OÖ. Heimatblätter 1978, 32. Jahrgang, Heft 1/2

sein Ansuchen hin erhielt er jedoch vom schwei zerischen Justiz- und Polizeidepartement die Er laubnis, bis zum Abschluß seines Studiums in der Schweiz verbleiben zu dürfen. Mit einer Seßhaftwerdung in der Schweiz konnte er also unter diesen Umständen nicht mehr rechnen. Hans Kudlich nach einer Federzeichnung vom Akad. Maler und Graphiker Helmut Krommer (gest. 1975 in Boston, USA), einem GroßneiFen Kudlichs. Im März 1853 schloß Kudlich sein Medizinstu dium mit dem Doktortitel ab, heiratete noch im selben Monat Luise Vogt, die Tochter seines Wohltäters in der Schweizer Emigration, und verließ am 4. April 1853, als des Landes Ver wiesener, die Schweiz, um in die Vereinigten Staaten von Nordamerika auszuwandern. Er fuhr mit seiner jungen Gattin auf einem Segel schiff, auf dem er sich als Arzt die kostenlose Überfahrt verdiente, nach New York, wo er sich in Hoboken, wo sehr viele Deutsche lebten, als praktischer Arzt niederließ. Die in Wien in seiner Abwesenheit durchgeführ ten Hochverratsverhandlungen, die nach drei tägiger Verhandlungsdauer mit seiner Verurtei lung zum Tode durch den Strang am 10. März 1854 endeten, konnten ihm in Amerika nichts mehr anhaben. Als einen durch und durch politischen Menschen hielt es Hans Kudlich in den USA nicht lange im Bereich des rein Privaten, sondern er gewann bald eine führende Stellung im öffentlichen Le- ^ ben in seiner neuen Heimat. Er war Mitbegrün der mehrerer deutscher Vereine, z. B. des „Deut schen Klubs für Kunst und Wissenschaft und Geselligkeit", besonders aber der „HobokenAkademie", einer der besten deutsch-amerikani schen Schulen. Aber die Bindungen an die alte Heimat waren doch stärker, als er glaubte. Dies zeigte sich, als er im Jahre 1867, beim Anbruch der neo-liberalen Ära in Österreich, zusammen mit den anderen verurteilten Achtundvierzigern, amnestiert wurde und somit einer Rückkehr in die Heimat nichts mehr im Wege stand. Es zog ihn mächtig zurück nach Österreich, obwohl er sich in den Vereinigten Staaten eine gesicherte Existenz und eine geachtete Stellung als prakti scher Arzt und Hausbesitzer in Hoboken bei New York errungen hatte. „Die große ameri kanische Republik" — so schreibt er 1869 an seine Schwester Theresia Krommer — „ist frei lich ein Land, worin sich leben läßt. Allein für mich ist es doch nicht das Vaterland." Tatsächlich unternahm Hans Kudlich schon im Jahre 1872 mit seiner Frau eine Reise in seine österreichische Heimat, öbwohl er überall, vor allem bei seinem ersten öffentlichen Auftreten in Linz, als Bauernbefreier Österreichs stürmisch gefeiert wurde und ihm die Stadt Wien das Ehrenbürgerrecht verlieh, kehrte er 1873, von der politischen Lage Österreichs schwer ent täuscht, wieder nach Amerika zurück. Kudlich kam 1888 noch einmal kurz nach Österreich, um bei den zahlreichen Kundgebungen zum vierzig jährigen Jubiläum der österreichischen Bauern befreiung Ansprachen zu halten. Seinen Verwandten gegenüber beklagte sich Hans Kudlich sehr, daß seinen Kindern das Verständ nis für die europäischen Zustände völlig fehle, während er selbst im Grund seiner Seele immer Europäer, Deutscher, ja Österreicher geblieben

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