OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

Norbert Grabherr t Für alle unerwartet ist am 20, Oktober 1977 der Wirkl. Amtsrat im Oö. Landesarcbiv Norbert Grabherr gestorben. Er litt seit dem Sommer die ses Jahres an einer Anämie und war sich der Gefahren dieser Krankheit von Anfang an voll bewußt. Seit einiger Zeit hatte sich aber eine deutliche Besserung eingestellt, die ihn neue Hoffnung schöpfen ließ und ihn mit Optimismus erfüllte. Um so überraschender kam dann für alle die plötzliche Todesnachricht. Norbert Grabherr wurde am 24. Jänner 1919 in Linz geboren. Hier besuchte er auch 1925 bis 1929 die Volksschule und 1930 bis 1935 fünf Klassen Realgymnasium. Nach Absolvierung der Handelsakademie und Matura (1935 bis 1940) war er ein Jahr an der Hochschule für Welthandel in Wien inskribiert. Dann unterbrachen Wehr dienst und Kriegsgefangenschaft (1941 bis 1945) seine Studienpläne. Kaum hatte er sie nach dem Krieg wieder aufgenommen, sah er sich gezwun gen, sich um einen Erwerb umzusehen. Zunächst war er selbständig und dann seit Früh jahr 1948 als Buchhalter in der Privatwirtschaft tätig. Mit 1. Februar 1951 trat er in den Dienst des Landes Oberösterreich. Hier wirkte er zuerst in der Buchhaltung des Landestheaters und dann in der des Landhauses. Nach der Pensionierung von Prof. Georg Grüll bewarb er sich um dessen Posten im OO. Lan desarchiv, wo er am 15. März 1967 seinen Dienst antrat. Er war damals Rechnungssekretär, wurde aber mit Wirkung vom 1. Jänner 1970 zum Wirkl. Amtsrat des Landes Oberösterreich er nannt. In den zehn Jahren seines Wirkens in dieser An stalt hat er neben dem Dienst im Lesesaal die genealogisch-familienkundlichen Anfragen sowie die Erbhofansuchen bearbeitet, Auskünfte über die Bestände erteilt und die Publikationen ver waltet. An Ordnungsarbeiten verdankt ihm das Oö. Landesarchiv die Verzeichnung und Neu aufstellung seiner Klischeesammlung imd die Ordnung seines Kopienarchivs. Im Zusammen hang mit der Übersiedlung des Landesarchivs in sein neues Gebäude hat er sich besonders um die selbständigen Urkundensammlungen ange nommen und dann auch bei der Ordnung des Stadtarchives Wels mitgearbeitet. Seit dem Jahre 1976 war er mit der Neuaufstellung und Ver zeichnung des umfangreichen Stiftsarchives Kremsmünster beschäftigt. Außer diesen eigentlichen Ordnungsarbeiten hat Grabherr einzelne Bestände durch sachthemati sche Verzeichnisse und andere Findbehelfe in vorbildlicher Weise erschlossen. So hat er Regesten der Patente von 1600 bis 1699 angefertigt und die Gerichtsprotokolle in den Herrschafts archiven verzeichnet. Sein Hauptwerk in dieser Hinsicht aber ist ein Index der Personennamen zu den Urkunden und Lehenbüchern des 15. Jahrhunderts, soweit sie das Land Ober österreich betreffen, sowie eine Wappen- und Siegelkartei nach den bildlichen Darstellungen. Weniger weit gediehen ist ein oberösterreichi scher Wappenschlüssel. Das wissenschaftliche Interesse Grabherrs galt in erster Linie den Burgen seines Heimatlandes Oberösterreich. Ihnen widmete er schon seit 1950, lange bevor er in das Landesarchiv eintrat, einen Großteil seiner Freizeit. Seine Arbeiten auf diesem Gebiet sind deshalb so fruchtbar gewor den, weil er die Autopsie und genaue Beobach tung im Gelände mit dem Studium von Literatur und Quellen verband. Schon 1963 brachte er ein Bändchen „Burgen und Schlösser in Oberösterreich" heraus, dem bereits im nächsten Jahr ein zweites folgte. Nach einem festen System hat Grabherr hier jeweils Angaben über die Lage, den Baubestand, die Bau geschichte und die Besitzabfolge gebracht. Die Tatsache, daß dieses Werk bereits in dritter Auf lage erschienen ist, beweist, daß es wirklich ein beliebter „Wegweiser zu den steinernen Zeugen der Geschichte unseres Landes" geworden ist, wie Grabherr es wollte. Trotz alledem stellt dieses Werk aber keineswegs das Hauptverdienst Grabherrs für die Burgen kunde Oberösterreichs dar. Dieses liegt vor allem darin, daß es ihm erstmals gelungen ist, ein sy stematisches Verzeichnis aller Befestigungen von der Urzeit bis ins 19. Jahrhundert zu erarbeiten, in dem alle Schlösser, Burgen, Ruinen und ein schlägigen Bodendenkmale aufgenommen sind. Neben einer Angabe über die Lage der einzelnen Objekte auf der Karte bringt es auch die ältesten Nennungen sowie Quellen und Literatur.

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