OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

zum Priester weihen ließ. 1768—70 war er Kanz ler beim Konsistorium in Gurk, nach 1770 Zensor in Wien. 1774 Beisitzer der k. k. Mildenstiftungs kommission und Referent des deutschen Schul wesens. Im Oktober 1784 ging er als Kanzler zum Linzer Konsistorium, als welcher er bereits am 23. Jänner 1785 in Linz starb. Daß er eher aufgeklärter Richtung gewesen sein muß, belegt der freundliche Nachruf in der Wiener Realzeitung^^, die zeitweise imrnerhin ein Aloys Blumauer herausgegeben hatte. Literarisch war Wilkowitz übrigens mit drei kleineren Werken hervorgetreten. Wilkowitz' Tod sei natürlich den in den Augen der Wienerischen Kirchenzeitung so bösen Exjesuiten nur recht gewesen. Nun hätten der erst genannte anonyme Exjesuit und noch ein zweiter den Brief bekommen und daran vom März bis zum 1. September 1785 herumgefeilt, bis er genau ihren Intentionen entsprochen hätte. Her berstein habe nur seinen Namen hergeben brau chen. So hätten Exjesuiten gleichsam geistig die Diözese an sich gerissen. Wie schlecht ihr Gewis sen aber gewesen sei, zeige die Tatsache, daß selbst einige Domherren — es gab ja tatsächlich etliche sehr staatskonforme unter ihnen^^ — den Hirtenbrief gar nicht ausgehändigt bekommen hätten. Der Hirtenbrief wurde auch im „Katholischen Fantasten- und Fredigeralmanach"^®, einer an geblichen Wiener Schrift, heruntergemacht, ärger noch als in der Kirchenzeitung Wittolas. Ja sogar im Banzer Magazin „Litteratur des katholischen Deutschlands", einer vorsichtig aufgeklärten Zeitschrift, wo der Fantasten- und Predigeralmanach rezensiert wurde, sei der Hirtenbrief er wähnt worden^^. Diese Ausfälle veranlaßten nun einen anonymen, nicht mehr zu eruierenden Schreiber, eine Vertei digung des Hirtenbriefes in Druck zu geben: „Hirtenbrief des Ersten Bischofs in Linz, Rezen sion desselben in der wienerischen Kirchenzei tung, und unparteyliche Gedanken über beyde Stücke^®." Der Hirtenbrief, so heißt es im Vor wort der kleinen Schrift, sei bisher außer in Österreich in wenige Hände gekommen. Erst die genannten Besprechungen hätten ihn bekanntge macht, aber in ein falsches Licht gerückt. Es fol gen der Abdruck des Briefes (S. 5—38), die voll ständige Rezension der Kirchenzeitung (39—52) und schließlich die „unparteylichen Gedanken" über die ersteren Stücke (53—74). Darin werden einzelne Vorwürfe in besonnener Form zurück gewiesen. Vor allem wird der obderennsische Klerus gegen den Vorwurf der Unwissenheit verteidigt. Herberstein habe auch keineswegs ge gen die von Staats wegen vorgeschriebenen Ge setze in kirchlichen Angelegenheiten geschrieben. Der Verteidiger des Hirtenbriefes kennt dabei Personalumstände der Abfassung des Briefes nicht und hält sich aus dieser Diskussion her aus (71 f). Das sollte nicht die einzige Affäre um den ersten Linzer Bischof sein. Die ungewöhnliche Publizi tät, die damals Hirtenbriefe finden konnten, veranlaßte etliche Male Schriftsteller, Hirtenbriefe, wie sie ihrer Meinung nach sein sollten, zu er sinnen und dem Druck zu übergeben. Da ist etwa " Wiener Realzeitung 1785, S. 87—89. Eine wiss. Darstellung des Linzer Domkapitels für unseren Zeitraum, den Josephinismus, gibt es noch nicht; vorläufig noch Friedrich Pesendorfer, Das Dom kapitel in Linz mit kurzen Lebensskizzen der Dom herren und Ehrendomherren. Linz 1929. " Katholischer Fantasten- und Predigeralmanach auf das Jahr 1786. Rom, Madrit (!), Lissabon, und München, auf Kosten der heiligen Inquisition, o. O., o. J., 128 pp.; Expl. Kremsmünster Stiftsbibl. Mit bösartiger Wid mung auf den Wiener Kardinalerzb. Migazzi. " Rez. Litteratur des kathol. Deutschlands VII/1 1786, S. 20—23. — Es gibt noch andere Jahrgänge dieser seltenen Schmähschrift. Nicht bei Wernigg, Biblio graphie. o. O. 1787, 74 pp. Expl. St. Florian Stiftsbibl. VII in 3021; Linz Bibl. der Philos.-Theol. Hochschule VII 909. Nicht bei Wernigg, Bibliographie. Rezensiert samt dem Hirtenbrief v. 1. 9. 1785 in Allgem. deutsche Bibl., 82. Bd. 1788, S. 380—382 und wohl danach in Kaspar Ruefs Repertorium, 1. (einziger) Band, 1790, S. 313 f., wo der Hirtenbrief wie auch bei Wernigg (vgl. Anm. 3) J. A. Gall zugeschrieben wird. Der Auf klärer Ruef meint: „Man kann nicht läugnen, daß H(err) W(ittola) sich hie und da, vielleicht ohne es selbst zu wissen, Consequenzen erlaubt, und über haupt den geschwornen Antijesuiten, der überall, wo es nicht nach seinem Sinne geht, jesuitenkabalen wit tert, zu deutlich verräth ..." — Das genannte Werk, das in durchaus ruhigem Ton gehalten war, wurde in Wittolas Kirchenzeitung außerordentlich polemisch ab getan: Wienerische Kirchenzeitung Nr. 24 v. 15. 6. 1787, Sp. 386—389.

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