P. Amand BaumgarterA' hat ein kindertümliches Rätsel vermerkt, das den Nutzen des SCHAFES umschreibt: 174 Von mir nimmt deine Mutter Kostbaren Käs und Butter, Dein Vater nimmt mir alle Jahr Mein dichtes, weiches, krauses Haar, Das nährt den Weber und den Schneider, Mein Fleisch gibt euch gesunde Speis, Mein Fett erleuchtet auch die NaÄt, Könnt ihr erraten, wie ich heiß? Das SCHWEIN ist eines der wenigen Haustiere, das in Kinderliedern kaum Beachtung findet. Nur ein einziges Lied wurde uns dazu einge schickt, nämlich „D' Sau, d' Sau, d' Sau hat an schweinern Kopf .. und auch das kann nicht als Kinderlied bezeichnet werden, sondern eher als Juxlied der Erwachsenen. Das mag vielleicht darauf zurückzuführen sein, daß das lebende Schwein auf Kinder keinen Reiz ausübt. Man verwendet den Namen des Schweines zum Schimpfen, nicht zum Spielen. 175 Rot und blau, Bauernsau®®! Schon in der christlichen Symbolik erscheint der Teufel oft in Gestalt eines Schweines und Chri stus verwandelt böse Geister in Schweine®®. Im Kinderspiel gewinnt das Schwein erst dann Be achtung, wenn es geschlachtet wird. Beim Schlachtfest im Winter oder Herbst ziehen die Kinder fröhlich im Hof herum. Ludwig Richter hat so eine Situation dargestellt: Im Hintergrund hängt das geschlachtete Schwein, im Vorder grund spielen Kinder, eines mit einer aufgebla senen Schweinsblase. In die aufgeblasene Schweinsblase kann man Erbsen oder Steinchen stecken. Wenn man sie dann schüttelt, gibt es ein eigenartig rasselndes Geräusch. Dieses Vergnügen beschreibt schon der Straß burger Volksprediger Geiler von Kaysersherg (1445—1510)^®: „Wenn man ein suw metzget, so nemen dye bösen knaben die blatter und blasent sie uff und thun drei oder fier erbsen daryn und machen ein gerümpel, unnd ist ynen die blat ter lieber dann zwo seiten speck." Karl Wehrhan''^ weiß zu berichten, daß zu seiner Zeit die Kinder so eine Schelle auch mit der Gänsedrossel, der Luftröhre einer Gans, herzustellen verstan den, indem sie einige Erbsen hineinsteckten und sie zusammenbogen; wenn die Drossel getrock net war, rasselten die Erbsen darin zum Vergnü gen der Kinder, sobald sie den Ring schüttelten. Auf dem Bild „Kinderspiele" (1560) von Bieter Bruegel d. Ä. (1525/30—1569) ist ein Knabe zu sehen, der gerade eine große Schweinsblase auf bläst'^®. Auf dem gleichen Bild sieht man im Hinter grund drei Jungen, die sich ausgezogen haben und mit Schwimmen vergnügen. Einer hält sich mit Hilfe einer aufgeblasenen umgebundenen Schweinsblase über Wasser'®. Die Schweinsblase dürfte nach diesen literari schen und bildlichen Zeugnissen demnach die Vorläuferin des Schwimmreifens und der „Schwimmflügel" und die Vorläuferin der heu tigen Kinderrassel oder Kinderschelle sein. In manchen Kinderreimen kommt noch zum Ausdruck, daß der Besitz einer KUH für arme Eltern etwas besonders Erstrebenswertes war und daß der Verlust der Kuh gleichbedeutend war mit dem wirtschaftlichen Niedergang einer Familie. Da hast einen Taler, Geh auf den Markt, " A. Depiny, Volksrätsel. . ., a. a. O., S. 193 f. " Vgl. dazu die Verspottung des Truthahnes in Nr. 172. " Vgl. dazu auch: R. Wildhaber, Kirke und die Schweine. In: Schweiz. Archiv 47 (1951). — A. Wiener, Die jü dischen Speisegesetze. 1895. — J. Döller, Die Reinheits und Speisegesetze des Alten Testaments in religions geschichtlicher Beleuchtung. 1917. — W. Molsdorf, Christliche Symbolik, 1926. Geiler von Kaysersherg, Brösamelin, übersetzt von J. Pauli, Bd. II, S. 51. " Wehrhan, a. a. O., S. 55. Beschrieben bei: Jeanette Hills, Das Rinderspielbild von Bieter Bruegel d. Ä. Eime volkskundliche Unter suchung. Wien 1957, S. 17, Nr. 19. Beschrieben hei J. Hills, a. a. O., S. 39, Nr. 51.
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