OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

auch, daß es ein wertvoller Begleiter auf Reisen und Wanderfahrten werden kann. Dank dem angewandten Plan, die erstaunlich vielen Heiligen — es sind immerhin 89 in dem oben ange führten Gebiete — nicht alphabetisch oder, wie meist üblich, nach Kalendertagen, sondern nach Zeitgeschichten, nach Gruppen einer von innen oder außen her bedingten Gemeinsamkeit zusammenzufassen, erschließt die Mög lichkeit, bei nahezu jedem Kapitel immer wieder das ganze, einstmals so großzügig entfaltete Österreich vor sich zu haben. Zwischen den „Ersten bekannten Märtyrern Österreichs" und den „Jüngsten Seligen Österreichs" finden nicht weniger als 18 Kapitel Platz, die in der Vorstellung des Lesers auch die notwendige, erleichternde Ordnung vor bereiten. Assmann macht im Vorwort bereits darauf aufmerksam, daß den wenigsten Heiligen dieses Raumes eine über regionale Bedeutung erwachsen ist, wobei allerdings Flo rian und Martin eine Ausnahme machen. Das aber ändert nichts an der bevorzugten Verehrung, die die meisten Gestalten in enger begrenzten Kultgebieten ge nossen haben. Man erfährt demnach von einem Unterschied volkstüm licher Heiligenverehrung und einer solchen amtlich-kirch licher Prägung, der darin besteht, daß erstere anthropo zentrisch, die andere hingegen theo- oder christozentrisch bestimmt ist. In einem Buch, das wie dieses für den Gebrauch des Laien gedacht ist, mußten auch die Stichwörter Attribut und Patronat berührt werden. Diese so oft falsch verstandenen, wahrscheinlich von vielen deshalb auch abgelehnten, belächelten Sinnbilder und Zeichen an Heiligendarstellungen, wie sie uns in Kir chen, vor Brücken, an Wegen begegnen, werden ebenso wie Patronate und Termine zunäAst ganz allgemein, aber auch im Einzelfall für den Kunstlaien „lesbar" ge macht. Man ist dankbar für kenntnisreiche Hinweise auf Ter minbedeutung einzelner Heiliger und auf Formen eines volksfrommen Brauchtums, wie es da und dort im Volks leben fast intensiver zu sein scheint als Heiligenver ehrung und Legendenkenntnis an sich. Angenehm fällt auch der sachlich geführte Stil auf, der das Süßliche, Schleichende, dem Leben Abgewandte mancher Heiligen gestalten meidet und dafür lieber wirkungsvoll die Lei stungen gegenüber ihrer Zeit und Umwelt erkennen läßt. So wird auch die Frage nach der Praxis bzw. der Berechtigung der Heiligenverehrung in unseren Tagen nicht aus dem Wege gegangen und auf die Haltung hin gewiesen, die das Zweite Vatikanische Konzil dieser Seite angedeihen läßt. Der Heiligenkult wird gerechtfertigt und die „erneuerte" Kirche zeigt sich zwar positiv, doch in den gottesdienstlichen Texten begegnet man heute eigent lich kaum noch direkten Heiligenanrufungen, obgleich Heiligendarstellungen die alten wie auch neuen Sakral räume ringsum kennzeichnen. Im ganzen Gebiet, das Assmann mit seiner Arbeit er faßt (Oberösterreich ist mit 32 Ortshinweisen beteiligt) zeigt er eine überaus genaue Orts- und Objektkenntnis. Man hält also keine Schreibtischarbeit in der Hand, son dern das Ergebnis gewissenhafter Forschung aus eigener Anschauung. Rudolf Fochler Frank Baer: Votivtafel-Gesdiichten. Votivtafeln erzählen von Räubern und von Kriegen, von Feuersbrünsten und Kindsnöten, von Verkehrsunfällen und von wunderbarer Hilfe. Rosenheim 1976, 172 Seiten mit 50 Farbtafeln und 28 Abb., 19,5 X 23 cm, Ln. DM 39.80. Die bereits bekannte Reihe „Rosenheimer Raritäten" nahm sich nun auch der Votivbilder an, einem schon seit längerer Zeit beliebten Thema nicht nur der Volksfröm migkeitsforschung. Leider vermißt man in der „Bibliografie" am Ende des Werkes zwei wichtige österreichi sche Publikationen zu diesem Thema, nämlich „Votiv bilder" von Klaus Beitl (Salzburg 1973) und die auch kulturgeschichtlich bedeutsame Erfassung der „Votivbil der aus dem östlichen Nordtirol" (Innsbruck 1966) von N. Kogler. Für Baer ist nicht der Bestand an sich, auch nicht der dargestellte Kultgegenstand eines bestimmten Wallfahrtsortes ausschlaggebend, sondern das, was im Stiftungsgrund in „naiver" Malerei ausgesagt wird. Kindsnöte, Krankheit, Feuersnot, Kriegsgefahr, Raub überfall, Verkehrsunfall sind demnach auch — entspre chend dem Untertitel des Werkes — die wichtigsten Kapi tel des Buches. Die Lebensumstände der Bauern und Bürger, lokalhistorisch bedeutsame Ereignisse, Schulmedi zin und Volksmedizin und vieles andere mehr werden in Wort und Bild treffend geschildert. Die vielen, zum Großteil farbigen Abbildungen zeigen uns aber desglei chen viele volkskundlich interessante Details, wie Trach ten, Bauern- und Bürgerhausformen, Interieurs, aber auch das Transportwesen, die Jagd usw. Die gut ge schriebenen Berichte und Kommentare dazu ergänzen das Bildmaterial und geben interessante Einblicke in die Nöte und Sorgen der gar nicht immer so „guten, alten Zeit". Auch die beiden Einleitungs- („Ex voto" und „Wallfahrt") und das Schlußkapitel („Volksfrömmigkeit und Aufklärung") zeugen von der profunden Kenntnis der Materie. D. Assmann Helmut Fielhauer und Gerlinde Haid (Herausgeber); Die musikalisdie Volkskultur in Niederösierreich. Vorträge des 8. Seminars für Volksmusikforschung in St. Pölten 1972 (= Band 5 der Veröff. des Instituts für Volkskunde der Universität Wien). Wien 1976, 272 Seiten (Offset), broschiert. Die Besprechung einer Sammlung von Vorträgen, die bei einer Tagung gehalten wurden, wird nicht bei den Ein zelabhandlungen beginnen dürfen, sondern wird sich zunächst mit der Tagung selbst und deren Zielen aus einandersetzen müssen. Doch darüber ist in diesem Bändchen nur wenig zu finden. Dieses St. Pöltener Semi nar stellt ein Glied einer gesamtösterreichischen Seminar reihe dar, die vom Vorstand des Instituts für Volks musikforschung der Hochschule für Musik und darstel lende Kunst in Wien, ao. Prof. Dr. Walter Deutsch ge leitet wird. Als Ziel des Seminars wird angegeben, „ver schiedenen Instituten und Einzelpersönlichkeiten auf dem

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