verschärft weitergegeben hat. Genau dies sollte nun dem Hirtenbrief angekreidet und darüber hinaus die Haltung des Bischofs dem herrschen den System gegenüber verdächtig gemacht wer den. Bereits am 14. und 21. Jänner 1786 erschien in Marx Anton Wittolas „Wienerischer Kirchenzei tung"® eine ungewöhnlich lange Besprechung^ die den Hirtenbrief rundweg ablehnte. Zunächst werden ihm Muster von guten, erbaulichen Hir tenschreiben vorgehalten: die Hirtenbriefe des Bischofs von Pistoja und Prato in der Toscana, Scipione de' Ricci, welche in dem Herausgeber der Wienerischen Kirchenzeitung und früheren Pfarrer von Schörfling am Attersee einen fleißi gen Propagator und Übersetzer fanden^, dann jene des Bischofs von Mantua, Johann Joseph Graf von Pergen, von Joseph Graf von Spaur in Brixen, die bereits erwähnten von Salzburg und Laibach; zuletzt wird noch Trier erwähnt, wo al lerdings der eher reaktionäre Kurfürst Clemens Wenceslaus nicht selber zur Feder griff, seine Nennung überrascht ein wenig. Alle anderen aber wurden stets von Wittolas deutlich jansenistisch und staatskirchlich gesinnter Kirchenzei tung gelobt. Das waren die Muster. Je mehr ein Hirtenwort den Intentionen des Hofes entsprach, desto besser. Man kreidete nun dem ersten Linzer Hirtenbrief einiges an. Er habe nur zu den Priestern gespro chen, nicht auch zu den Laien. Geistliche Lektüre und Bücher würden nur allgemein empfohlen, genannt würde nur die Heilige Schrift, dabei wäre es doch so notwendig, konkrete Bücher zu nennen. Überhaupt sei der Klerus hierzulande ziemlich dumm und meistenteils außerstande. Konkursfragen zu beantworten®. Dabei wird auch auf den Exjesuiten Anton Angerer, der in Linz offenbar eine ziemliche Rolle spielte®, ein Ausfall gemacht: er gebe Leuten Exerzitien, de nen er die Lesung der Bibel verbiete! Dann habe der Bischof zwar die Befolgung der staatlichen Vorschriften auf dem liturgischen Gebiet ein geschärft^®, aber doch nur mit dem höchst ver dächtigen Beisatze: „so viel als es die Umstände zulassen". Diese Einschränkung ließe natürlich der Umgehung der so weisen Vorschriften Tür und Tor offen. Überhaupt wanke der Hirten brief „immer zwischen der Reformation und der Möncherey". Von der Duldung handle er gar nicht, obwohl das nirgendwo wichtiger sei als gerade im Lande ob der Erms. Und schließlich vergesse der Bischof ganz darauf, sich beim Stif ter der Diözese, dem Kaiser, zu bedanken. Er nenne ihn nicht einmal. All das verwundere umso mehr, als ja Herberstein „für einen from men und gut gesinnten Patrioten bekannt" sei. Auch ein paar Details zur Entstehungsgeschichte des Hirtenbriefes weiß man mitzuteilen. Ein in Linz bekannter Exjesuit habe Herberstein bereits vor Antritt der Regierung gedrängt, einen Hir tenbrief herauszugeben. Wer mag dieser Ex jesuit gewesen sein? Der bereits erwähnte An gerer? Es läßt sich nicht sagen. Damals habe aber Herberstein noch mehr Vertrauen zu Wilkowitz gehabt, der einen Entwurf eines Hirtenbrie fes bis zur Druckreife erstellt habe, doch dann plötzlich an einer Kolik gestorben sei. Es handelt sich dabei um Joachim Bernhard Wilkowitz, am 29. März 1731 in Wien geboren, der 1762 Hof sekretär beim Kommerzienhofrat wurde, 1765 aus dem Staatsdienst schied und sich schließlich ' Wienerische Kirdienzeitung Nr. 2, 3 v. 14., 21. 1. 1786, Sp. 21—28, 32—40. ' Zu Wittola vgl. Manfred Brandl, Der „österreichische Pfarrer" Marx Anton Wittola (1736—1797). Ein literar historischer Versuch. Steyr 1974; P. Hersche, Spät jansenismus passim. ® Der erste öffentliche Konkurs für geistliche Benefizien beym Linzer Konsistorium. Dem gesammten ehrwür digen Weltpriesterstande im Oesterreichischen zur nothwendigen Nachricht. 1785, 80 pp. Rezensiert in Allgemeine deutsche Bibliothek, 84. Bd., Berlin-Stettin 1788, S. 605 f. — Nirgends aufgefunden außer in Wien Stadtbibl. A 2834. Wernigg, Bibliographie Nr. 3106. — „Aus einer kleinen Schrift von 50 Seiten der erste öffentliche Konkurs in Linz genannt, welche bey H. Härtel zu haben ist, können unsre Leser ersehen, wie unverantwortlich man in Linz die Absicht des allerhöchsten Konkursgesetzes zu vereiteln weis. Für die Wahrheit der darinn enthaltenen Thatsachen kön nen wir nöthigen Falls einen sehr giltigen Bürgen mit Namen nennen." In: Wienerische Kirchenzeitung Nr. 2 V. 14. 1. 1786, S. 21. " Zu Angerer vgl. Manfred Brandl — Willibald Katzin ger, Wenzel Siegmund Heinze (1737—1830). Aufklärer, Literat, Professor der schönen Künste in Linz, in: Histor. Jahrbuch der Stadt Linz (in Vorbereitung). Hans Hollerweger, Die Reform des Gottesdienstes zur Zeit des Josephinismus in Österreich. Regensburg 1976 (angezeigt in OÖHBl. 1977, H. 1/2, S. 100 f.).
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