Auf dem flachen Land jedoch blieb die Lage un verändert, im Gegenteil, der Kleingeldmangel breitete sich in kürzester Zeit auch auf die be nachbarten Bundesländer Vorarlberg imd Salz burg aus imd wurde in größeren Städten wie Wien, Graz xmd Linz ebenfalls spürbar. Nun schritten weitere Gemeinden zur Selbsthilfe und erteilten Aufträge zur Herstellung eines eigenen Notgeldes. Dem Vorbild Innsbrucks folgend, brachten im September 1919 die Städte Kitzbühel imd Kufstein Notgeldscheine heraus, Mitte Ok tober folgten die Städte Wien, Graz imd Salz burg und schließlich, Ende Oktober, als erste in Oberösterreich, die Stadt Linz^. In der folgenden Zeit breitete sich der Kleingeld mangel in ganz Oberösterreich aus, denn noÄ im November unternehmen weitere Orte die ersten Schritte zur Notgeldherstellung. Zu Beginn des Monats beschließt der Gemeindeausschuß von Gmunden die Herausgabe von Notgeld, kurz danach folgt Eferding®. Die Städte Wels, Vöcklabruck und Bad Ischl wenden sich mit dem glei chen Anliegen an den oberösterreichischen Lan desrat®. Für die Zwischenzeit, sozusagen als Überbrükkung bis zum tatsächlichen Erscheinen dieser ge planten Notgelder, hat der oö. Landesrat am 18. November 1919 den Geltungsbereich des Linzer Notgeldes auf das ganze Bundesland aus gedehnt. Obwohl bis Mitte Februar 1920 bereits die Not gelder der Städte Eferding, Gmunden, Grein, Ried, Steyr und Vöcklabruck im Umlauf wa ren^®, konnten sie den allgemeinen Kleingeld mangel nicht beheben. Den Tageszeifimgen ent nehmen wir nämlich, daß noch weitere oberöster reichische Gemeinden die Herausgabe von Not geld beabsichtigen, wie Aschach an der Donau, Attnang-Puchheim, Bad Ischl, Lambach, Losen stein, Perg imd Pregarten. Schließlich wird am 5. März 1920 in der Sitzimg der Landesregie rung beschlossen, ein „Landesnotgeld" in ent sprechend hoher Auflage in Auftrag zu geben, das am 13. April zur Ausgabe gelangte^^. Als nun die ersten Gemeinden ihr Notgeld nach Ablauf der Laufzeit einlösen wollten, kam die Überraschimg, denn es wurde nur ein Teil der ausgegebenen Scheine zum Einlösen vorgelegt. Da das Notgeld nur von den ausgebenden Ge meinden zurückgenommen wurde, unterließen wohl viele Auswärtige die Fahrt dorthin wegen des damit verbundenen Geld- und Zeitaufwan des und verzichteten lieber auf den zumeist un bedeutenden Einlösebetrag. Ein Teil der Scheine wird verlorengegangen sein oder es wurden wel che als Andenken zurückbehalten oder aber re gelrecht gesammelt. Die Gemeinden erzielten aus diesen Gründen zum Teil beträchtliche Gewinne, auch wenn berücksichtigt wird, daß die Herstel lung und der Vertrieb nicht unerhebliche Sumr men verschlang. So hatte die Stadt Linz für ihr Notgeld 385.918.13 Kronen ausgegeben und 906.551.13 Kronen eingenommen, so daß ein Reingewinn von 520.633 Kronen verblieb^®. Auch bei kleineren Gemeinden war der Gewinn nicht zu verachten: St. Magdalena bei Linz verzeich nete zum Beispiel nach Abschluß der Notgeld aktion einen Gewinn von 20.609 Kronen^®. Nun ging es Schlag auf Schlag: nicht mehr das Ersetzen der fehlenden Scheidemünzen stand jetzt bei der Herausgabe von Notgeld im Vor dergrund, sondern die Erwartung eines raschen Gewinnes. Eine Gemeinde nach der andern kam mit eigenem Notgeld heraus. Das rasche Anstei gen der Emissionen im Lande illustrieren fol gende, der „Linzer Tagespost" entnommene Mel dungen am besten: 17. April 1920: Vierzig oberösterreichische Gemeinden sind be reits unter die Geldmacher gegangen, das Land ist nun auch mit Kleingeld herausgekommen, aber die papierene Flut schwillt immer noch an . . ' Über das Linzer Notgeld siehe Emil Puffer: Notgeld im Linzer Raum nach dem ersten Weltkrieg; in: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1972, S. 247 ff. ® Linzer Volksblatt vom 12. und 27.11.1919. ® OÖLA, Oö. Landesausschuß, Fase. 1133. Tages-Post vom 14. 2.1920. Tages-Post vom 13. 4. 1920 und Tagblatt vom 21. 3. bzw. 15. 4. 1920. Über das Landesnotgeld siehe Harry Slapnidca: Von Hauser bis Eigruber. Eine Zeit geschichte Oberösterreichs. Bd. 1, S. 140 f. Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom 15. 5. 1921, S. 160. Archiv der Stadt Linz (AStL), St. Magdalena, Hs. Nr. 1, Sitzungsprotokolle des Gemeindeausschusses 1920—1922, S. 81 f. 105
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