OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

ist. Und die Enkel, schreibt er, seien schon voll ständig amerikanisiert; daß ein Teil der Urenkel von Hans Kudlich überhaupt kein Wort mehr deutsch reden imd verstehen karm, mußte auch der Verfasser dieses Artikels bei seinem Besuch der amerikanischen Kudlichs im Jahre 1976 fest stellen. Im Jahre 1903, imd zwar am 24. Oktober in Hoboken und am 7. November in New York, wiurde die Vollendung seines 80. Lebensjahres ganz groß gefeiert. Laut der sich im Besitz des Verfassers befindlichen in Deutsch gedruckten Tischpläne nahmen bei diesen Banketten in Ho boken 234 und in New York 356 eingeladene Persönlichkeiten teil, unter ihnen auch der Schwiegervater Konrad Adenauers, August Zinsser. Hiebei wurde in den Gratulations ansprachen laut New Yorker Staatszeitung Hans Kudlich als österreichischer Bauernkönig bezeich net. In persönlichen Briefen (die ich aus den USA mitbringen konnte) schrieb im Jahre 1910 seine 82jährige Schwester Franziska ihrem Bruder Hans unter anderem, daß es ihr sehr leid tue, daß ihre Eltern die Errichtung der großen Kudlich-Warte am Wachberg bei Lobenstein nicht mehr erleben konnten. Ferner schrieb sie, daß selbst seine früheren Gegner aus den Jahren 1948/49 heute zu seinen großen Verehrern zäh len. In einem zweiten Brief aus dem Jahre 1909 bedankt sich sein NeJffe Johann Kudlich (Besitzer des Kudlich-Elternhauses imd österreichischer Reichstagsabgeordneter) bei seinem Onkel Hans für die aus Amerika übersandte Kudlich-Büste und versprach in seinem Schreiben, „dieselbe an einem richtigen Platz aufzustellen, sie stets in Ehren gehalten werde, solange Kudlichs auf Lo benstein Nr. 121 wirtschaften, was hoffentlich noch recht lange der Fall sein wird''. Dies war allerdings nur bis zum Schicksalsjahr 1945 mög lich. Bevor Hans Kudlich am 11. November 1917 im 95. Lebensjahr in New York starb, mußte er noch den Kriegseintritt Amerikas gegen Öster reich und Deutschland erleben. Im Oktober 1925 wurde die Asche von Hans Kudlich und seiner Frau in Lobenstein (ehem. Österreich.-Schlesien) feierlich beigesetzt, „und es schien, als hätte er mm im Tode wirklich in seiner geliebten Heimat Ruhe gefimden. Doch das Schicksal wollte es anders, Dr. Hans Kudlich, der österreichische Bauernbefreier, ruht seit dem Jahre 1945 wie derum in der Fremde, in seiner fremdgeworde nen Heimaterde" (F. Prinz). DIE WIENER MÄRZ-REVOLUTION DES JAHRES 1848 Kaum eine Episode der Vergangenheit hat sich unserem geschichtlichen Bewußtsein so lebendig eingeprägt, wie die Revolution des Jahres 1848, schreibt Alexander Novotny. Bevor wir uns jedoch diesem Ereignis zuwenden, müssen wir die Zeit vorher etwas näher beleuchten; den „Vormärz", mit dem allgemein die Zeit vor der Wiener März-Revolution bezeichnet wird. Seit den Befreiungskriegen mit dem Sieg über Napoleon (1813) ertönte immer wieder der Ruf nach Einführung einer „Konstitution", das durch Verfassung verbriefte Mitregierungsrecht durch gewählte Volksvertreter. Staatskanzler Fürst Metternich stellte sich diesen Bestrebungen aber mit aller Macht, das heißt mit den strengsten polizeilichen Maßnahmen, dagegen. Am 2. März 1835 starb Kaiser Franz 1. Er hatte Metternich als den Retter der Dynastie, des Staa tes, ja ganz Europas betrachtet. Der letzte Wille des verstorbenen Kaisers an seine Nachfolger war: „Regiere, aber ändere nichts." Nun zur Situation der Bauern vor 1848. Die Bauern waren der jeweiligen zuständigen Herrschaft Untertan. Selbst bei Hofübergaben oder nach einem Todesfall wurde der Haus- imd Grundbesitz einschließlich des Inventars, vom Handwerkszeug bis zur Wohnungseinrichtung (wieviel Betten, Tische, Sessel, Truhen usw.), vom Butterfaßl bis zum Essigstander, von zwei beeideten Schätzmännern geschätzt. Zehn Pro zent vom ermittelten Realwert mußten als Frei geld an die Herrschaft abgeliefert werden. Eben so waren Robot und Zehent und eine Reihe von anderen Abgaben an die Herrschaft und Kirche zu leisten. Diese Verpflichtungen wurden von Herrschaft zu Herrschaft verschieden gehand habt. Jede Herrschaft übte zumindest noch im mer die niedere Gerichtsbarkeit aus. Hart lastete auf dem Bauernstand auch die nor male Militärdienstzeit, die 14 Jahre dauerte. Aus95

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