OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

des Skribenten Johann Rautenstrauch^® „Traum von einem Hirtenbriefe.. aber auch — von konservativer Seite — ein „Entwurf eines Hirten briefes zum Gebrauche der Herren Erzbischöfe und Bischöfe der österreichischen Niederlande; von einem französischen Bischöfe verfasset und eingesendet"^®. Es gibt aber auch einen „Hirten brief eines neuen ersten Bischofs im Oesterreichi schen", 1786 erschienen, der die Öffentlichkeit verwirrte, die nicht gleich wußte, handelt es sich jetzt wirklich um ein bischöfliches Schreiben oder um ein unterschobenes Literaturprodukt. Daß mit dem Titel nur der Linzer Bischof in Zusam menhang zu bringen war, lag auf der Hand, und Herberstein wehrte sich auch öffentlich gegen diese Schrift in der Wiener und der Linzer Zei tung, wovon ein oberösterreichischer Korrespon dent die Wienerische Kirchenzeitung verstän digte^®; unter Berufung auf die frühere Rezen sion des echten Hirtenbriefes wird dabei noch mals eher ein ungünstiger Schatten auf diesen geworfen: „Unser H. Bischof hat nicht nur in der Linzer, sondern auch in der Wiener Zeitung feyerlich erkläret, daß der heuer von einem leichtfertigen Pseudonymus im Druck ausge streute sogenannte Hirtenbrief eines neuen er sten Bischofs im Oesterreichischen nicht sein Werk sey. Der Zweck dieser Erklärung wird um so gewisser erreicht worden seyn, als das Publikum schon den vorigen obschon mit dem Namen Sr. Excel. prangenden Hirtenbrief vom 1. Herbstm. 1785 Denselben nicht gerne hat zu schreiben wollen, sondern für das Werk zweener Exjesuiten angenommen hat. — Sieh Nro. 2 u. 3, besonders S. 38. etc.®®." Dieser angebliche „Hirtenbrief eines neuen ersten Bischofs . . ." muß sehr selten geworden sein. Nicht einmal Wernigg führt ihn in seiner Bibliographie an. Doch ist es klar, wovon er han delt: von der Ohrenbeichte. Der Linzer Regie rungsrat Joseph Valentin EybeP^ hatte ja 1784 seine Schrift gegen die Ohrenbeichte®® erschei nen lassen und einen ungewöhnlichen literari schen Streit pro und kontra das Bußinstitut entfesselt. Noch war der auch außerhalb des deutschen Sprachraums geführte Pressekrieg um Eybels Ansichten nicht im Verklingen, und in diesem Zusammenhang steht auch der unter schobene „Hirtenbrief", dem bald noch ein „Zweyter Hirtenbrief eines neuen ersten Bischofes in Oesterreich über die Ohrenbeichte"®® folgte®^. Der Nuntius am Wiener Hof, Giov. Batt. Caprara, wie sein Vorgänger Giuseppe Garampi mehr zu fälliger als systematischer Aufspürer von Schrift tum, das den kurialen Interessen widersprach, hat sich offenbar zunächst beinahe dem Verdacht hingegeben, der Falsarius sei tatsächlich von Her berstein ausgegangen. Caprara meldete am 8. Mai 1786 dem Kardinalstaatssekretär Pallavicini®®, in der Ratssitzung der Böhmisch-Öster reichischen Hofkanzlei sei vor kurzem das Pro jekt der Abschaffung der Ohrenbeichte verlesen worden. Dieser Plan rühre, wie man sage, von Linz her, und man glaube, der berüchtigte Eybel habe ihn übersandt. Einleitend spreche das Schriftstück davon, daß der Kaiser ja weise die Mißbräuche in der Kirche seiner Länder abschaf fen könne (das war ja herrschende josephinische Doktrin). Nun sei die Ohrenbeichte ein solcher Mißbrauch und seiner Abschaffung stehe nichts im Wege. Der Kaiser habe ja bereits andere Miß bräuche abgeschafft. Das Projekt, so meldete Caprara weiter, sei aber für verabscheuungswür- " Klaus Hildebrandt, Johann Rautenstrauchs publizisti scher Beitrag zur Aufklärung. Phil. Diss. Wien 1966. "Wien: Hartl 1782, 72 pp.; Expl. Wien Stadtbibl. A 11056; Wernigg, Bibliographie Nr. 3867. 80 pp., in: Neueste Sammlung jener Schriften . . . XXXII, 1787. " Wienerische Kirchenzeitung 1786, Sp. 786 f. Vgl. Anm. 6. Manfred Brandl, Der Kanonist Joseph Valentin Eybel (1741—1805). Sein Beitrag zur Aufklärung in Öster reich. Steyr 1976. -- „Was enthalten die ächten Urkunden des christlichen Alterthums von der Ohrenbeicht?" Wien: Kurzbeck 1784, 88 pp. — Zur Diskussion darum vgl. Brandl, Eybel, S. 210—228. o. O., 1786, 90 pp.; Expl. Einsiedeln Stiftsbibl. Dv 301. Auch Velderer, Kirchenbegriff, S. 321—323, kennt diese Schrift. Die anfängliche Vermutung, der „Zweyte Hirtenbrief" sei nicht ein zweiter, sondern der einzige unterscho bene Hirtenbrief (man zitierte damals ja häufig Buch titel sehr ungenau), wird wohl durch die Berichte des Nuntius Caprara, s. unten, entkräftet. Archivio segreto Vaticano, Archivio della Nunziatura di Vienna (= ASV/ANV), Nr. 199 fol. 37v38r v. 8. 5. 1786, Register Caprara an Staatssekretär.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2