OÖ. Heimatblätter 1977, 31. Jahrgang, Heft 3/4

Der Baumeister des Ennser Stadtturmes Mit 1 Abbildung Der Ennser Stadtturm ist eines der stolzesten Zeichen, welches das protestantische Bürgertum der oberösterreichischen Städte des 16. Jahrhun derts als Ausdruck von wirtschaftlichem Erfolg und Selbstbewußtsein errichtet hat. Frei auf dem rechteckigen Stadtplatz stehend, erhebt sich ein fast 60 Meter hoher, viergeschossiger Quader bau aus mächtigen Konglomeratblöcken. Der Plan zum Bau eines Stadtturmes in Enns reicht in das Jahr 1553 zurück, als König Ferdi nand I. die Pfarrechte von der außerhalb der Stadt gelegenen St.-Laurenz-Kirche von Lorch an die ehemalige Minoritenkirche in der Stadt über trug. Da letzterer ein Turm fehlte, befahl der Landesfürst den Ennser Bürgern, einen nahe gelegenen Befestigungsturm der Stadtmauer zu einem Glockenturm umzubauen. Diese Anord nung des Königs gelangte jedoch nicht zur Aus führung. Die Ennser Bürgerschaft hatte andere Vorstellungen und Pläne, die sie sofort nach dem Tode Ferdinands 1. in die Tat umsetzte. Die latei nische Bauinschrift an der Südseite des nunmehr von Grund auf neugebauten Turmes berichtet vom Baubeginn zum Regierungsantritt Kaiser Maximilians II. (1564) und von seiner Vollen dung im Jahre 1568. Da Ratsprotokolle, Kammeramtsrechnungen und ähnliche Quellen gerade für diesen Zeitraum feh len, konnten bisher weder der Baumeister des Stadtturmes noch die beschäftigten Handwerker ermittelt werden. Eduard Straßmayr, der 1952 die Geschichte des Ennser Stadtturmes schrieb^, nannte den Italiener Christoph Canaval (Canevale) als möglichen Erbauer des Ennser Wahr zeichens, wobei er sich auf ein undatiertes Ver zeichnis von Baumeistern in oberösterreichischen Städten imd Märkten stützte, das Canevals Bau tätigkeit auch für Enns belegt. Seitdem galt Canevale als der wahrscheinliche Erbauer des Enn ser Stadtturmes. Die Überraschung war daher groß, als ich vor einigen Monaten bei der Durchsicht eines Lehen buches der aus Bayern stammenden Kleinadels familie der Kölnpöck vom Jahre 1571^ auf den tatsächlichen Erbauer des Ennser Stadtturmes stieß, den rheinländischen Maurermeister Hans aus Mainz. Die „Khölnpeckhen" hatten Ende des 15. Jahr hunderts in Oberösterreich Fuß gefaßt und wa ren durch reiche Heiraten rasch zu einem ansehn lichen Vermögen gekommen, das sie um die Mitte des 16. Jahrhunderts zum Ankauf meh rerer Schlösser und Herrschaften ob und unter der Enns (Ottsdorf bei Wels, Hildprechting und Thalham bei Gmunden, Salaberg bei Haag in Nö.) befähigte®. Unter zahlreichen Gütern und Zehenten, die von der Herrschaft Salaberg zu Lehen rührten, befand sich auch ein Zehent zu „Stainwinnden" in Altenhofen, Pfarre Sankt Valentin (KG Altenhofen, OG St. Valentin, GB Haag). Diesen Zehent verlieh nun im Jahre 1571 Johannes Kölnpöck nach dem Tode seines Vaters an eine Ennser Bürgerin, die Stainwenderin oder Stainwendtlechnerin genannt, als deren Lehenträger ihr Sohn Jacob Steunschlager, Bür ger zu Ebelsberg, fungierte. Er beglich die übli chen Taxen und verpflichtete sich, eine jährliche Lehensteuer von 9 ß d ins Amt Loosdorf zu ent richten und ein Freigeld zu zahlen. Letzteres war offensichtlich bisher nicht üblich gewesen, denn Hans Kölnpöck hatte sich diese Zusage „in bey sein Maister Hansen von Mainz Maurers der den thuern zue Enns gebaut"^ geben lassen, den er deshalb im Lehenbuch extra als Zeugen notierte und hervorhob. Diesem glücklichen Umstand verdanken wir es also, daß nimmehr der Name des Erbauers des Ennser Stadtturmes gefunden werden konnte. Viel ist allerdings nicht aus dieser Nennung zu ersehen. Die Bezeichnung „Maister Hans Mau rer" für einen Baumeister ist damals durchaus üblich. Selbst Jakob Prandtauer bezeichnete sich noch fast 150 Jahre später bescheiden als „Mau rermeister". Hans stammte aus Mainz und führte dort sicherlich einen Familiennamen, was für den ' Eduard Straßmayr, Der Ennser Stadtturm. Jb. d. Oö. Musealvereines, 97. Bd. (1952), S. 121 ff. — Vgl. auch Josef Amstler: Geschichte der Stadt Enns, Enns 1969, S. 35. ^ OÖLA, Schlüsselberger Archiv, Sammlung Hoheneck, Hs. 16/3, fol. 417a —428t'. Das Lehenbuch wurde ver mutlich von Johannes Kölnpöck nach dem Tode seines Vaters Nicolaus (t 1570) angelegt. ä Johann Georg Adam Freyherr von Hoheneck, Die Löblichen Herren Herren Stände deß Erz-Herzogthumb Oesterreich ob der Ennß, 1. Theil, Passau 1727, S. 519 ff. ^ OÖLA, Schlüsselberger Archiv, Sammlung Hoheneck, Hs. 16/3, fol. 424a.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2