wird sie geöffnet wer den? Ist jemand im Haus? Wird man freundlich empfangen oder wird einem die Tür vor der Nase zugeschlagen? Die Tür ist es ja, die die Geborgenheit des Heimes von der Außenwelt trennt. In der langen Front der Fensterreihe unserer Höfe ist die Tür der Mittelpunkt imd der Schmuck des Hauses. Vielleicht noch ein Bild über der Haustür mit dem Landesheiligen Florian sowie Sebastian xmd der Trinitas ergänzen die sen Schmuck. Wo das Doppelfenster noch nicht einem Portal weichen mußte, bildete dieses mit der schönen Haustür ein einmaliges Ensemble. Im Leben der Hausbewohner hatte die Tür viel Bedeutung, man trug das neugeborene Kind als „Heide" aus dem Haus und brachte durch die Tür den getauften Christen wieder ins Haus zurück, wo er mit dem Weihwasser aus dem Weihwasserkessel, der immer neben der Tür hängt, das erste Mal bekreuzigt wurde. Die Braut stand im Türrahmen und wurde vom Bräutigam zur Trauung abgeholt; nach der Trauung trug der Bräutigam die Braut über die Türschwelle der neuen gemeinsamen Wohnung. Solange es noch Aussegmmgen vom Haus weg gab, wurde der Tote mit dem Sarg unter der Haustüre drei mal auf und nieder gehoben, als Kreuzzeichen zur Verabschiedung. Und immer ist es die Tür, die geöffnet werden muß, wenn ein neuer Lebensabschnitt beginnt: die Schule, die Lehr stelle, der neue Beruf. Für manchen Gefallenen schließt sich die Türe zur Außenwelt für eine bestimmte Zeit oder gar für den Rest des Lebens. Am Anfang waren es gehackte Pfosten, die mit schmäleren Querpfosten und langen Holznägeln zu einer Tür zusammengezimmert wurden. Dann waren es die einfachen Brettertüren (Abb. 1), die die Türausspanmgen in den Häusern ver schlossen. Diese Türaussparungen wurden sehr oft mit behauenen Steinen ausgelegt, das soge nannte Türgewände. Auf diese einfachen Bret tertüren nagelte man dann verschiedene Formen von Querbrettern auf; diese Türen werden auf gedoppelt genannt. Zuerst nahm man zu dieser Arbeit Holznägel, später handgeschmiedete Eisen nägel mit schön behauenen Köpfen, die zugleich auch eine Verzierung waren. Diese AufdoppeIxmgen paßten genau in den Türrahmen imd hat ten von dem Grundbrett abgesetzt die gleiche Form wie das Türgewände. Die Formen und Muster der Aufdoppelimgen hatten sehr verschiedene Bedeutimg. So waren Sonne, Halbsonnen, vier- und sechsfache Sterne Licht und Freudenssymbole. Lebensmotive waren einfach und mehrfach angeordnete Rauten, die Raute auch als Fruchtbarkeitszeichen (Abb. 2); als Erdzeichen soll sie die gleichmäßigen Furchen im Acker darstellen. Das Motiv des geöffneten Buches deutet auf den Ausspruch „ihm wird Tür und Tor geöffnet". Die Schild-, Schuppenund Malkreuztüren sind Abwehrmotive, um das Haus vor bösen Geistern zu schützen (Abb. 3 und 4). Es gibt natürlich auch sehr viele Türen, auf denen verschiedene Motive gemeinsam zu finden sind. Gebietsweise konnte man genau den Einfluß einer Werkstätte, eines Zimmer- oder Tischlermei sters feststellen. Man findet dieselben Motive oft über Generationen. Wohl haben Hcmdwerker, die diese Türen schufen, von dieser darin gelegenen Siimbildsprache teilweise ebensowenig gewußt wie ihre Auftraggeber. Die Eisentüren in unserer Gegend gehen sicher auf den Einfluß der nahe gelegenen Eisenstadt Steyr zurück. Auch kann man an den Türen die verschieden sten Mode- und Zeitrichtungen feststellen. Die beliebteste Bemalung der Haustüren war grün und weiß, nur die Türen der Mühlen waren blau. Heute verwendet man solche Farben, die zur Hausfärbelung passen. Die intarsierten Türen in Burgen, Schlössern, Klöstern tmd wohl habenden Bürgerhäusern, besonders in der Barockzeit, wurden den bemalten Stubentüren der Bauernhöfe nachgeahmt. Vereinzelt findet man noch heute solche Türen. In dem vorher erwähnten Türgewände findet man im oberen Teil sehr oft ein christliches Symbol, die An fangsbuchstaben der Hofeigentümer und mei stens auch die Jahreszahl des Entstehens. An alten Türen gibt es neben der Türschnalle und dem Schloß noch ein größeres Loch, das aus der Zeit stammt, in der man mit dem Fallschlüssel 114

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2