dessen Inhalt beweist, daß selbst in dieser kri tischen Zeit die meisten ländlichen Vertreter Oberösterreichs noch immer auf Seiten Kudlichs bzw. des Reichstages xmd nicht auf Seiten der kaiserlichen Militärregierimg standen. Diese ein stimmig beschlossene Resolution hatte folgenden Wortlaut; 1. Da der Reidistag die hödiste Gewalt im Staate übernommen hat, so erklären wir, daß wir alle Gesetze, die derselbe bereits beschlossen hat, und künftig noch besdiließen wird, vollständig aner kennen. 2. Wir danken, daß der Reichstag imd seine Abge ordneten in den schrecklichen Tagen des Oktobers das Vaterland, d. h. Wien, nicht verlassen haben, aber wir mißbilligen das Entfliehen Tiroler Deputier ter und entziehen ihnen unser Vertrauen. 3. Wir bedauern, daß der Kaiser abermals Wien ver lassen hat. 4. Wir anerkennen die in den März- und Maitagen errungene Freiheit, imd die Adelspartei irrt sich, wenn sie glaubt, die Landbewohner halten es mit dieser ihrer Partei. 5. Von den höheren Verwaltungsstellen in den Pro vinzen sollen jene Beamten entfernt werden, die es nicht gut mit dem Volke meinen; sie sollen durch andere Beamte ersetzt werden. 6. Unsere Söhne und Brüder, die beim Militär sind, sollen auf den Reichstag schwören, denn sie sind Soldaten des Volkes. 7. Nach Oberösterreich sollen nur deutsche Soldaten verlegt werden. 8. Die Militärdienstzeit soll verkürzt werden. 9. Die Katholische Religion soll den gesetzlichen Schutz des Reichstages auch künftig genießen, und friedlich wie bisher fortbestehen. 10. Die frommen Stiftungen zur Kirche (Kirchengüter) sind Eigentum der Gemeinden, sie sollen daher künftig durch die Gemeinden verwaltet werden. 11. Damit auch die traurige Lage des Gewerbstandes und der Arbeiterklasse erleichtert werde, soll die Verzehrungssteuer tmd das Stempel-Patent in der jetzigen Gestalt aufgehoben werden. 12. Der Reichstag soll alle seine Beschlüsse schnell über alle Provinzen verbreiten lassen. Kudlicji setzte in seiner sdilesischen Heimat seine Werbtmg für die Aktivierung der Nationalgarde und den Landsturm fort. Am permanent in Kremsier tagenden Reichstag gaben ihm seine Parteifreunde den Rat, ins Ausland zu gehen, da ihm wegen seiner Landsturmwerbung von der Krone der Vorwurf gemacht werde, den Boden der Legalität verlassen zu haben. Ungeaditet dessen entschloß sich Kudlidi vorerst zum Bleiben, um den Gang der Dinge, vor allem die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens gegen ihn abzuwarten. Am 2. Dezember dankte in Olmütz Kaiser Fer dinand zugxmsten seines 18jährigen Neffen Franz Joseph ab. Über „Die Abgeordneten des Reichstages, die sidi in Kremsier zusammenfan den'', schreibt H. Hantsdi, „sie fühlten sich als die legitimen Vollender der bürgerlichen Revo lution, als die Baumeister des neuen, konstitu tionellen Staats". In einer in Eferding am 8. Februar 1849 ge druckten Petition an den Hohen Reichstag wird nochmals ausführlich auf die Grund-Entschädi gungsfrage eingegangen. Diese Petition, die am 5. Februar 1849 bei einer Bauernversamndtmg in Alkoven beschlossen wurde, enthält eine aus führliche Begründung für die Forderung nach einer imentgeltlichen Aufhebung von Zehent und Robot. Ihr Verfasser dürfte, so heißt es in Akten des Oö. Landesarchivs, Dr. Pierer (Linz) gewe sen sein. Sie hatte auszugsweise folgenden Wort laut: „Hat der Bauer nidit dasselbe Redit frei zu sein, wie alle anderen Staatsangehörigen, welche durch die Revo lution frei geworden sind? War denn die FeudalSklaverei, welche auf Gnmd und Boden radiziert war, ein minderer Unfug als tausend andere Bedrückungen, die seit den Märztagen von der Gesellschaft hinweg genommen worden sind? Gewiß nicht. — Vielmehr war die Aufhebung der Untertänigkeit nur eine Handlung der Gerechtigkeit — nur die Abstellung eines Unrechtes, welches der Feudalismus erzeuget, und der Despotismus der folgenden Jahrhunderte aufrecht erhalten hatte. Dem Bauersmanne ist nur sein gutes Recht zu Teil geworden, und hiefür braucht er doch wohl nichts zu bezahlen. So eitel der Versuch ist, aus einer ausgedrückten Zitrone noch einen Saft zu erpressen, so gefährlich wäre der Versuch, dem Untertan eine Ablöstmg des Freigeldes und des Getreidedienstes aufzubürden; denn dieses Unter nehmen müßte, wo nicht am Widerstande, so doch sicherer am Unvermögen der Grundbesitzer, solche zu leisten, scheitern. Möge doch die hohe Reichsversammltmg tmd das Mi nisterium diese allgemeine Überzeugung wohl beher zigen, denn die Zeit ist ernst, und verhänignisvoll für die Regierungen, die ihren Mahnruf nicht hören, und ihr Ohr aristokratischen Bereicherungsgelüsten leihen. Bisher hat sich der Bauernstand von der Bewegung der Zeit ferne gehalten, und in der jüngsten drohenden Krisis eine ebenso würdevolle als loyale Haltung be hauptet. Aber traurig wäre es, wenn seine Treue verkannt, und der Gedanke in ihm aufgeweckt würde, daß mit dem Falle Wiens auch seine Hoffnungen ge100
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