Das Rätsel des „Schleunigen' Dieser Tanz ist im südlidien Salzkammergut da heim und steht mit den Stachelschützen in enger Beziehung^. Über seinen Siim können wir etwas erfahren, wenn wir den Labyrinthen^ unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Ein besonders präch tiges Beispiel ist der Fußboden einer römischen Villa in Salzburg. In Wien gibt es einen Kupfer stich von 1673, in dem das Labyrinth mit einem Feuerwerk verbunden zu sein scheint, und den Tivolipark als Heckenlabyrinth. Für unsere en gere Heimat hat sich kein Beispiel gefunden. So blieb der Tanz in seinem Geheimnis unge klärt. Wohl gewinnt der Tänzer in der Erregimg seines Körpers eine dunkle Ahnung, doch ist er nicht in der Lage, sich über alles, was auf ihn einwirkt, klar zu werden. Das Labyrinth ist ein Bild der Vieldeutung wie des Lebens. Es kennt sowohl die tödliche Bedeu tung wie die der Wiedergeburt. Auch unseren „Bandltanz'' will man gelegentlich in seiner Ver flechtung der Bänder als „Wechsel von Tod und Leben" sehen. In seiner Wortbedeutung bringt man es sowohl mit „Enger Gasse" wie mit der „Doppelaxt" in Verbindung. Mit der Doppelaxt wie mit den Doppelspiralen verbunden, ist von den über die ganze Welt ver breiteten Labyrinthen jenes von Knossos auf Kreta das bekannteste geworden. Jahrhunderte lang hat es als Vorbild gedient. Während es in Deutschland (Ost) nur zwei Beispiele gibt, hat besonders England deren viele, die bis 40 m Durchmesser erreichen. Mit Wortlabyrinthen, wie sie ägyptische Grabstätten kennen, mit Ra sen-, Hecken- imd Steinlabyrinthen mögen einige der verschiedenen Spiraltypen erwähnt sein. Nicht nur Seeleute und Hirten, auch Priester legten solche Labyrinthe im Freien an. Letztere sollen sie auf den Knien im Gebet besucht ha ben. Eine westgotische Handschrift aus dem 11. Jh. dürfte mit Ostern in Zusammenhang stehen. In Auxerre wurde erzählt, daß dort der Pilotatanz vom Domherrn in langer Reihe ange führt wurde, wobei die Pilota von Hand zu Hand weitergereicht wurde. Das Labyrinth wurde am Ostersonntag als Christussonne, als Bild der Grablegung und der Auferstehung als Sonnen laufbahn eines Jahres auf ihrem Passionsweg feierlich durchschritten. Auf Ostern bezieht sich auch die „Trojaburg" bei Steigra a. d. Unstrut, die durch einen Osterbrauch der Bauern erhal ten blieb®. Solche sagenumwobene^ Trojaburgen hatten labyrinthische Gestalt imd stehen eng mit einem Sonnenkult in Beziehimg. Die Bezeichnung „Trojaburg", wie im Norden die Steinlabyrinthe häufig genannt werden, kommt von keltisch „tro", was sich drehen, sich bewegen bedeutet. Von französischen Beispielen seien weiters er wähnt das Labyrinth von Chartres mit 12 m Durchmesser. Auch in einigen anderen Kathe dralen Frankreichs sind noch einige solche Bei spiele erhalten. In Bayeux sollte man nicht nur den großartigen normannischen Teppich bewun dern, sondern auch die vielfarbigen Fliesen im Kapitelsaal. Auch Italien bietet eine Reihe von Beispielen: San Michele Maggiore in Pavia aus farbigem Marmor, ein weiteres in San Vitale in Ravenna und ein kaum mehr erkennbares in Rom in Trastevere. In Cremona suchten wir leider verge bens, in der Kirche das Labyrinth zu finden; hingegen soll man in der Via Cadolini eines ent deckt haben. In Lucca hatten wir mehr Glück. Im Dom zu Florenz befindet sich ein Bild mit dem „Läuterungsberg" mit dem Aufstieg in Spi ralen und dem Abstieg in das Inferno (Dante). Im Palazzo del Te zu Mantua zeigt ein groß an gelegter Fußboden sich wiederholende Labyrinth muster. Endlich ist als interessante Ergänzung das „Haus des Diomedes" in Pompej zu erwäh nen. Von skandinavischen Beispielen sei als erstes ein bekanntes Steinlabyrinth unweit Visby auf der herrlichen Insel Gotland erwähnt. Eine schöne Jungfrau — so kann man lesen —, welche die Be freiung ihres Vaters erreichen wollte, legte es an. Auch hier ist wieder das Jahr mit seinen ^ Richard Wolfram: Die Volkstänze in österreidi und verwandte Tänze in Europa, Salzburg 1951, S. 142 £f. — Franz Grieshofer: Das Sdiützenwesen im Salzkammer gut, Linz 1977, S. 178 ff. ^ Janet Bord: Irrgärten und Labyrinthe, Köln 1976. — Alfons Rosenherg: Das Labyrinth, Vortrag am 2./3. Oktober 1976. ® Richard u. Klaus Beifl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde, 3. Aufl., Stuttgart 1974, S. 837. ^ Hans Watzlik: Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921, S. 76 f. 112
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