OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

Das bekannteste Opfer der Wiener OktoberRevolution war der Führer des radikalen Libe ralismus im Königreich Sachsen, der Reichstags abgeordnete in Frankfurt, Robert Blum. Er traf am 17. Oktober mit einer Dankadresse der Frankfurter Linken in Wien ein, wo er von den Behörden imd dem Volke feierlich empfangen winde. Am 23. Oktober hielt Blum in der Aula der Universität eine Rede, in welcher er darauf hinwies, daß Österreich ein Verfassungsstaat sei und Fürst Windischgrätz das Gesetz und die Verfassimg verletze. Blum konnte nicht mehr abreisen, da inzwischen Wien von den Truppen des Fürsten Windischgrätz eingeschlossen war. Blum wurde trotz seiner Immimität am 4. No vember aus dem Hotelzimmer heraus verhaftet und vom Standgericht zum Tode verurteilt. Am 9. November wurde das Todesurteil in der Brigittenau vollzogen. Während der Oktobertage des Jahres 1848 kamen aus allen Teilen Österreichs an den Reichstag Anfragen, ob man nicht den Land sturm zur Unterstützung des Wiener Reichstages aufrufen sollte. Am 12. Oktober beantragte Kudlich: „Das Parlament solle in einer schwung vollen Proklamation den Landsturm in allen österreichischen Provinzen aufbieten und zum Schutz des Reichstages nach Wien zusammen ziehen, um hier den Reichstag sowie die Errun genschaft der Revolution zu beschützen." Kud lich kam mit diesem seinem Antrag im Parla ment nicht durch. So versuchte er es einstweilen auf eigene Faust. Er erhoffte sich in Niederösterreich große Sym pathien für das nahe Wien. Bei Oberösterreich, das er in zweimaligen Ferienaufenthalten bei Verwandten seiner Schwägerin im Schloß Dietach bei Wels kennengelernt hatte, bestach ihn überdies die romantische Hoffnung, es werde sich nach dem historischen Vorbild des Bauern führers Stephan Fadinger um den Reichstag scharen imd ihn verteidigen. In Oberösterreich ging die Werbefahrt Kudlichs über Linz, Wels, Laakirchen, Gmunden, Vöcklabruck, Ried, Grieskirchen, Wallern, Eferding, Scharten wieder nach Wels und dann über Kremsmünster, Steyr, Amstetten nach Wien zu rück. Kudlich hielt der überall zahlreich erschienenen Bevölkerung die Gefahr eines Sieges der Reak tion vor Augen und schilderte die gefährdete Lage der Freiheit des Reichstages. An Beifall fehlte es nicht; mehrere seit Maria Theresia be stehende Bürgergarden bildeten sich zu National garden um und erklärten sich ebenfalls bereit, mitzumachen, allerdings nur dann, wenn ein offizieller Aufruf des Reichstages erlassen werde. Auch Neuhofen hatte eine solche umgebildete Nationalgarde, sie wurde nach der Niederschla gung der 48er Revolution aufgelöst. Die Waffen mußten abgeliefert werden und das Privileg, eine Bürgergarde haben zu dürfen, wurde der Marktgemeinde entzogen. Als Kudlich auf seiner Werbefahrt zum zweiten mal in Wels und Umgebung agierte, fand er überall eine Proklamation vor, die von Kaiser Ferdinand unterzeichnet war, worin dieser sei nen Völkern versprach, das Untertänigkeits-Befreiungsgesetz vom 7. September durchzuführen, alle Menschen, die das Gegenteil behaupten, als Verräter erklärte und das Volk aufforderte, sie als solche zu behandeln. Kudlich schreibt in seinen „Erinnerungen": „Die se Proklamation Kaiser Ferdinands war direkt gegen meine Bestrebungen gerichtet. Mein Hauptargument war ja eben die Befürchtung, daß das Bauernbefreiungsgesetz vom 7. Septem ber 1848 gar nicht oder in einer nur den Herr schaftsinhabern günstigen Weise durchgeführt werden würde. Ich sah ein, daß ich eine Aufgabe übernommen hatte, die weit über meine Kräfte ging. Mein Landsturmplan war also als aufge geben zu betrachten." DER REICHSTAG ZU KREMSIER Am 31. Oktober 1848 nahmen die kaiserlichen Truppen des Fürsten Windischgrätz nach tage langen schweren Kämpfen die Stadt Wien ein. Es gab Hunderte von Verhaftungen. Zahlreiche führende Persönlichkeiten wurden durch die Standgerichte zum Tode verurteilt. Der Kaiser verlegte die Residenz nach Olmütz; der Reichs tag wurde für 22. November nach Kremsier ein berufen. Zu diesem Zeitpunkt faßten in Weißkirchen bei Wels Gemeindevertreter aus dem Traun- und Hausruckkreis eine Petition an den Reichstag ab. 99

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