OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

Nicht zu früh und nicht zu spät. Bis der Zeiger richtig steht. Altenberg Eine etwas komplizierte Art, die Uhrzeit festzu stellen, wurde uns aus der Welser Gegend über liefert: Einen GRASHALM knickt man etwa in Länge des Ringfingers ab, dann steckt man ihn so zwi schen kleinen Finger und Ringfinger der rechten Hand, daß er in Fingerlänge senkrecht empor ragt. Hierauf legt man beide Hände mit einge zogenen Daumen und ausgestreckten Fingern waagrecht nebeneinander und richtet sie so ge gen die Sonne, daß der Schatten im rechten Winkel über die Finger fällt. So viele Finger der Schatten nun berührt, soviel Uhr ist es. Weißkirchen 1914 In Auen an den größeren Flüssen des Landes und in aufgelassenen Schottergruben gibt es viele WEIDEN; die Kinder schneiden davon gerne Ruten ab und bauen damit Hütten. Auf dieses Kinderspiel hat übrigens schon vor 2000 Jahren der lateinische Dichter Tibull (50 bis 19 V. Chr.) hingewiesen. Er schreibt im 1. Ka pitel des 2. Buches seiner „Gedichte": „Viele Kinder der Sklaven, ein Zeichen gesicherten Wohlstands, j Spielen, aus Rutengeflecht bauen sie Hütten sich auf®"." Natürlich kann man mit den Weiden auch noch manche andere Dinge machen. Am bekanntesten ist die Herstellung von Pfeifchen aus Weidenrinden®^. Die erste schriftliche Erwähnung der „Rindenpfeifflin" findet sich bereits im Jahre 1575 in Johann Fischarts „Gargantua", und zwar im Spielverzeichnis des 25. Kapitels. Heute wis sen nicht mehr viele Kinder, wie man ein Wei den- oder Felberpfeifchen macht. Die wenigen Sprüche, die wir für diese Abteilung erhalten ha ben, stammen zum Teil von älteren Gewährs leuten, zum Teil aus früher angelegten SammlunRindenpfeifchen werden aus Gerten von WEI DEN (FELBER), mitunter aber auch aus ESCHEN gemacht. Dazu muß man von einem etwa 7 bis 10 cm langen Stock die Rinde abklopfen. Am besten geht das im Frühling, wenn der Baum im Saft steht. Die so entstandenen Pfeiferl wurden daher in Oberösterreich auch Maienpfeiferl ge nannt. Das Abklopfen ist eine langwierige Ar beit. Es geschieht am besten mit dem Rücken des Taschenmessers. Man muß vorsichtig klopfen, bis sich die Rinde leicht vom Holz löst. Bei dieser Arbeit wurden früher meist Pfeiferlsprüche ge sungen oder im Klopftakt heruntergeleiert. Sie sollten einerseits die Rinde beschwören, herun terzugehen und nicht zu zerreißen, andererseits sollten sie dafür sorgen, daß der Klopfrhythmus eingehalten wurde®®. Fölberne Rindn, Laß di schindn. Laß di schobn, Sunst hau i di in Grabn. Krumau (Heimathaus Freistadt) Z. 4: Laß dir dei(n) Fell übern Kopf abi schabn. Laß d' di nit schabn. Wirf i di in Grabn, Fressen di d' Würma und d' Schabn. Freistadt um 1880 (Heimathaus) Pfeiferl, geh a. Geh mit mir in Klee a. Klaffer Pfeiferl geh a(b), Sunst wirf ih dih ön Bah, 3» Zitiert nach: Tibull, Gedichte. Aus dem Lateinischen übertragen und erläutert von Friedrich Walther Lenz. Reclam-Universal-Bibliothek Nr. 1582, S. 31. 31 Vgl. dazu: K. Paganini: Die Herstellung der Weidenpfeifen. In: Wiener Ztschrft. f. Volkskunde, 38 (1933), S. 109—111, miit Abb. — R. Löschnauer, Das Pfeiferl machen. In: Kinderspiele unseres Ortes (Sieggraben). Volk und Heimat VIII (1955, Heft 11). 33 Vgl. dazu: K. Bücher, Arbeit und Rhythmus. 6. Aufl. Leipzig 1924, S. 362, mit Melodie.

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